1026 - Der Favorit
Dieser verdammte Doppel-Spoodie ..."
Mallagan schlug wütend mit der Faust auf den Tisch, daß die Teller zu tanzen begannen.
„Ihr werdet tun, was ich euch sage!" schrie er unbeherrscht.
Brether Faddon sah ihn erschrocken an.
„Schon gut", murmelte er beschwichtigend. „Reg dich nicht auf, Junge. Es war ja nicht so gemeint. Natürlich werden wir als deine Betreuer auftreten, wenn dir so viel daran liegt!"
Mallagan starrte ihn drohend an, beruhigte sich dann aber wirklich.
„Ihr werdet mich mit allem versorgen, was ich brauche", sagte er düster. „Außerdem müßt ihr dafür sorgen, daß man mir nicht Dutzende von Fragen zur gleichen Zeit stellt.
Selbstverständlich seid ihr auch dafür verantwortlich, daß die Zuschauer auf mich aufmerksam werden."
„Mehr nicht?" fragte Brether ironisch, aber Mallagan schien den Spott in der Stimme seines Freundes nicht zu bemerken.
„Für den Augenblick fällt mir nichts weiter ein", erklärte er nüchtern.
„Nun gut, wir werden es versuchen", murmelte Scoutie. „Aber sage mal - fürchtest du nicht, daß du dich lächerlich machen könntest? Orakel - du weißt doch, welche Bedeutung dieses Wort für die Bewohner des Herzogtums hat. Wenn du unter dieser Bezeichnung auftrittst, wird man Ansprüche an dich stellen, die du nicht erfüllen kannst."
In Mallagans Augen flackerte es bedrohlich.
„Geh nicht gleich wieder in die Luft", bat Scoutie hastig. „Ich will dir doch nur helfen!"
„Dann richte dich nach meinen Anweisungen!" sagte der Betschide eisig.
„Ja, natürlich", flüsterte Scoutie resignierend.
Sie sah sich nachdenklich um.
„Ich frage mich, warum Cylam und Wyskynen sich nicht bei uns blicken lassen", murmelte sie.
„Sie werden anderes zu tun haben", vermutete Brether Faddon. „Andererseits - du hast recht, es paßt nicht zu ihnen. Vielleicht sind sie im Hof."
„Ich sehe mal nach", entschied Scoutie.
Sie trat auf den offenen Bogengang hinaus und sah in den Innenhof hinunter. Dort trainierten unter normalen Umständen immer ein paar der Kämpfer, die man in diesem Gebäude untergebracht hatte. Heute aber war der Hof fast leer. Zwei Wesen, von denen Scoutie nicht wußte, welchem Volk sie angehörten, umkreisten sich langsam in der Mitte des Hofes. Von oben sah es aus, als führten sie einen rituellen Kampf vor. Plötzlich sprang einer der Fremden in die Luft, und der andere stürzte wie vom Blitz getroffen zu Boden, ohne daß Scoutie den Grund dafür zu erkennen vermochte. Der Fremde kam nach etwa einer Minute wieder auf die Füße, und das Spiel begann von neuem.
Scoutie hielt Ausschau nach weiteren Kämpfern und entdeckte schließlich Garayn, den Tart, der am Ende der Treppe im Schatten saß. Sein Schwert lag vor ihm auf dem Boden.
Die Betschidin stieg die Treppe hinunter. Als Garayn sie hörte, drehte er sich nach ihr um. Offenbar wartete er auf jemanden. Als er Scoutie sah, senkte er enttäuscht den Kopf.
„Du bist es nur", zischelte er.
„Weißt du, wo Cylam ist?"
„Nein. Ich warte schon den ganzen Morgen auf ihn."
„Vielleicht ist er noch in seinem Zimmer", vermutete Scoutie. „Wir sollten nachsehen."
Garayn zögerte. Die Vorstellung, daß er seinen Lehrmeister unter Umständen stören könnte, behagte ihm gar nicht.
„Es ist möglich, daß ich ihn mißverstanden habe", sagte er schließlich. „Eigentlich ist es selbstverständlich, daß er mich heute nicht unterrichtet."
Scoutie zuckte die Schultern.
„Darüber kann ich mir kein Urteil erlauben", erklärte sie. „Mich wundert es nur, daß er sich auch bei uns nicht blicken läßt."
Der Tart sprang überrascht auf.
„War er noch nicht bei euch?" fragte er erregt.
„Nein."
„Aber er hat nach euch gesucht, die ganzen Tage hindurch!"
Scoutie sah ihn nachdenklich an.
„Da stimmt etwas nicht", sagte sie leise. „Komm."
Der Tart zögerte nicht länger. Er stapfte neben der Betschidin die Treppe hinauf. Sein Schwert nahm er mit.
Cylam und Wyskynen bewohnten zwei nebeneinander liegende Zimmer im dritten Stockwerk. Scoutie und der Tart klopften an beide Türen, erhielten aber keine Antwort.
Schließlich verlor die Betschidin die Geduld. Sie schlug mit voller Kraft zu - und plötzlich sprang die Tür auf.
Garayn hielt erschrocken inne.
„Warte!" flüsterte er.
Scoutie überließ ihm bereitwillig den Vortritt. Der Tart schob sich vorsichtig in das Zimmer hinein. Die Tür schwang etwas weiter auf, und plötzlich spürte die Betschidin einen Geruch in der Nase,
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