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1059 - Der Scharfrichter

1059 - Der Scharfrichter

Titel: 1059 - Der Scharfrichter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Geräusch einen inneren Frieden geben.
    Nur einen Schritt ging sie weiter, dann blieb sie wieder stehen.
    Nicht ohne Grund, denn Mary nahm die Veränderung wahr. Sie hatte etwas gerochen. Einen ungewöhnlichen Geruch. Alt, verbraucht und nach Erde riechend.
    Der Geruch war zuvor nicht da gewesen. Er mußte in der letzten Zeit in das Haus hineingetragen worden sein und hatte sich nun überall ausgebreitet. Sie konnte sich das nicht erklären. Der Geruch war einfach zu fremd für sie, und sie wußte, daß ihre Befürchtungen wahr geworden waren. Der Orkan hatte etwas mitgebracht.
    Aber was?
    Mary Pinter überlegte. Sie schaute sich um. Sie drehte den Kopf nach rechts und links. Der Flur lag vor ihr, auch die Treppe, die sich nur schattenhaft andeutete. Ein dunkles Grau verschluckte alles und ließ jede Kontur zerfließen.
    Etwas Fremdes hatte ihr Haus betreten und diesen verdammten Geruch hinterlassen. Sie schnüffelte einige Male, und sie wollte den Gestank sogar schmecken.
    Spürte sie ihn auf der Zunge? Schmeckte er nicht auch nach Blut und Sünde?
    Die verrücktesten Ideen schossen ihr durch den Kopf. Das klare Denken war ihr längst verwehrt worden. Sie dachte nur noch daran, in einer Falle zu stecken, die andere ihr gestellt hatten.
    Plötzlich störte sie die Dunkelheit. Sie wollte sie nicht mehr haben. Es konnten sich Verstecke ergeben. Wer war im Haus? Ein Tier? Ein Mensch? Ihre Gedanken überschlugen sich und waren nicht mehr voneinander zu trennen. Das Gefühl einer Panik stieg in ihr hoch, und sie tat das einzig Richtige, um sich zu retten.
    Mit einer raschen Bewegung drehte sich Mary Pinter nach links.
    Dort war die Wand, dort war auch der Lichtschalter. Es klickte leise, als sie ihn bewegte.
    Im Flur wurde es hell.
    Sie sah die Treppe, die Garderobe, die Haustür, den schmalen Flur, und das alles war so herrlich normal.
    Der Eindringling war es nicht!
    Er stand da und starrte sie an. Zwischen der Garderobe und der Treppenseite hatte er sich aufgebaut. Eine Gestalt wie aus einem Horrorfilm, schrecklich und böse.
    Etwas, das es nicht geben und das nicht wahr sein durfte, das aber stimmte, denn sie bildete sich dieses Verfluchte Monstrum auf keinen Fall ein.
    Es wunderte Mary, daß sie in der Lage war, eine Frage zu stellen.
    Wie von selbst glitten die Worte aus ihrem Mund. »Wer bist du?«
    Und sie erhielt Antwort. »Ich bin der Scharfrichter…«
    ***
    Mary Pinter hatte die Worte gehört und versuchte, darüber nachzudenken. Das gelang ihr nicht. Es lag wohl an der Gestalt des Scharfrichters selbst, daß sie dazu nicht kam. Sie war einfach zu dominant, präsent und zugleich schrecklich.
    Ein großer Mann, der gebeugt auf der Stelle stand. In graue Lumpen gekleidet. Er trug eine Jacke, die vorn offen stand, so daß sie wie ein Flatterhemd wirkte. Die Hose schien nur aus Falten zu bestehen und glich einer Ziehharmonika. Sie wurde von einem Strick gehalten, der zweimal um den Körper geschlungen war, um einen Gürtel zu ersetzen. Die Gestalt war kräftig. Auf dem blanken Oberkörper, der zwischen den beiden Jackenhälften hindurchschimmerte, sah sie schlecht verheilte Wunden, die auch das Gesicht erreichten.
    Welch ein Gesicht!
    Der Kopf eines Menschen. Bedeckt mit dünnen Haaren. Das klumpige Gesicht mit der dicken Nase, den wulstigen Lippen und den Wangen, die wie aufgeblasen wirkten. Ein böser und kalter Ausdruck lag in den Augen. Auf der hohen Stirn zeichnete sich der Schmutz ab, und auch an den Schuhen klebte Lehm.
    Wie damals auch bei Douglas, dachte Mary und wollte die Augen schließen, weil sie glaubte, daß die Gestalt dann verschwinden würde. Denn so etwas konnte nicht wahr sein. Das bildete sie sich einfach ein. Das gab es nicht im richtigen Leben.
    »Was willst du?« Wieder wunderte sie sich darüber, daß sie Worte fand.
    »Meinen Lohn…«
    Die Antwort erstaunte sie. Das Herz schlug schnell. Sie preßte die Hand gegen die Brust.
    »Welchen Lohn…?«
    »Den ihr mir schuldet!«
    Mary Pinter rang nach Luft. »Schulden? Wieso Schulden? Ich… ich … weiß nichts davon …«
    »Doch, ihr wißt es. Ihr wißt alles. Du hast mich um meinen Lohn betrogen, auch du!«
    »Nein!« rief sie schnell. »Das stimmt nicht. Das kann nicht wahr sein. Ich habe dich nicht betrogen. Ich weiß nichts von dir. Ich habe dich nie gesehen.«
    »Alle haben mich betrogen. Ihr alle habt es getan. Keiner von euch kann sich drücken. Ihr seid schuldig. Und da ihr mich nicht entlohnt habt, werde ich mir den Lohn selbst

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