105 - Der Leichenfledderer
seine Rippen schmerzten höllisch. Jede Faser seines Körpers tat ihm weh.
„Komm raus, lausige Rothaut!"
Der Krieger ließ sich nicht blicken. Benson ließ die Trommel seines Colts kreisen. Es klickte metallisch, als er den Hahn spannte.
Er weiß genau, wo ich stehe, durchzuckte es ihn.
Dem Schatten des Kriegers folgte der muskelgestählte Körper. Er sprang einfach auf Benson und riß ihn durch sein Gewicht zu Boden. Sofort stieß ihm Benson den Lauf seines Colts in die Magengrube und drückte ab. Er konnte den Ruck deutlich spüren, der durch den Krieger ging. Aber sein Gegner ließ nicht los. Ein tierisches Grollen entrang sich der Kehle des Indianers. Die Ausdünstungen des Mannes erinnerten ihn an den Schweiß eines Pumas. Die Körperdrehung des Gegners entriß ihm den Colt.
Nur nicht lockerlassen! schoß es ihm durch den Kopf. Ich habe ihn böse erwischt.
Der andere stieß einen indianischen Fluch aus und rutschte zurück. Benson sah das schmerzverzerrte Gesicht. Staub klebte auf der verschwitzten Haut und verwandelte das Gesicht in eine grauenhafte Fratze. Aus dem Bauch des Indianers quoll Blut. Seine Augen flackerten haßerfüllt.
„Der Schamane wird euch alle in die ewigen Jagdgründe schicken - das schwöre ich dir."
Benson wollte nach dem Colt greifen, doch der Indianer war schneller.
Er setzte den rechten Fuß auf sein Handgelenk und trat den Colt beiseite. Benson krümmte sich, um hochzukommen, doch er schaffte es nicht mehr. Er sah eine hastige Bewegung. Etwas pfiff durch die Luft, dann trieb der Indianer sein Skalpmesser durch Bensons Kopfhaut. Eine grauenvolle Schmerzwelle raste durch Bensons Kopf. Es gab einen Ruck, und der Mohave hielt den Skalp in der Hand.
Benson zuckte zusammen. Er umklammerte seinen blutenden Kopf mit beiden Händen.
Der Krieger sank in den Schneidersitz und hielt den Skalp hoch.
Benson taumelte schreiend davon.
Der Indianer bereitete sich auf den Tod vor. Den Bauchschuß des Captains würde er nicht überleben. Seine Lippen bildeten dünne Striche. Er stöhnte kein einziges Mal, sah so lange in die flimmernde Ferne, bis der Captain verschwunden war. Der Mann würde Deadwood als Wahnsinniger erreichen. Kein Mensch konnte diese grauenhaften Schmerzen ertragen.
Der Mohave schloß die Augen. Er starb in dem Bewußtsein, daß der Schamane seinen Tod rächen würde. Der Schamane besaß Kräfte, die stärker waren als die Waffen der Bleichgesichter.
Gegenwart
Rita Skelter stolperte. Es war Nachmittag. Die Steine glühten vor Hitze, obwohl die Sonne bereits im Westen stand. Das Mädchen raffte sich auf und rannte weiter. In der Ferne zeichneten sich die gezackten Linien des Mount Whitney Höhenzuges ab.
Rita war achtzehn Jahre alt. Sie hatte nie Angst gehabt, doch jetzt wußte sie, wie grausam Menschen sein konnten. Cotton Mather war schlimmer als ein reißender Wolf. Er war wahnsinnig und grausam.
Sie hatte schreckliche Angst, daß er sie einholen würde. Sie wollte nicht noch einmal in die furchtbare Gruft gezerrt werden. Rita wurde den teuflischen Blick Cotton Mathers nicht mehr los.
Cotton Mather - dachte sie schaudernd. Dieser Bastard nannte sich nach dem Prediger, der 1688 die Hexenjagd in Salem zu grausamen Höhepunkten gebracht hatte.
Die Mojave-Wüste besaß viele Farben. Alle Schattierungen waren vertreten. Aber es waren keine lebendigen Farben. Der ausgedörrte Landstrich bot höchstens Skorpionen oder Klapperschlangen Überlebenschancen. Ein paar schmutzigbraune Sagebüsche trieben im Wind vorbei. Die Felsen standen kahl im Sonnenlicht, das ihre kegelförmigen Spitzen umspielte.
Lieber Gott, betete sie in Gedanken, laß mich heil aus dieser Hölle kommen! Ich habe nichts Böses getan. Warum mußte gerade Ich an diesen Wahnsinnigen geraten?
Der Unheimliche hatte sie in die Geisterstadt gelockt. Zuerst hatte sie das Leben der bunt zusammengewürfelten Gemeinschaft fasziniert. Doch dann war sie hinter das Geheimnis Cotton Mathers gekommen.
Sie wollte jeden Gedanken daran verdrängen, doch der Geruch des Todes verfolgte sie. Vor ihrem geistigen Auge tauchten die mumifizierten Leichen wieder auf, Totenschädel, Schlangen und schwarze Kerzen. Requisiten eines Satanisten.
„Nein!" schrie sie und bedeckte die Augen mit den Händen.
Der schreckliche Anblick ließ sich nicht verdrängen. Die Erinnerungen waren stärker.
Die trockene Luft dörrte ihre Kehle aus. Sie war allein und hatte kaum noch Kraft, sich auf den Beinen zu halten. Ihre Jeans waren
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