Liberty: Roman
Christian
Tropische Hitze schlägt mir entgegen, als ich aus dem Flugzeug steige – in der Ferne erkenne ich die weiße Schneekrone des Kilimandscharo in der Dämmerung. Vor dem flachen Flughafengebäude lungert eine Gruppe Schwarzer an ein paar schäbigen Gepäckwagen herum und raucht Zigaretten.
»Willkommen in Afrika«, sagt Vater und legt mir eine Hand auf die Schulter, als ich die Treppe hinuntergehe. Die Triebwerke des Flugzeugs sind abgeschaltet. Das einzige Geräusch kommt von den Zikaden. Der Flughafen hat lediglich eine Landebahn, außer unserer Maschine gibt es keine weiteren Flugzeuge.
Ich schaue auf die schwarzen Männer. Eine dicke schwarze Frau redet wütend in Swahili auf sie ein. Sie grinsen und ziehen langsam die rasselnden Gepäckwagen zum Bug der Maschine. Dann werden ihre Gesichter ausdruckslos.
Heute früh war der zweite Weihnachtstag und ich ein dänischer Junge, der mit seiner Mutter am Rand von Køge wohnte. Nun soll ich in Tansania leben und auf die Internationale Schule gehen. Die Familie soll bald wieder vereint sein. Vaters Zeit als Abgesandter der Reederei Mærsk in Fernost ist vorbei. Im Oktober wurde meine kleine Schwester geboren, Mutter kommt mit ihr in ein paar Monaten nach. Alles hat sich grundlegend geändert.
»Es dauert eine Weile, bis das Gepäck kommt«, sagt Vater. Wir gehen an schulterhohen Pflanzen mit gezackten, ledrigen Blättern vorbei. In dem Betongebäude ist es dunkel.
»Wieso gibt es hier kein Licht?«
»Wahrscheinlich ist der Strom ausgefallen«, antwortet Vater. »Sie werden vermutlich gleich den Generator anwerfen.« Ich halte mich neben ihm, während andere Weiße, vereinzelte Schwarze und einige Inder in die dunkle Ankunftshalle kommen. Wir sind in Amsterdam umgestiegen und in Rom und Oman zwischengelandet. Irgendwo im Flughafengebäude rumpelt ein Motor, und kurz darauf beginnen ein paar Glühbirnen an der Decke schwach zu glimmen.
»Niels, Niels«, ruft eine Frauenstimme auf Schwedisch. Vater dreht sich um.
»Hej«, ruft er und winkt. »Das ist Katriina«, sagt er zu mir und geht auf die Trennwand aus Glas zu. Er hat mir erzählt, dass ihn eine schwedische Familie zum Flughafen gebracht hat und wir von ihnen in Vaters Wagen abgeholt werden. Ich schaue mir die reglos dastehenden Polizisten mit ihren Maschinenpistolen an, die an einem Gurt schräg vor ihrer Brust hängen. Ich folge Vater.
»Ah, das ist also Christian«, sagt die Frau und nickt lächelnd. »Hej, ich heiße Katriina.« Sie trägt ein dünnes Sommerkleid und Sandalen.
»Hej«, erwidere ich und versuche zu lächeln. Vater erzählt ihr irgendetwas über die Reise; es ist eigenartig, dass er hier mit einer fremden Frau redet und Mutter in Dänemark ist.
»Und wie war es, deine kleine Tochter zu sehen?«, erkundigt sich Katriina.
»Sehr schön. Und meine Frau freut sich, hierherzukommen.« Ich höre ein Geräusch und drehe mich um. Das Gepäckband steht still, die Koffer fliegen durch ein Loch in der Mauer. Ein dünner Schwarzer in einer schmutzigen hellblauen Uniform klettert durch das Loch und wirft die Koffer anschließend auf den Boden.
Wir suchen unser Gepäck und gehen zur Passkontrolle. Der Beamte starrt lange auf die Fotografie und lange auf mich. Ich versuche, ihn anzulächeln. Plötzlich greift er nach einem Stempel, knallt ihn auf ein Stempelkissen und in den Pass – drei verschiedene Stempel; schließlich nimmt er einen Kugelschreiber und schreibt noch einiges auf die Seite. Er gibt mir den Pass zurück.
»Welcome to Tanzania«, sagt er in einem merkwürdigen Englisch und lächelt breit. An der Zollkontrolle steht ein unablässig schwitzender dicker Mann. Er gibt mir mit einem Zeichen zu verstehen, dass ich meine Tasche öffnen soll. Mit seinen fleischigen Händen wühlt er darin herum, nimmt meinen Fußball heraus, sagt eine Menge Unverständliches und lächelt, während er den Ball auf den Boden springen lässt und wieder auffängt.
»Er meint, das sei ein guter Ball«, sagt Vater.
»Ist er ja auch«, sage ich und lächele den Mann an. Nervös. Ich weiß nicht, was sein Lächeln zu bedeuten hat. Gibt es ein Problem? Er legt den Ball zurück, malt mit einem Stück Kreide ein Kreuz auf die Tasche und schiebt sie mir mit einem Nicken zu.
»Football, very good«, sagt er. Vater ist vorausgegangen. Die schwedische Frau umarmt ihn. Mir reicht sie glücklicherweise die Hand. Sie hat große Brüste.
»Wie alt bist du?«, fragt sie mich auf Schwedisch.
»Dreizehn«, antworte
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