105 - Trank des Verderbens
sehen, und Rocca Suzman nützte sofort ihre Chance. Plötzlich war sie über mir und stürzte sich kreischend und fauchend auf mich. Ich wurde von ihr niedergerissen. Eine ihrer Komplizinnen beraubte mich des Ebenholzstocks, und als ich zwischen den verfluchten Hexen lag, setzten sie mir den magischen Dreizack an die Kehle. Jetzt brauchten sie nur noch zuzustoßen…
***
Cruv hatte sich seinen Einsatz ruhmreicher vorgestellt. Obwohl Tony Ballard ihn gewarnt hatte, hatte er nicht verhindern können, daß ihn die Hexen überrumpelten.
Es gab zu viele magische Tricks, derer sie sich zu bedienen wußten. Damit, daß sie unsichtbare Lassos schaffen würden, hatte er nicht rechnen können.
Schwer benommen, blutend und unfähig, sich zu erheben, lag der Gnom auf dem Boden. Die Hexen hatten ihn mehrmals gegen die Wände geschleudert und dann vorläufig von ihm abgelassen.
Aber sie würden sich seiner wieder annehmen - sobald sie mit Tony Ballard fertig waren. Cruv versuchte seine letzten Kräfte zu mobilisieren.
Er nahm neben sich eine Bewegung wahr, und als er den Kopf drehte, blickte er direkt in das haßverzerrte Gesicht jener Hexe, die Tony mit dem Dreizack verletzt hatte.
Das Weib gab noch nicht auf. Solange noch ein Funken Leben in ihr war, wollte sie töten. Der Gnom sah ein kleines Messer in ihrer Hand blitzen.
Sie richtete sich auf, hob die Hand zum tödlichen Stoß. Cruvs Wille zu überleben trieb ihn hoch und verlieh ihm für kurze Zeit neue Kräfte. Er sprang hinter die schwer verletzte Hexe und zwang ihren Messerarm nach unten.
Zuerst wehrte sie sich, aber dann brach ihr Widerstand. Ein letztes Röcheln entrang sich ihrem Mund, dann hauchte sie ihre schwarze Seele aus.
Schwankend drehte sich der Gnom nun um. Als er sah, wie es um seinen Freund stand, krampfte sich sein Magen zusammen.
***
Ich war geschlagen. Es ist ein verdammt unangenehmes Gefühl, das zu wissen. Rocca Suzman hatte gewonnen, und ich hatte es ihr leicht gemacht.
Ich hätte sie nicht so lange reden lassen sollen, aber mich hatten die Zusammenhänge interessiert. Während sie meinen Wissensdurst stillte, mußte sie telepathischen Kontakt mit ihren Schwestern aufgenommen haben.
Ein Hilferuf, den Cruv und ich nicht bemerkt hatten.
Die Rocca Fondation würde weiter bestehen. Weitere reiche Leute würden plötzlich den Verstand verlieren, und Rocca Suzman würde sie beerben. Und wenn sie genügend Geld beisammen hatte, würde sie darangehen, überall auf der Welt den Höllenterror zu entfachen.
Und das alles nur deshalb, weil ich ihr zu lange zugehört hatte! Ein tödlicher Fehler…
Ich hatte keine Chance mehr. Mein Revolver lag irgendwo. Ich hätte ihn mit einer Lederschlaufe am Handgelenk tragen sollen. An meine anderen Waffen kam ich nicht heran.
Ich konnte nur noch auf den Tod warten!
Die Züge jener Hexe, die den Dreizack hielt, verkanteten. Ich wußte, daß sie es im nächsten Augenblick tun würde.
Da platzte ein splitterndes Krachen durch den großen Raum. Es überraschte die Hexen mehr noch als mich. Jene Tür, durch die ich mit Cruv eingetreten war, flog gegen die Wand, und der Hexenhenker Anthony Ballard betrat den Raum.
Ein Muskelkoloß mit nacktem Oberkörper, blutroter Kapuze, breitem Ledergürtel und Schaftstiefeln. In seinen sehnigen Händen hielt mein Ahnherr ein Beil, das magisch geschärft war.
Die Hexen waren mit einemmal konfus. Sie ließen von mir ab. Zwei von ihnen warfen sich dem Hexenhenker entgegen.
Rocca Suzman hingegen versuchte ihre Haut zu retten. Sie stürmte durch das riesige Büro auf eine der offenen Türen in der holzgetäfelten Wand zu.
Anthony Ballard war Mitglied des »Weißen Kreises«. Yuums Auge mußte ihm diese Hexenaktivität gezeigt haben, und er hatte sich sofort auf den Weg gemacht.
Die Hexen attackierten ihn mit tückischen Zauberkräften, doch damit konnten sie ihm nicht beikommen. Er schwang sein Beil und hieb auf die wutkreischenden Weiber ein.
Ich hatte keine Zeit, zuzusehen, wie es den zwei Teufelsbräuten erging. Ich mußte mich um Rocca Suzman kümmern. Ich sah nur, wie eine der Hexen vor Anthony Ballard zurückwich, dann herumwirbelte und ebenfalls zu fliehen versuchte, doch das ließ der Hexenhenker nicht zu. Bei diesen Höllenweibern war er gnadenlos.
Ich folgte Rocca Suzman. Sie hetzte eine Wendeltreppe hoch. Ich war ihr dicht auf den Fersen, holte einen meiner silbernen Wurfsterne aus der Tasche. Obwohl ich schon einiges hinter mir hatte, warf ich noch einmal alles
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