1005 - Todesfahrt nach Felloy
sonderlich vertraut gewesen.
Dabonudzer rief die Positionsdaten des Felloy-Systems ab, ebenso die Kontrollparameter für die Kursänderung. Aber bevor er dazu kam, die Werte einzugeben, hatte er einen Gedanken. Er besaß plötzlich, als wäre sie ihm durch eine Eingebung mitgeteilt worden, eine einigermaßen klare Vorstellung davon, was sich hier abgespielt haben mochte. Es formte sich in seinem Bewußtsein ein Bild der Ereignisse, das einen logisch abgerundeten Eindruck machte. Es blieb - vorläufig - nur eine Frage unbeantwortet: wer war der geheimnisvolle Unbekannte, der sich hier zu schaffen gemacht hatte? Es kam außer den betschidischen Rekruten niemand in Frage; denn Dabonudzer war jetzt so gut wie sicher, daß die Eingriffe vorgenommen worden waren, nachdem die Aychartan-Piraten die SANTONMAR in ein hilfloses Wrack verwandelt hatten. Aber wozu hätten die Rekruten die Daten manipulieren sollen?
Er ging heckwärts ins Triebwerksabteil. Die blauen Warnleuchten flammten auf, als er sich den Behältern mit Stützmasse näherte. Nachdenklich musterte er den unter der Decke angebrachten Miniaturrechner, der die Signale der Tankmeßgeräte empfing, sortierte und an die Konsole des Piloten weiterleitete. Der Kratzer, den er zuvor auf der Oberfläche des Plastikgehäuses entdeckt hatte, erregte seine Aufmerksamkeit und beschäftigte seine Phantasie.
Gesetzt den Fall, der Unbekannte hatte die VACCOM für seine Zwecke mit Beschlag belegen wollen. Sein Ziel lag woanders als der Ort, den die Koordinaten im Speicher des Autopiloten bezeichneten. Er hatte sich hier unten verkrochen, um Zielkoordinaten und Kursparameter zu ändern. Das war ihm schließlich gelungen, obwohl er sich mit dem Mikrocomputer, der die Dateneingabe vornahm, nicht besonders gut auskannte.
Dann aber hatte er versucht, das Boot in Betrieb zu nehmen, und war gewahr geworden, daß das Feldtriebwerk nicht mehr funktionierte - wegen Mangels an Stützmasse.
Es mußte ihn Mühe gekostet haben, hier unten im Gewirr der Geräte und Aggregate zu ermitteln, daß das Problem nicht im Mangel an Stützmasse bestand, sondern von einem Mikrorechner verursacht wurde, der während des Gefechts beschädigt worden war und keine Daten mehr weiterleitete. Er hätte die Fehlanzeige einfach überbrücken und trotzdem starten können. Statt dessen hatte er den Rechner repariert und dabei den Kratzer auf dem Gehäuse verursacht. War er ein Pedant? Wahrscheinlich nicht. Er mußte damit rechnen, daß jemand anders versuchen würde, die VACCOM in Betrieb zu setzen und sich durch die Fehlanzeige abschrecken ließ. Für ihn jedoch kam es nur darauf an, daß das Boot überhaupt startete, gleichgültig auf wessen Kommando. Wenn es auf die Zeitbahn ging, würde es von selbst den Kurs einschlagen, auf dem sein Ziel lag. Daß das Ziel sich außerhalb der Reichweite des Bootes befand, hatte er nicht gewußt.
Diese letzte Überlegung gab Dabonudzer zu denken. Gewiß, so war es zugegangen.
Aber wer war der Unbekannte gewesen? Einer der Rekruten, wie er zuerst geglaubt hatte? Die drei Betschiden wußten über die Reichweite der VACCOM ziemlich genau Bescheid, zumindest kannten sie die theoretischen Maximalwerte. Sie würden den Kurs nicht auf ein Ziel setzen, das über fünfhundert Lichtjahre entfernt war.
Wer aber sonst?
In unfreundlichen Gedanken versunken, kehrte Dabonudzer zum Positroniksektor zurück.
*
Der Versuch, das Geheimnis zu enträtseln, beschäftigte ihn. Er saß eine Viertelstunde lang vor dem Spezialcomputer, ohne eine Hand zu rühren - jetzt nicht mehr, weil er sich vorgenommen hatte, soviel Zeit zu verbrauchen wie möglich, sondern weil er mit seinen Gedanken beschäftigt war. Wenn er mit seinem Verdacht recht hatte, wenn dem Unbekannten wirklich gleichgültig gewesen war, wer die VACCOM startete - dann mußte sich der Geheimnisvolle noch an Bord befinden. Er hielt sich irgendwo versteckt und wartete, bis das Boot in der Nähe des Zieles materialisierte, das er dem Autopiloten vorgeschrieben hatte.
Gab es Verstecke an Bord der VACCOM? Der Nutzraum war eng genug: die beiden Schleusen, eine auf jeder Flanke, die Fahrgastkabine und die Gänge, die von den Schleusen zur Kabine führten. Dazu noch ein paar Gelasse, in denen Nutzlast oder zur Not Verwundete untergebracht werden konnten, heckwärts gelegen. Nicht viel Gelegenheit für einen blinden Passagier, der darauf angewiesen war, unsichtbar zu bleiben. Aber daneben gab es Dutzende von Klimaschächten,
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