1012 - Der programmierte Mann
zu wollen, daß sie nicht wußte, wovon er sprach. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück und strich sich mit den Fingerspitzen über den Oberlippenbart. Er hatte sich während der gesamten viertägigen Reise um sie bemüht, zunächst auch einen gewissen Eindruck auf sie gemacht, hatte jedoch nichts erreicht. Jetzt schien es, als sei er ihr völlig gleichgültig, und als sei er dadurch verunsichert. Er sprach mehr und wortreicher als sonst. Bisher hatte sie ihn als Mann kennen gelernt, der eine kurze, fast abgehackt klingende Sprache hatte.
„Amby", sagte er. „Auf der Erde ist eine Sportart groß im Kommen, die über Jahrhunderte hinweg völlig vergessen war: American Football."
„Tut mir leid. Davon weiß ich nichts."
„Ein Sport, der stahlharte Männer erfordert, Kämpfer, die bis zum Letzten gehen."
„Ach, und die willst du auf Jarvith-Jarv finden?" fragte sie lachend.
Er nickte ernsthaft.
„Die gesetzlichen Bestimmungen legen fest, daß die Sportler nicht von Welten kommen dürfen, die mehr als 1,25g haben. Die Überlegenheit dieser Kämpfer wäre zu groß. Ich hoffe, daß ich hier einige Talente entdecke."
„Verrückt", entgegnete sie und erhob sich. „Dennoch - viel Erfolg."
„Du hast recht. Wir sollten uns um unser Gepäck kümmern. Wir sind bereits gelandet und werden von Bord gehen."
„Noch lange nicht."
Er blickte auf den Bildschirm. Ziffern zeigten an, daß der Luxusliner bereits seit vier Minuten gelandet war. Gewöhnlich verließen zu einem solchen Zeitpunkt die ersten Passagiere bereits das Schiff.
„Du wirst ja sehen", sagte sie und ging.
Gruude Vern konnte sich nicht vorstellen, daß es irgendeinen Grund gab, länger als unbedingt notwendig an Bord zu bleiben. Er wollte jedenfalls so schnell wie möglich nach draußen, auch wenn es auf Jarvith-Jarn weitaus ungemütlicher war als an Bord. Er war nicht ungeduldig, aber an Bord war es langweilig geworden, und er wollte etwas anderes sehen. Zudem hatte er die Hoffnung aufgegeben, Amby Törn erobern zu können. Er spürte, daß da ein anderer Mann war, dem sie sich offenbar so stark verbunden fühlte, daß kein anderer Aussichten hatte, sie für sich zu gewinnen. Das war etwas, was er nicht nur bedauerte, sondern was ihn auch schmerzte. Gemeinhin hatte er ein recht oberflächliches Verhältnis zu Frauen. Das lag daran, daß er wenig Verständnis für andere hatte. Zwar verfügte er über sehr viel Einfühlungsvermögen, so daß er die Verhaltensweisen anderer erklären konnte, das hieß jedoch nicht, daß er es grundsätzlich auch akzeptierte. Er verlangte sich selbst sehr viel ab, war außerordentlich kritisch und war bereit, sich für seinen Beruf zu quälen. Das erwartete er allerdings auch von anderen, und er war nicht in der Lage, vor anderen Hochachtung zu empfinden, wenn sie in dieser Hinsicht anders waren als er.
Gruude Vern erhob sich. Er blieb noch einige Sekunden lang am Tisch stehen und betrachtete nachdenklich seine Hände.
Unter seinen Ärmeln lugten Spitzen hervor, und blitzende Ringe zierten seine Finger.
Sollte er den Schmuck zumindest vorübergehend ablegen, weil die Bewohner von Jarvith-Jarv womöglich einfacher und ursprünglicher waren als die anderer Welten?
Hatten sie kein Verständnis für seinen Hang, sich mit schönen Dingen zu umgeben?
Er dachte an Amby Törn.
Auch sie war schön, und es hätte ihm gefallen, sie an seiner Seite zu sehen. Das jedoch nicht nur, um sich mit ihr zu schmücken, sondern weil er für sie mehr empfand als für andere Frauen. Sie machte Gefühle in ihm frei, über die er sich erhaben gefühlt hatte, und die ihn nun verunsicherten.
Als er zehn Minuten später mit seinem Gepäck, einem schwebenden Antigravkoffer, an der Hauptschleuse des kugelförmigen Luxusschiffs erschien, wartete Amby Törn mit einigen geschwätzigen Touristen darauf, das Schiff verlassen zu können. Einige von ihnen beschwerten sich lauthals darüber, daß sie immer noch warten mußten. Dabei hatten sie Zeit. Die Tempelruinen der ausgestorbenen Ureinwohner von Jarvith-Jarv standen seit Jahrtausenden in einer vulkanfreien Ebene im Norden. Sie würden auch in ein paar Stunden noch dort sein.
Gruude Vern war allerdings ebenfalls unruhig und ungeduldig.
„Warum steht der Antigravtunnel noch nicht?" fragte er. „Das hätte doch längst erledigt sein können „ Amby Törn lachte.
„Du bist auf Jarvith-Jarv", erwiderte sie, als sei damit alles erklärt.
Vern gab sich damit jedoch nicht zufrieden.
„Ja
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