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105 - Das indische Tuch

105 - Das indische Tuch

Titel: 105 - Das indische Tuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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sind Mr. Gilder?« sprach er den größeren der beiden an.
    »Jawohl«, entgegnete der Amerikaner freundlich, aber selbstbewußt. »Ich habe Sie heute morgen schon gesehen. Kurz vor Ihnen kam ich ins Herrenhaus zurück.«
    Tanner kümmerte sich nicht um diese Worte, die ein Alibi bedeuten konnten.
    »Wie lange sind Sie schon in Diensten der Familie?«
    »Acht Jahre.«
    Tanner nickte.
    »Dann waren Sie auch schon hier, als der alte Lord Lebanon noch lebte?«
    »Jawohl.«
    Gilder lächelte, während er das sagte.
    »Und Sie sind hier Diener?«
    »Ja.«
    »Scotland Yard hat Erkundigungen über Sie eingezogen, und ich habe die ersten Resultate erfahren. Sie haben ein Konto bei der London & Provincial Bank in London. Stimmt das?«
    »Die Polizei ist sehr tüchtig, daß sie das herausgefunden hat. Ja, ich habe dort ein Konto.«
    »Es ist aber außergewöhnlich, daß ein Diener ein Konto bei einer Londoner Bank unterhält.«
    »Es gibt auch sparsame Leute, die nicht alles Geld ausgeben.«
    »Sie haben aber eine ziemlich große Summe auf der Bank.«
    »Etwa viertausend Pfund. Ich habe mein Geld gut angelegt und auch erfolgreich spekuliert.«
    Tanner hatte erwartet, daß der andere wenigstens etwas in Verlegenheit kommen würde, aber Gilder blieb ruhig und unerschütterlich. Er war ein gefährlicher Mann, und Tanner unterschätzte ihn in keiner Weise. Aber wenn jemand in Amerika ein Verhör im dritten Grad durchgemacht hat, kann er wohl kaum noch durch die weit milderen Methoden von Scotland Yard aus der Fassung gebracht werden.
    Tanner rief den zweiten Diener zu sich, und Brooks kam mit den Händen in den Taschen auf ihn zu.
    »Sind Sie auch aus Amerika?«
    »Ja, aber ich habe kein Konto auf der Bank. Sie wissen ja auch, daß in letzter Zeit manche Leute drüben viel Geld verloren haben.«
    »Sind Sie schon lange hier in Stellung?«
    »Sechs Jahre.«
    »Warum nehmen Sie einen solchen Posten als Diener an?«
    »Weil mir das zusagt.«
    Tanner hatte den Eindruck, daß sich der Mann im geheimen über ihn lustig machte. Brooks war ebenso selbstbewußt und unzugänglich wie Gilder und sah hart und zäh aus. Tanner entdeckte eine alte Narbe in dem Gesicht des Amerikaners.
    »Die habe ich vor einigen Jahren bekommen«, entgegnete Brooks, als der Chefinspektor eine Bemerkung darüber machte.
    »Bei einer Schlägerei. Ein Mann warf mir einen Aschenbecher ins Gesicht.«
    »Waren Sie damals auch schon Diener?« fragte Tanner ironisch.
    »Ja.«
    Der Inspektor wandte sich wieder an Gilder.
    »Kennen Sie dieses Haus sehr genau? Lady Lebanon hat mir gesagt, ich könnte das ganze Gebäude durchsuchen. Vielleicht führen Sie mich einmal herum?«
    »Selbstverständlich.«
    Tanner entließ die beiden und wandte sich an den Butler.
    »Was haben die zwei Leute hier im Haus zu tun?«
    »Sie bedienen Mylady, den jungen Lord und Miss Crane.«
    »Wo ist die Miss?« fragte Tanner schnell.
    »Draußen auf dem Rasen. Leider ist sie sehr aufgeregt über alles, was sich ereignet hat.«
    Tanner fragte nicht genauer nach den Gründen, und Kelver schien ein wenig enttäuscht zu sein.
    In diesem Augenblick trat Ferraby in die Halle, und Tanner nahm ihn beiseite.
    »Suchen Sie doch Miss Crane auf, unterhalten Sie sich eingehend mit ihr und sehen Sie zu, daß Sie etwas aus ihr herausbringen. Wahrscheinlich weiß sie mehr, als sie anfänglich zugeben wollte.«
    »Haben Sie vorige Nacht nichts gehört?« fragte er Kelver, als der Sergeant gegangen war.
    Der Butler schüttelte den Kopf.
    »Auch keinen Schrei, Ruf und dergleichen?«
    »Nein.«
    Tanner war davon nicht überzeugt.
    »Sie entsinnen sich doch noch der Nacht, in der Studd ermordet wurde? Haben Sie damals auch nichts gehört?«
    »Nein, Sie haben mich ja seinerzeit schon danach gefragt.«
    Tanner nickte.
    »Hat nicht einer der Dienstboten Ihnen gesagt, daß gestern abend sehr spät noch jemand kam?«
    »Nein. Aber verzeihen Sie eine Bemerkung. Ich sah, daß Sie vorhin mit der Zofe von Mylady sprachen.« Kelver machte eine Pause, schaute sich um und dämpfte dann die Stimme. »Sie wurde heute morgen entlassen; vielleicht erzählt sie Ihnen allerhand. Sie hat Zutritt zu diesem Teil des Hauses. Natürlich ist sie durch ihre Entlassung verärgert, und ihre Angaben sind infolgedessen vielleicht nicht ganz zuverlässig, aber wahrscheinlich kann sie Ihnen wichtige Dinge berichten.«
    »Ich danke Ihnen für den Wink, aber ich habe schon mit ihr gesprochen.«
    Kelver stand während der Unterredung am Fußende

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