101 Nacht: Aus dem Arabischen erstmals ins Deutsche übertragen von Claudia Ott nach der Handschrift des Aga Khan Museums (German Edition)
hier allein, bis ich fast sterbe, und vergnügst dich derweil bei deinen Ess- und Trinkgelagen, anstatt dich um mich zu kümmern!
~ Mein Herr , beschwichtigte sie ihn , ~ ich war mit nichts anderem beschäftigt als damit, den König abzulenken. Ich plane ja gerade eine List, mittels deren ich den König töten kann, um anschließend allein mit dir zu leben. Nichts anderes ist meine Absicht. Es ist mir nur noch nicht geglückt.
~ Gut gemacht, lobte er sie und lächelte sie an.
Nun legte sich das Mädchen auf den Rücken, und der Sklave nahm Besitz von ihr, genau wie ein Mann von seiner Ehefrau Besitz ergreift.
Es wird erzählt:
Als der junge Mann das sah, sprach er zu sich selbst: ~ O weh, o weh! Wie kann es sein, dass ich um meiner Cousine willen betrübt bin, wo diese hier die Konkubine des Königs ist und er sie nach Belieben genießen kann? Wie steht es dagegen mit mir? Ich komme ja nicht einmal auf ein Zehntel eines Zehntels seiner Schönheit und Anmut oder seines hohen Ranges, seiner Macht und seines Vermögens! Nein, überlegte der junge Mann weiter , ~ von nun an werde ich meine Seele nie wieder mit Grübeleien quälen.
Damit schloss er die Luke wieder, stieg ins Haus hinunter und setzte sich zum Essen und zum Trinken. ~ Bring mir alles, was Freude macht!, befahl er dem Scheich , ~ denn was mein Herz bedrückt hat, ist verflogen.
Und der Scheich ging sofort daran, ihm alles zu besorgen, was er sich wünschte. Zehn Tage später war der Jüngling wieder so schön und anmutig, strahlend und vollkommen wie zuvor. Als der Scheich sah, dass er sich erholt hatte und auch sein Gemüt wieder fröhlich geworden war, machte ihn dies überaus glücklich, und er begab sich sogleich zum König und erstattete ihm Bericht.
Er berichtet weiter:
Der König ordnete an, dass der Festtag, den er jedes Jahr zu begehen pflegte, wie gewohnt gefeiert würde. Dabei sollte der Jüngling neben ihm auf dem Thron sitzen, damit er seine Schönheit und Anmut eingehend betrachten könnte. Er nahm also den jungen Chorasâner an der Hand, wies ihm den Platz neben sich auf dem Thron zu, ließ eine Krone bringen, die er ihm aufs Haupt setzte, und legte ihm einen Kranz um die Stirn. Dann befahl der König, dass der indische Spiegel herbeigebracht würde. Der Spiegel wurde auf einem Wagen hereingefahren und vor ihm aufgestellt. Der König betrachtete darin sein Gesicht und blickte dann zum Antlitz des Jünglings hinüber und zu dessen Spiegelbild. Dann ließ er seinen Hofstaat zusammenrufen. ~ Sagt mir die Wahrheit und nichts als die Wahrheit!, befahl er ihnen. ~ Wer von uns beiden ist schöner: ich oder dieser junge Mann?
~ Bei Gott, antworteten sie , ~ wir haben in dieser unserer Zeit keinen Schöneren gesehen als ihn.
~ Recht habt ihr, ihr habt die Wahrheit gesprochen, entgegnete der König, ließ den Spiegel an seinen Aufbewahrungsort zurückbringen und für das Volk das Essen auffahren.
Nachdem sie gespeist hatten, schickte er die Leute fort, und alle trollten sich. Nur der junge Mann blieb in einem Winkel des Palasts zurück. Der König aber legte die Hand fest um das Heft seines Schwerts und stürzte sich auf den jungen Chorasâner, um ihn in zwei Hälften zu spalten.
~ Mein Fürst, sagte da der junge Mann. ~ Warum denn das? Ich habe doch gar nichts verbrochen!
Und der König fragte zurück: ~ Was war der Grund dafür, dass du so verändert aussahst, als du in meinem Land ankamst?
~ Majestät, entgegnete jener , ~ ich hatte das und das erlebt. Und er erzählte ihm die Geschichte mit seiner Cousine und beschrieb ihm genau, wie er sie und den Schwarzen getötet hatte, und dass es das gewesen war, was sein Äußeres verändert hatte. Danach berichtete er ihm, was er im königlichen Garten beobachtet hatte, wie nämlich das Mädchen mit dem Schwarzen über die Ermordung des Königs sprach und wie der Schwarze sich von ihr nahm, was sich ein Mann von seiner Ehefrau zu nehmen pflegt. ~ Als ich das sah, schloss er seinen Bericht, ~ habe ich meine Grübeleien aufgegeben und bin zu Speis und Trank zurückgekehrt und wieder gesund und schön geworden.
Als der König seine Rede gehört hatte, wandte er sich ihm zu. ~ Wer bezeugt mir, dass es stimmt, was du sagst?, fragte er ihn. ~ Und wie kann ich es einrichten, es mit eigenen Augen zu sehen?
~ Komm mit mir in das Haus, in dem du mir Quartier gegeben hast, o König, schlug der junge Mann vor . ~ Steige mit mir hinauf in die kleine Kammer unter der Kuppel und öffne den Laden, dann
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