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1001 Nachtschichten

1001 Nachtschichten

Titel: 1001 Nachtschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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Badezimmer die elektrischen Geräte gestapelt hatten.
    Das war ungeheuer anstrengend, aber was tut man nicht alles, um sein Imidsch aufzupolieren?
    Wir waren fix und fertig, aber es hatte sich gelohnt! Wir hatten mehr Sachen in unserer Wohnung gehortet, als in ein mittleres Kaufhaus hineinpassen würden.
    Übungshalber ließ ich mich von meiner Frau bereits ›Osman Effendi‹ rufen, damit ich mich rechtzeitig an mei nen neuen tollen Namen gewöhnte. Die Kinder durften mich erst mal weiterhin Papa nennen.
    Dann endlich kam der große Tag, von dem ich mir erhofft hatte, zu meinem ersehnten und heißgeliebten Titel zu kommen: Osman Effendi!
    Wir fingen an, mit großer Geste und großem Krach all unsere aufgesammelten Sachen aus dem Fenster im zweiten Stock zu werfen.
    Mein Sohn Mehmet, der damals sehr klein war und beim Sperrmüll-Rausschmeißen nur im Weg stand, beobachtete die Wohnung von Süleyman Effendi und berichtete uns in regelmäßigen Abständen, wie weit die schon waren.
    Wir hatten bereits vier Kühlschränke, sechs Fernseher und drei Waschmaschinen aus dem Fenster geworfen, da kam er mit der schockierenden Nachricht an:
    ›Papa, Papa, die Süleymans haben schon sechs Kühlschränke, acht Fernseher und vier Waschmaschinen auf die Straße geschmissen!‹
    Eine Sekunde lang kreuzte sich mein Blick mit dem meiner Frau.
    Sollte all die große Mühe der letzten Monate umsonst gewesen sein?
    Weshalb hatte Süleyman Effendi mir diesen Tipp überhaupt gegeben? Benutzte er mich gar nur, um durch einen Sieg über mich noch besser dazustehen als vorher? Können Menschen für nur sechzehn Tassen Tee und fünf Portionen Baklava so tief sinken?
    In dem Moment sah ich plötzlich auf der anderen Straßenseite den feindlichen Spion in Stellung gehen: Süleyman Effendis jüngsten Sohn Cafer!
    Sein böses Grinsen trieb mich in den Wahnsinn!
    ›Papa, ich gehe den blöden Cafer verprügeln‹, rief mein Sohn Mehmet, der schon damals einen draufgängerischen Charakter hatte und sich nichts gefallen ließ.
    Dann fasste ich wieder Mut und sagte tapfer zu meiner Familie:
    ›Mehmet, bleib hier! Der blöde Cafer kann grinsen, solange er lustig ist, den prügelst du erst, wenn wir verlieren sollten. Eminanim, ich bin mir sicher, dass wir langfristig gesehen über die größeren Reserven verfügen. Mit Allahs Hilfe werden wir ab morgen die angesehenste Familie im Karnickelweg sein!‹
    Dass ich mir das speziell wegen Fräulein Meierdierks wünschte, konnte meine Frau zum Glück nicht ahnen.
    Nach einer Stunde kam Mehmet mit einer Zwischenmeldung, dass der hinterhältige Feind siebzehn Fernseher, dreiundzwanzig Kühlschränke und sechzehn Waschmaschinen zutage gefördert hatte.
    Das war die Wende!
    Endlich hatte sich das Schicksal zu unseren Gunsten gewendet. Wir lagen gut im Rennen.
    Wir hatten zu der Zeit bereits sechsundzwanzig Fernseher, einunddreißig Kühlschränke und neunzehn Waschmaschinen auf die Straße geschmissen. Von den vielen Kleinigkeiten wie einundfünfzig Toastern, achtundsiebzig Haartrocknern, sechsundvierzig Staubsaugern und siebenunddreißig Stereoanlagen ganz zu schweigen.
    Wir waren eindeutig auf der Siegerstraße, obwohl das Schlafzimmer und der Keller noch nicht mal halb leer waren.
    Meine raffinierteste Geheimwaffe hatte ich jedoch für den Schluss aufgehoben: Auf die fünfundzwanzigste Waschmaschine vor unserer Tür habe ich einen uralten Stuhl gestellt. Weil ich gehört hatte, dass Fräulein Meierdierks verrückt nach antiken Stühlen war.
    So! Ich hatte meine Mausefalle gestellt. Jetzt hatte sie keine Chance mehr, vorbeizugehen, ohne einen Blick auf meinen sensationell reichen Sperrmüll zu werfen. Sie würde auf gar keinen Fall mehr drum herumkommen, zu erkennen, welch toller, angesehener Mann in ihrer Straße wohnte:
    Der große Osman Effendi!
    Als ich aber dann auch noch die sechsundzwanzigste Waschmaschine aus dem Fenster geworfen hatte, hörte ich Fräulein Meierdierks einen ganz fürchterlichen Schrei ausstoßen. Wie kann man sich nur so über einen alten und hässlichen Stuhl freuen, dachte ich mir!
    ›Osman, ich glaube, da stirbt jemand‹, brüllte meine Frau.
    Ich bekam Panik und rannte sofort zum Fenster und sah etwas ganz Schreckliches …
    Bei Allah, Herr Viehtreiber, ich muss jetzt aber auch rennen! Und zwar zu meinem Bus. Sonst wird meine Frau Eminanim zur Abwechslung mal mich aus dem Fenster werfen, und das ist überhaupt nicht imidschfördernd. Zudem wartet jetzt nicht mal Fräulein

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