1074 - Das Templerkreuz
die Treppe hinab nach unten ging, ohne sich um irgendwelche anderen Dinge zu kümmern. Aber Bill wollte ihn aufhalten. Er konnte ihn nicht entkommen lassen, denn als Geisel war er wichtig. Eine andere Möglichkeit, diesem Turm und auch den Kugeln zu entkommen, sah der Reporter nicht. Den Vorsatz, sich dem Mann in den Weg zu stellen, hatte er aufgegeben. Deshalb blieb er dicht an der Wand stehen.
Auch Sheila war der ungewöhnliche Gang des Killers aufgefallen. »Was ist denn mit ihm, Bill?«
»Ich habe keine Ahnung!«
Ihr kurzer Dialog mußte gehört worden sein, doch der Mörder kümmerte sich nicht darum. Er reagierte überhaupt nicht. Wie eine ferngelenkte menschliche Puppe ging er weiter und ließ sich durch nichts von seinem Tun ablenken.
Plötzlich befand er sich mit dem Reporter auf gleicher Höhe. Jetzt war der späteste Zeitpunkt für einen Angriff eigentlich gekommen, aber der andere ging weiter. Er hatte Bill nicht einmal einen Blick zugeworfen.
Und noch etwas war dem Reporter aufgefallen. Hundertprozentig konnte er es nicht sagen, aber ihm war gewesen, als hätte dieser Killer nicht mehr geatmet. Jedenfalls hatte Bill nichts vernommen.
Die nächste Stufe.
Jetzt hielt er sich genau zwischen Bill und Sheila auf. Weiter wollte der Reporter ihn nicht kommen lassen. Von der Wand stieß er sich blitzschnell ab, und es war nur ein kurzer Weg, um den Killer zu erreichen. Bill befand sich hinter seinem Rücken und eine Sekunde später direkt bei ihm.
Mit dem linken Arm umschlang er die Brust des Mannes und drückte auch dessen Arme dicht an den Körper. Der rechte Arm lag höher. Mit ihm die Hand mit dem Messer.
Die scharfe Klinge berührte die Kehle des Killers. Bills Hand hatte sogar noch etwas gezuckt und die Haut leicht eingeschnitten. Ein Stöhnlaut oder ein leiser Schmerzschrei waren nicht aus dem Mund gedrungen. Der Killer tat überhaupt nichts. Er wollte auch nicht mehr weitergehen, denn der Druck nach vorn blieb aus. So konnte Bill die Klinge normal an seine Kehle legen.
Die Situation stand unentschieden und zugleich auf der Kippe. Mit einem derartigen Vorgang hatte Bill nicht gerechnet. Er war sicher, daß der andere versuchen würde, zu reden. Zu sehen, daß er aus dieser Lage hervorkam, doch er tat nichts von dem, was auch Sheila wunderte.
Sie hatte alles verfolgt, und auch ihr war das ungewöhnliche Verhalten des Mannes aufgefallen. Sie war jetzt überzeugt, daß mit ihm etwas nicht stimmte. Innerhalb kürzester Zeit hatte der Killer eine extreme Veränderung durchgemacht.
Bill hielt ihn fest. Er wollte ihn ansprechen, als Sheila ihren Platz dicht an der Wand verließ, eine Stufe höherging und dann in die Mitte trat. Noch immer stand sie unter dem Mann, mußte zu ihm hochschauen, und schüttelte den Kopf.
»Bill, der ist nicht mehr normal.«
»Das befürchte ich auch.«
»Atmet er denn?«
Genau diese Frage hatte sich der Reporter auch gestellt. Bisher war ihm die Antwort verborgen geblieben, auch jetzt konnte er nichts sagen, denn Sheila kam ihm zuvor. »Ich glaube nicht, man sieht nichts. Wie fühlt er sich denn an?«
»Keine Ahnung. Nur steif…«
»Halte ihn fest, Bill!« flüsterte Sheila, »halte ihn nur richtig fest, bitte.«
»Was hast du denn vor?«
»Wirst du gleich sehen.« Sie ging dem Killer entgegen, um dicht an ihn heranzukommen. Daß er sich eventuell wehren oder treten konnte, daran dachte sie nicht. Sheila war schon längst über den eigenen Schatten gesprungen, jetzt wollte sie den Weg auch weiterhin gehen und hob die rechte Hand an, um den Killer zu berühren.
Sie hatte sich seine Hand ausgesucht. Zuerst fuhr sie mit den Fingerkuppen über die Haut hinweg und spannte sich, denn sie fühlte nicht das, was sie sich vorgestellt hatte. Die Haut war da wie bei jedem Menschen, aber sie hatte sich verändert. Da gab es keine Wärme mehr. Auch keinen Schweiß. Alles Natürliche war verschwunden.
»Hast du etwas entdeckt, Sheila?«
»Warte noch.« Sie wollte es jetzt genau wissen. Ihre Hand strich am Körper des Mannes entlang und näherte sich dem Gesicht. Das war jetzt der wichtigste Punkt. Hier würde sie erfahren, ob sich ihr Verdacht bestätigte. Außerdem stand sie sehr dicht bei ihm, so daß sie einen direkten Blick in das Gesicht des Killers werfen konnte.
Da regte sich nichts. Es blieb starr. Es sah aus wie immer, aber es hatte keinen Ausdruck mehr.
Plötzlich zitterte sie. Es war nicht möglich, eigentlich nicht. Es war ein Unding, aber zugleich auch eine
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