1077 - Die Voodoo-Frau
uns durch Handschlag. Seine Hände waren sehr gepflegt, und auch der Ring mit dem dunklen Stein paßte irgendwie zu ihm und sah nicht protzig aus.
Wir tauschten die üblichen Floskeln aus, wobei dies alles auf einen Geschäftsbesuch hinwies. Dann bat er uns, Platz zu nehmen, und wir setzten uns in die bequemen Sessel, nicht weit von dem einzigen großen Fenster entfernt.
Wir hätten Wasser und Säfte trinken können. Es stand alles bereit, aber wir verzichteten darauf, und auch Jerry Kon kam gleich zur Sache. Er sparte sich die üblichen Floskeln, die gerade bei den Chinesen dazugehörten.
Sein Blick hatte sich etwas entspannt. Mir war schon aufgefallen, wie scharf er uns beim Eintreten gemustert hatte. Nun allerdings gab er sich entspannt, was auch Tünche sein konnte.
»Ich bin über Ihr Problem informiert«, begann er, »und ich weiß natürlich, wer sie sind. Wir Chinesen oder auch nur Halbchinesen wie ich sind sehr stolz darauf, daß es einer von uns geschafft hat, dem Gesetz so zu dienen wie es bei Suko der Fall ist. Denn jeder von uns ist bemüht, die Gesetze einzuhalten.« Er hatte es so gesagt, als würde er selbst daran glauben, und ich mußte an mich halten, um nicht die Augen zu verdrehen. Um die Grenzen der Höflichkeit einzuhalten, blieb ich ruhig und sagte nichts.
»Danke, daß Sie so denken«, erwiderte Suko.
»Ich habe auch schon andere Zeiten erlebt und weiß, daß Streit nichts bringt. Deshalb bin ich auch bemüht, der Executive des Landes, in dem ich lebe, immer wieder einen Gefallen zu erweisen und alles zu tun, was in meinen Kräften steht, auch wenn es mir manchmal sehr schwerfällt, weil es doch Schwierigkeiten geben kann.«
»Das wissen wir, Jerry«, erklärte Suko. »Und wir sind Ihnen auch dankbar, daß Sie sich bemüht haben.«
Kon zeigte sich zufrieden. Zumindest lächelte er so. Was allerdings dabei echt und was Schauspielerei war, fand ich nicht heraus. »Ich habe vorhin gewisse Schwierigkeiten angesprochen und muß Ihnen leider sagen, daß Ihr Problem auch für mich sehr schwierig ist. Es ist nicht einfach, da eine Lösung zu finden.«
»Aber Sie haben sich bemüht?« fragte ich, »sonst säßen wir nicht hier.«
»Das stimmt.«
»Dann können Sie uns helfen?«
»Zumindest werde ich es versuchen, Mr. Sinclair. Das Problem, das Sie beide beschäftigt, gibt es offiziell ja nicht. Gewisse Dinge sind verboten und müssen auch verboten bleiben. Nur gibt es immer wieder Menschen, die sich darüber hinwegsetzen. Ich bin deswegen auch traurig, aber man kann es nicht ändern. Man kann nur versuchen, sie unter Kontrolle zu halten und sie aus der Ferne zu beobachten.«
»Sie sind aber informiert?« fragte ich.
Er nickte mir zu. »In gewisser Hinsicht schon, auch wenn ich mit dem Problem nicht unbedingt etwas zu tun habe. Aber ich kann Ihnen schon helfen. Vorausgesetzt, auch Sie sind mir behilflich und spielen dabei mit.«
»Was bedeutet das?«
»London mag eine offene Stadt sein, Mr. Sinclair, und trotzdem gibt es Orte, die versteckt und für die meisten Menschen, die hier leben, tabu sind.« Er bewegte seine Hände wellenförmig. »Sie wollen mehr im Untergrund bleiben. Es gibt ja eine Subkultur, das brauche ich Ihnen nicht zu sagen.«
»Klar, das wissen wir. Aber diese Subkultur kann manchmal auch ein Sumpf sein, den wir natürlich trockenlegen wollen.«
»Man sollte da vorsichtig sein.« Er schaute Suko an. »Das hatte ich Ihnen gesagt.«
»Wir werden uns auch daran halten. Wichtig ist, daß Sie uns ein Stück weiterhelfen.«
»Gut, ich habe mich entschlossen, es zu tun. Und Sie haben mir versprochen, daß mein Name nie genannt wird.« Er räusperte sich. »Deshalb werde ich Sie an den bestimmten Platz heranfahren lassen. Es steht ein Wagen bereit. Sie werden dabei leider einige Unannehmlichkeiten auf sich nehmen müssen.«
»Was bedeutet das?« fragte ich.
»Daß Sie Ihren eigenen Wagen nicht benützen können. Ich lasse Sie direkt in die Nähe fahren. Wenn Sie ausgestiegen sind, werden Sie vergessen, daß ich es gewesen bin, der Ihnen die Hilfe gewährt hat, denn ich möchte keine Unannehmlichkeiten erleben. Ich kann Ihnen nur sagen, daß sie in das alte Bad gehen sollen. Das ist alles.«
»Bad?« fragte ich.
»Ja, ein Schwimmbad. Ähnlich wie die Bäder in Ungarn. Nur nicht mehr in Betrieb. Dort sind Sie dann auf sich allein gestellt. Vielleicht kennen Sie die Jugendstil-Bäder, die schon einen gewissen Charme haben. In London gibt es sie auch. Sie werden nicht mehr
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