Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
114 - Der Bucklige von Doolin Castle

114 - Der Bucklige von Doolin Castle

Titel: 114 - Der Bucklige von Doolin Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
Das abscheuliche Monster zitterte vor Erregung, als es sich über die Jungfrau beugte. Es hatte einen wuchtigen, wie aus Lehm geformten Schädel. Das Gesicht war eine gründurchäderte Fratze. Speichelblasen platzten vor seinen aufgeworfenen Lippen, als es die Luft keuchend ausstieß. Der stinkende Atem traf die Jungfrau voll ins Gesicht. Sie erwachte, und ihre Augen weiteten sich vor Schreck.
    Axel, das ehrbare Monster, zuckte zurück und gab einen gequälten Aufschrei von sich. Er wollte nichts Böses. Es lag nicht in seiner Absicht, die Jungfrau auch nur anzurühren, obwohl alles in ihm danach drängte, sein Raubtiergebiß in ihr weiches, zartes Fleisch zu schlagen. Aber er wollte nicht mehr töten. Er wollte kein mordendes Ungeheuer mehr sein. Er liebte dieses engelhafte Mädchen auf eine kindliche, unschuldige Art und Weise.
    Er wollte die Jungfrau warnen. Sie durfte nicht schreien. Sie durfte keine Angst vor ihm haben.
    Denn wenn er Angstschweiß witterte, wenn er die für Menschen in Todesangst typische Ausdünstung spürte, dann konnte er seine unheimlichen Triebe nicht mehr unter Kontrolle halten - dann würde er sich wie ein heißhungriges Raubtier auf die wehrlose Jungfrau stürzen müssen.
    Da krachte die Tür in den Angeln.
    Reginald MacCarthy erschrak. Seine Hände zuckten von den Tasten der Schreibmaschine zurück. Von der Tür her war ein wüstes Gepolter zu hören. Es hörte sich so an, als sei ein schwerer Körper dagegengekracht.
    „Was war das?" fragte er laut in die nachfolgende Stille hinein.
    Bildete er sich nur ein, Geräusche zu hören, die zu jener Szene seines Gruselromans paßten, die er gerade niederschrieb?
    Er starrte die Tür seines Zimmers wie hypnotisiert an. Aber es rührte sich nichts.
    Irgendwie wurde ihm bang. „Ist da jemand?" fragte er. Stille.
    Er schüttelte den Kopf, rang sich ein gequältes Lächeln ab, ging zur Tür, öffnete sie ruckartig und blickte in den Korridor hinaus. Da war niemand. Sein Lächeln vertiefte sich.
    Er kehrt zu dem Schreibtisch zurück, setzte sich, überflog die letzten Zeilen seines Gruselromans und hob schon die Hände, um sie wie ein Virtuose über die Tasten seiner Schreibmaschine tanzen zu lassen - da hatte er wieder den Eindruck, als sei an der Tür ein Geräusch.
    Diesmal war es ein Kratzen, ein Scharren wie von einem Tier. Vielleicht eine Ratte? Na, wenn schon! Das sollte ihn nicht irritieren. Er hatte keine Angst. Im Gegenteil - er war es, der durch seine grausigen Ideen anderen das Gruseln lehrte. So weit kam es noch, daß er sich selbst verrückt machte.
    Er machte einen neuen Anlauf, aber irgendwie war der Faden gerissen. Er mußte sich zuerst einmal entspannen und sich langsam wieder in seine Fantasiewelt hineinleben.
    Reginald MacCarthy zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich behaglich in dem schweren Eichenstuhl zurück.
    Für einen Horrorautor war Doolin Castle der ideale Ort zum Arbeiten. Ein mittelalterliches Gemäuer inmitten der irischen Moorlandschaft; legendenumwoben. Das inspirierte.
    Und er hatte schon eine Menge verwertbarer Ideen zu Papier gebracht.
    Axel, das ehrbare Monster, das gut werden wollte und seine mörderischen Triebe zu unterdrücken versuchte, hatte Chancen, zu einer klassischen Horrorfigur zu werden; wie etwa Frankensteins Monster. Das war eine gar nicht so abwegige Idee. Reginald wußte, daß er Talent hatte.
    Die Idee war ihm blitzartig gekommen, als er in dem großen verlassenen Salon der Burg gesessen und in die züngelnden Flammen des offenen Kamins gestarrt hatte. Er würde etwas daraus machen. Dabei war er mit gemischten Gefühlen hierhergekommen, denn er hielt nichts von solchen Treffen, bei denen nur gesoffen und gealbert wurde und sonst nichts. Die Stille und Abgeschiedenheit seiner kleinen Junggesellenbude war ein viel fruchtbarerer Boden für seine Arbeit. Er hatte die Einladung zu diesem Symposium und Workshop nur angenommen, weil sie von James Lynam kam, dem Altmeister des Gruselns. Er wollte ihn schon lange einmal kennenlernen, und es hatte ihn sehr geehrt, von diesem erfolgreichen Kollegen bedacht worden zu sein. Das gab ihm das Gefühl, zu den „Arrivierten" zu gehören.
    Lynam stammte aus Cranasloe, diesem unbekannten 500-Seelen-Nest nahe von Clonmacnoise. Er war nach England gezogen und als erfolgreicher Schriftsteller in seinen Heimatort zurückgekehrt, wo er sich seinen Jugendtraum erfüllte. Er kaufte Doolin Castle. Und zur Einweihung veranstaltete er dieses Workshop.
    So

Weitere Kostenlose Bücher