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1046 - Der Hexenturm

1046 - Der Hexenturm

Titel: 1046 - Der Hexenturm
Autoren: Jason Dark
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waren ihre Augen vom Weinen gerötet, aber sie konnte schon wieder lächeln.
    Auch das Kind blieb ruhig. Kein Quengeln, kein Weinen. Es schlief nach wie vor tief und fest, und darüber war nicht nur die junge Mutter froh.
    Sie sprach Marek an und redete dabei mit leiser, trotzdem hektischer Stimme.
    Der Pfähler ließ sie ausreden, gab ihr erst dann eine Antwort und hielt sie fest. Dabei wandte er sich an mich und spielte wieder den Übersetzer. »Sie möchte so schnell wie möglich weg. Sie will nicht mehr hier im Turm bleiben. Sie will ihr Kind in Sicherheit bringen.«
    »Verständlich.«
    In Mareks Gesicht baute sich ein zweifelnder Ausdruck auf. »Sollen wir sie gehen lassen?«
    »Kannst du sie aufhalten?«
    »Nicht mit Worten.«
    »Eben. Vielleicht hat sie Glück. Noch sind keine Hexen-Eulen hier erschienen. Wir sollten ihr deshalb keinen Stein in den Weg legen und sie laufen lassen.«
    Frantisek hatte seine Zweifel. »Aber allein…«
    »Du kannst sie begleiten.«
    »Und du?«
    »Ich werde nachkommen.«
    »Warum gehst du denn nicht mit?«
    Es war eine gute Frage, mit deren Antwort ich mir zunächst Zeit ließ.
    »Weißt du, Marek, die Dinge liegen so. Ich glaube fest daran, daß die Eulen noch nicht aufgegeben haben. Wenn sie merken, daß eines ihrer Kinder ihnen weggenommen wird, dann werden sie kommen, um zu verhindern, daß das öfter geschieht.«
    Marek blickte mich skeptisch an. »Du gegen die Eulen?«
    »Ja.«
    »Es sind viele. Ich werde auf jeden Fall zu dir zurückkehren und auch Bill schicken. Er kann uns helfen, die Kinder nach unten zu tragen. So sind wir zu dritt. Kann ja sein, daß wir dann nicht zweimal zu laufen brauchen. Vier Babys kann man wohl tragen.«
    »Geh jetzt!« sagte ich, denn mir war die Ungeduld der Mara Laurescu nicht entgangen. Sie war schon zum Beginn der Treppe gelaufen und schaute in die Tiefe.
    Ich schlug Marek auf die Schulter. »Mach's gut.«
    »Du auch.«
    Er schaute sich noch einmal um, dann setzte er sich in Bewegung und ging zu Mara, die auf der ersten Stufe stand und froh war, daß der Pfähler sie begleiten wollte.
    Marek sprach noch ein paar Worte mit ihr und strich über ihre Schulter.
    Wahrscheinlich gab er ihr bekannt, daß sie vorsichtig sein sollte, denn die Treppe war nicht einfach zu gehen.
    Ich wollte aus den Fenstern schauen und den Himmel absuchen so gut wie möglich. Ich wußte einfach, daß sich die Hexen-Eulen hier irgendwo aufhielten. Der Turm war ihr Stützpunkt und…
    Ein Fluch riß mich aus meinen Gedanken. Marek hatte ihn ausgestoßen.
    Ich fuhr herum und sah die beiden, die schon einige Stufen nach unten gegangen waren, wieder hochkommen. Dabei zerrte Marek seinen Schützling hinter sich her.
    »Was ist denn?«
    Der Pfähler fluchte nicht mehr, sondern lachte bitterböse, bevor er redete. »Es war nur ein Teilerfolg, John. Die Eulen sind da. Sogar im Turm.« Er wies über die oberste Stufe hinweg. »Sie haben es diesmal schlau angefangen.«
    »Kommen sie von unten?«
    »Ja.«
    Weitere Fragen brauchte ich nicht zu stellen. Ich wollte nur, daß sich mein Freund um Mara kümmerte. Wir tauschten die Plätze. Jetzt war ich es, der auf die Treppe zulief und dort wartete.
    Es vergingen nicht einmal zwei Sekunden, als ich die Eule hörte. Sie berührte beim Flug mit ihren Schwingen die Innenwand des Turms. Es hörte sich an, als wäre jemand dabei, etwas anzustreichen. Weitere Vergleiche wurden mir genommen, denn die Eule war bereits so hoch geflogen, daß sie fast das Ende der Treppe erreicht hatte.
    Jetzt sah ich sie auch.
    In dieser Umgebung kam sie mir groß, sogar übergroß vor. Die runden Augen, das etwas vorstehende Gesicht, der krumme, aber scharfe und spitze Schnabel und die ausgestreckten Beine mit den seitlich weit gekrümmten Krallen.
    Das alles wies auf einen Angriff hin. Auf einen Beutezug, der tödlich enden sollte.
    Ich stand ihr im Weg. Und ich ging auch nicht weg. Denn diesmal war ich derjenige, der schneller handelte…
    ***
    Mit einem heftigen Schlag seines rechten Arms hatte sich Bill Conolly freie Bahn verschaffen können. Zumindest für einen Moment war es ihm gelungen, den Angriff der Hexen-Eulen abzuwehren. Er hatte den schweren Körper zur Seite gestoßen und noch gesehen, wie das Tier wild mit den Flügeln um sich schlug, dabei allerdings nicht so viel Bewegungsfreiheit hatte und immer wieder gegen die Grabsteine stieß, die als Klötze im Weg standen. Die Eule kam nicht mehr frei oder nicht so, wie sie es wollte.
    Bill Conolly
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