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1001 Versuchung

1001 Versuchung

Titel: 1001 Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie West
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helle Fell ab. Rosalie sah das Ohr des Pferdes zucken, es lauschte auf seinen Reiter.
    Pferd und Reiter verschmolzen nahezu zu einer Einheit. Der Mann trug Weiß – eine Hose und ein weites Hemd, an dessen Ausschnitt gebräunte Haut hervorschaute. Er saß ohne Sattel auf dem Rücken des Tieres, mit der mühelosen Grazie eines Menschen, der von Kindesbeinen an ritt. Eine große Gestalt, wie Rosalie erkennen konnte, mit breiten Schultern und schlanken Händen, die die Zügel locker hielten.
    Hastig zog Rosalie ihren Zeichenblock wieder hervor, hielt die eleganten Kurven der Tierhälse und die kraftvollen Silhouetten der Körper auf dem Papier fest, die einen auffälligen Kontrast zu der schlanken Statur des Mannes bildeten. Er hatte sich ins Profil gedreht; sie konnte seine markanten Züge studieren.
    Ihre Hand flog über das Papier, hektisch darum bemüht, die Impressionen einzufangen.
    Über dem leisen Rauschen der Wellen hörte Rosalie die tiefe Stimme des Mannes etwas murmeln, das nur arabische Schmeicheleien sein konnten. Die Worte wehten sanft über das Wasser und lösten eine seltsame Reaktion in ihr aus. Ihr war, als streife ein warmer Hauch über ihre Haut. Dann lachte der Mann, volltönend und dunkel, und sie bekam eine Gänsehaut. Rosalie erschauerte, fühlte, wie ihre Muskeln sich anspannten. Doch sie ignorierte es und zeichnete noch schneller.
    Viel zu bald strebte das Trio wieder dem Strand zu, noch bevor Rosalie auch nur einen Teil von dem gezeichnet hatte, was sie auf Papier bannen wollte. Sie beugte sich über den Block, versuchte den Eindruck jener seltenen Einheit zwischen Tier und Mensch festzuhalten, bevor er ganz verschwunden war. So dauerte es einen Moment, bevor sie bemerkte, dass das Trio nun auf sie zukam.
    Immer mehr Details prägten sich ihr ein, während sie ihnen entgegensah: das leise Klingeln des Zaumzeugs, das Blähen der Pferdenüstern, als die Tiere ihren Geruch aufnahmen, die schnellere Gangart, die bloßen Füße des Reiters, seine Hose, vollgesogen mit Wasser, die sich um muskulöse Schenkel schmiegte, sein Hemd, das an den nassen Stellen Haut und Muskeln durchschimmern ließ.
    Rosalie hörte auf zu zeichnen und sah ihm entgegen. Er musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. Dunklen, durchdringenden Augen. Rosalie setzte sich gerade auf, mit klopfendem Herzen.
    Es musste die Begeisterung sein, weil sie wieder zu ihrer Arbeit zurückgefunden hatte. Doch, kurz nur, fragte sie sich, ob es wirklich die künstlerische Inspiration war, die sie so mitriss.
    Ihr Mund wurde zu einer schmalen Linie. Es gab keine andere Erklärung. Nicht für sie.
    Hastig bückte sie sich nach ihrem Stift, der ihr aus den Fingern geglitten war. Dabei kam ihr der Gedanke, dass der Mann vielleicht verärgert war. Jetzt erst fragte sie sich, ob sie nicht gegen Q’aroumi-Sitten verstieß, indem sie ihn zeichnete, ohne zuerst um seine Erlaubnis gefragt zu haben.
    Sie fühlte die Intensität seines Blicks, während sie sich nach dem Stift bückte.
    „Saba’a alkair.“ Aus der Nähe klang seine Stimme noch tiefer und verführerischer.
    „Saba’a alkair“, erwiderte sie, froh, dass sie zumindest „Guten Morgen“ auf Arabisch sagen konnte. „Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus …“ Verlegen zeigte sie auf ihren Zeichenblock, bevor ihr klar wurde, dass er sie ja vielleicht gar nicht verstand. „Sprechen Sie …“
    „Ja, ich spreche Englisch“, antwortete er, bevor sie ihre Frage zu Ende bringen konnte. „Gefällt Ihnen die Landschaft?“
    Rosalie nickte, sah zu ihm auf und konnte den Blick nicht mehr abwenden. Seine Augen waren so schwarz, dass man die Iris nicht von der Pupille unterscheiden konnte. Es war eine optische Täuschung, hervorgerufen durch den Lichteinfall, das wusste sie. Dennoch war dieses tiefe Schwarz hypnotisierend. „Die Aussicht ist atemberaubend.“ Sie klang auch atemlos und versuchte es zu kontrollieren. „In diesem Licht früh am Morgen ist es perfekt.“
    „Zeigen Sie mir Ihre Arbeit?“ Der Hauch eines Akzents ließ die Konsonanten weicher klingen, und tief in Rosalie begann eine Saite zu schwingen.
    Gleichzeitig jedoch wurde ihr bewusst, dass seine leise Frage eher wie ein Befehl geklungen hatte. „Halte ich mich etwa unbefugt hier auf?“
    Er schüttelte den Kopf, und sein dunkles Haar strich über den Hemdkragen. „Was würden Sie tun, wenn ich jetzt bejahte?“
    Sein angedeutetes Lächeln brachte die Saite in ihr noch mehr zum Vibrieren.
    „Dann würde ich sofort

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