1065 - Die Superviren
er wahrscheinlich selbst nicht, denn er verweigerte jede Auskunft darüber.
Als Deighton die Forschungsstation betrat, begrüßten ihn Kirt Dorell-Ehkesh und Adelaie. Die beiden nahmen schon seit Monaten eine Funktion inne, die immer dann zum Tragen kam, wenn etwas Ungewöhnliches geschah. Demos Yoorn hatte diese Aufgabe als die von Organisatoren bezeichnet.
„Wir haben Sarga Ehkesh nicht finden können", berichtete die Laborantin. „Es sind noch Suchkommandos unterwegs. Aber wir haben auch eine interessante Neuigkeit von positivem Charakter. Jakob Ellmer und Parnatzel haben das Mädchen Srimavo gefunden.
Sie müssen jeden Moment hier eintreffen. Sie haben sich über Funk angekündigt."
Gemeinsam begab man sich in den Versammlungsraum, der im Verwaltungsgebäude neben der Funkzentrale lag. Weitere wissenschaftliche Mitarbeiter waren dort versammelt.
Der Gefühlsmechaniker streckte unbewußt seine besonderen Sinne aus, aber er konnte an den anwesenden Menschen nichts Ungewöhnliches entdecken.
Das änderte sich rasch, als ohne Ankündigung Jakob Ellmer in den Raum stürmte.
„Hier stimmt etwas total nicht", polterte der Mann los. „Wir sind am späten Abend von der Station abgeflogen und waren höchstens zwei Stunden unterwegs. Kurz nach Sonnenuntergang haben wir Srimavo gefunden. Das war höchstens 25 Kilometer von hier. Dort haben wir uns etwa eine halbe Stunde aufgehalten. Und jetzt ist es schon fast Vormittag. Mir fehlen mindestens zehn Stunden."
Deighton spürte, daß der ehemalige Raumfahrer sehr erregt war. Er war sogar verwirrt.
Daraus folgerte der Gefühlsmechaniker, daß Ellmer auch die Wahrheit sagte.
„Ich verstehe dich nicht ganz, Jakob", meinte er vorsichtig.
Die beiden Männer kannten sich aus dem HQ-Hanse. Dort war Ellmer dem Gefühlsmechaniker als ruhiger und sachlicher Mann erschienen.
„Es ist ganz einfach und doch kompliziert, Gal", versuchte Ellmer eine Erklärung zu finden. „Nach meinem Zeitgefühl, das mich noch nie getäuscht hat, ist es jetzt kurz vor Mitternacht. Oder anders ausgedrückt, jemand hat Parnatzel und mir ein paar Stunden unserer Zeit geklaut."
„Srimavo?" warf Kirt ein.
„Unsinn." Jakob Ellmer war erbost. „Sie ist ein normales Mädchen."
„Das sich monatelang allein in der Wildnis aufhalten kann, ohne Schutz und ohne Nahrung", ergänzte der Wissenschaftler. „Das glaubst du doch selbst nicht."
Galbraith Deighton war in Terrania Sri nur einmal begegnet. Er war damals zurückgeschaudert, weil er mit den Ausstrahlungen des Mädchens nichts anfangen konnte. Sie war ihm unheimlich, aber auch irgendwie bekannt vorgekommen.
„Wo ist sie?" fragte er. „Ich möchte sie sehen."
„Parnatzel hat sie in die Medo-Station gebracht", antwortete Ellmer. Dann drehte er sich Kirt Dorell-Ehkesh zu.
„Du meinst wirklich, sie könnte den Zeitablauf für sich und Parnatzel und mich verändert haben?"
„Ich meine gar nichts, außer, daß etwas nicht stimmt. Für mich gibt es keinen Zweifel daran, daß Srimavo kein normaler Mensch ist."
Deighton bat darum, in die Medo-Station geführt zu werden. Er wollte sich mit eigenen Augen ein Bild von der kleinen Sphinx machen.
Doch daraus wurde zunächst nichts.
Vlora Montana rief über Funk.
„Quiupus Gebilde zerbirst wohl endgültig", berichtete sie. „Er tobt wie ein Verrückter."
Sie liefen in den Nebenraum, um sich die Funkbilder anzusehen, die von der JINGUISEM übertragen wurden.
Es war so, wie die Kommandantin gesagt hatte. Die Haut der Wolke war völlig verschwunden. Sie trieb in losen Fetzen um einen Pulk aus winzigen Körpern, die sich teilweise zusammenballten und teilweise abtrieben.
Mitten in dem Getümmel bewegte sich Quiupu in seinem Raumanzug. Er schleppte an langen Leinen verschiedene Geräte mit sich, die er an geeigneten Stellen postieren wollte. Ob ihm dies gelang, war nicht zu erkennen.
Dann schaltete sich der Virenmann auf die Funkverbindung nach Lokvorth. Seine Stimme klang traurig, aber er schien sich mit dem Schicksalsschlag abgefunden zu haben.
„Ich habe die Einzelteile notdürftig unter Kontrolle", berichtete er. „Es droht wohl niemand eine wirkliche Gefahr. Es ist ein Jammer. Über zehn Millionen Teile habe ich aufbauen können. Aber es ist mir nicht gelungen, sie wirklich zusammenzufügen. Die Brutwolke ist zu früh geborsten. Nun muß ich praktisch von vorn anfangen, um ein größeres Virengebilde zu schaffen. Allein für das Einsammeln der Teile werde ich Wochen oder gar Monate
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