1083 - Das Mondschein-Monster
finden. Es glitt in seinen Körper hinein und streute nicht nur über ihn hinweg. Es war so wunderbar für den einsamen Druidenfürsten. Er konnte es genießen, aber er schloß seine Augen nicht, sondern hielt sie auch weiterhin weit offen, damit auch dort hinein das Licht des Aibon-Mondes dringen konnte.
Guywano badete in seinem Schein. Auf dem Gesicht weichten die Züge nicht auf. Die neue Kraft ließ sie eher härter erscheinen, und es stach auch in seine Augen hinein, die von diesem Licht erfüllt wurden.
Eine Zeit hatte sich der Druidenfürst nicht gesetzt. Er würde so lange stehenbleiben wie er es für nötig hielt und erst danach seinen Plan fortsetzen.
Der Wind umspielte ihn, aber er war nicht zu hören. Nicht einmal ein leises Säuseln, das sich zwischen den Felsen fing und auch entsprechende Lücken suchte.
Kein Tier, kein Mensch ließ sich blicken. In dieser Umgebung war alles tot. Die hohen Felsen, davor der Druidenfürst und viel kleiner als der Hintergrund. Trotzdem nicht als Zwerg anzusehen, denn seine Gestalt strahlte auch eine gewisse Macht aus. So wirkte er wie ein Mensch, der die Felsen beherrschte und nicht umgekehrt.
Guywano bewegte sich nicht. Einem Beobachter wäre es vorgekommen, als wollte er auf einen bestimmten Zeitpunkt warten, um danach das tun zu können, was er tatsächlich vorhatte.
Der Himmel blieb unverändert. Nicht richtig hell, nicht richtig dunkel. Nur vom Licht gebadet, das sogar noch die Kraft besaß, auch in der Ferne zu leuchten. Dort allerdings schwächer, wie ein am Rande der Welt entstandenes Wetterleuchten.
Es passierte urplötzlich. Guywano, der seine Hände hoch- und vorgestreckt hatte, zuckte leicht zusammen. Bei ihm war es so etwas Ähnliches wie ein Startzeichen, denn er drehte sich auf der Stelle um und schaute nun auf die hohe Felswand.
Es sah so aus, als wollte er wieder darauf zugehen. Das tat er auch, allerdings ließ er sich dabei Zeit.
Er ging mit langsamen Schritten vor. Die Felswand war nicht dicht. Für einen Moment sah es gefährlich für den Druidenfürsten aus, doch er kannte den Weg und lief nicht gegen das harte Gestein.
Es gab eine genügend breite Lücke, die ihn schluckte, ohne daß er sich zu drehen oder zu wenden brauchte. Noch ein letzter Schritt nach vorn, dann hatte ihn der Fels verschluckt, wie jemand, den er nicht mehr loslassen wollte.
Es blieb still in diesem Massiv.
Kein Laut zunächst. Kein Atmen, keine Stimme. Nur der blanke, grünfahle Aibonmond glotzte stumm nach unten und badete das Gestein in seinem Licht.
Die Stille hielt nicht lange an. Zwischendurch erklang ein Schaben und Knarren. Stöhnen, vielleicht auch Wimmern, so genau, war es nicht zu erkennen. Unheimlich klingende Geräusche, die ineinander übergingen. Vielleicht ein Schrei?
Alles war möglich.
Das zittrige Licht, ebenso bleich wie das des Mondes. Es drang jetzt aus der Felsspalte hervor und bewegte sich. Ein rauhes Lachen war zu hören. Es gehörte nicht zu der Stimme des Druidenfürsten.
Da hatte sich jemand anderer bemerkbar gemacht.
Das Lachen verklang.
Schritte waren zu hören. Begleitet von dumpfen Lauten. Beides nahm zu. Im Spalt, der gar nicht so schmal war, bewegte sich wieder etwas und drängte immer weiter dem Ausgang entgegen.
Dort erschien eine Gestalt. Es war nicht Guywano, es war ein anderer, der sich ins Freie schob.
Größer als er.
Unheimlicher.
Wie aus Stein geschaffen und trotzdem lebend. Und noch etwas hatte sich in dieser Gestalt festgesetzt.
Das Licht des Mondes…
***
Die Kollegen waren schon am Fundort, und wir waren zufrieden, weil unser Freund Chief Inspector Tanner den Einsatz leitete, denn er hatte uns auch Bescheid gesagt.
Mit dem Wagen waren wir in die Nähe gefahren, hatten den Rover abgestellt und ihn verlassen.
Ich ging noch nicht auf die Absperrung zu, vor der sich die Neugierigen drängten, obwohl nichts zu sehen war. Aber die Polizei lockte eben immer Gaffer an, wenn sie unterwegs war.
Ich gönnte mir einen Rundblick.
Es war einfach schön, den herbstlich gefärbten Hyde Park zu betrachten. Diese Jahreszeit gehörte zu meinen liebsten, und an diesem Tag konnte man tatsächlich von einem goldenen Oktober sprechen, der manche Blätter aussehen ließ wie gelbgoldene Taler. Andere zeigten ein helles Rot oder schmutziges Gelb. Dann wiederum sah ich das Laub, das sich schon zu einem violetten Farbton verfärbt hatte. Hier hatte die Natur ihre gesamte Palette an Farben einfach ausgekippt und über das Laub
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