1022 - Der Lockvogel
nachvollziehbar.
Beide stiegen aus. Da ich noch immer auf der rechten Seite lag, konnte ich alles genau beobachten. Zuerst wurde Jane aus dem Wagen gestoßen. Sie kam trotzdem gut auf und konnte sich auch auf den Beinen halten, obwohl die Hände auf dem Rücken gefesselt waren.
Ich hatte es nicht versäumt, an meinen Fesseln zu zerren und sie auch weiterhin lockern können. Mehr war mir nicht gelungen, das wiederum ärgerte mich.
Kathrin trat dicht hinter Jane und hielt sie an der rechten Schulter fest. Dann blickte sie sich um, weil sie sehen wollte, ob ich mich vielleicht in der Nähe aufhielt. Die Idee, auch unter den Range Rover zu blicken, kam ihr glücklicherweise nicht.
Sie drückte Jane vor.
»Rein in das Haus und ab in den Keller!« befahl sie. Ihr nachfolgendes Lachen klang siegessicher…
***
Eddie Sheen und Glenn Simpson hatten sich so weit zurückgezogen wie möglich. Simpson, der sich besser auskannte, hatte Eddie dabei an der Hand geführt.
Auch jetzt nahmen sie den Rauch war. Er umschwebte sie wie eine düstere Erinnerung an ein unglaubliches Geschehen, das für sie nur mehr Erinnerung war.
Auch Buddy gab es nicht mehr. Er war verbrannt, bevor er ihr Blut hatte trinken können. Für sie war es keine Rettung gewesen, denn es gab noch diesen Urvampir, den sie schon gesehen und auch gehört hatten. Waffenlos würden sie ihm gegenübertreten müssen, und bestimmt lagen in der Dunkelheit die Vorteile auf seiner Seite.
Sie hatten schon darüber gesprochen, ob Vampire Katzenaugen besaßen und deshalb im Dunkeln gut sehen konnten, aber das war ihnen alles viel zu theoretisch. Wichtig für sie würden die nächsten Minuten werden. Da würde sich dann zeigen, ob sie es schafften, ihr Leben normal weiterzuführen oder ob sie ebenfalls in diese mörderische Hölle hineingerieten, in der auch Buddy gesteckt hatte.
Hinter ihren Rücken spürten sie den Druck der Wand. Weiter ging es nicht. Das ungleichmäßig und roh gemauerte Gestein hielt sie davon ab, auch nur um eine Winzigkeit zurückzugehen. Sie mußten bleiben und versuchen, ihr vorprogrammiertes Ende so lange wie möglich hinauszuzögern.
Der Vampir hatte sein Versteck bereits verlassen. Wie ein großer Krebs mußte er aus dem Becken gekrochen sein. Sie hatten es sogar klatschen gehört, als er auf den Boden geprallt war. Er war noch nicht sofort aufgestanden, sondern hatte sich kriechend über den Boden hinwegbewegt. Wohin, das wußten sie nicht, aber jetzt war es schon seit einer geraumen Weile still geworden, und das konnte den beiden ebenfalls nicht gefallen. Die Stille zerrte an ihren Nerven. Es war wie ein Warten auf den Tod, der sich langsam und lauernd heranschlich und selbst den Zeitpunkt seines Zuschlagens bestimmte.
Ihr Atmen klang gepreßt. Am liebsten hätten sie es unterdrückt, aber das war nicht möglich. Im Gegensatz zu dem Blutsauger mußten sie Luft holen, denn sie waren Menschen und keine untoten Wesen.
Der andere verhielt sich auch weiterhin still. Er wollte sie fertigmachen, zermürben und immer wieder warten.
Sheen floß der Schweiß in Strömen übers Gesicht. Aber nicht nur dort. Über seinen gesamten Körper. Er fühlte sich, als wäre er soeben aus einer Sauna gestiegen.
»Gibt es denn eine Idee?« wisperte er Glenn zu.
»Ich habe keine.«
»Dann sind wir verloren.«
»Weiß nicht…«
»Wieso?«
»Wir sind zu zweit.«
»Und? Der andere ist kein Mensch. Wir haben keine Waffen. Der steht immer wieder auf.«
»Woher weißt du das?«
»So etwas habe ich mal gelesen oder auch im Kino und im Fernsehen gesehen.«
Simpson stieß einen leisen Grunzlaut aus. »Dafür habe ich mich nie interessiert.«
»Jetzt erlebst du es wirklich.«
»Sei still!« Simpson hatte etwas gehört, und als Eddie den Mund hielt, vernahm er es auch.
Der Vampir lag nicht mehr ruhig. Er hatte sich bewegt. Ob er kroch oder ob er sich dabei hingestellt hatte, war für sie nicht herauszufinden, aber die Geräusche blieben, und sie näherten sich der Stelle, an der sie standen.
Schleichend, schabend. Mal von einem leisen Tappen unterbrochen. Der verfluchte Untote wußte genau, wohin er sich zu wenden hatte. Er kannte die Richtung. Er roch die Menschen, ihre Ausdünstungen, ihren Schweiß und auch ihr Blut.
Er hatte lange darauf verzichten müssen. Für ihn würde es kein Hindernis mehr geben, und gerade die Dunkelheit kam ihm zupaß.
Waffen, die ihm gefährlich werden konnten, gab es nicht.
»Was machen wir, Glenn?«
»Noch
Weitere Kostenlose Bücher