Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1086 - Der Vampir und der Engel

1086 - Der Vampir und der Engel

Titel: 1086 - Der Vampir und der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
einzuschätzen.
    Auf ihn hatte sie unruhig gewirkt, gehetzt, auch übermüdet und abgeschlafft. Ob es bei ihr am körperlichen oder am seelischen Streß lag, wagte er nicht zu beurteilen, aber er setzte beides gleich an.
    Auch seelischer Streß kann schlimm sein und dazu führen, daß sich ein Mensch etwas einbildet, das nicht vorhanden ist. Dann verwechselt er seine Phantasien mit der Wirklichkeit.
    Estelle Crighton hatte geschwiegen und Bill nur beobachtet. Sie merkte, daß er nicht zurechtkam und sagte mit leiser Stimme: »Sie glauben mir nicht - oder?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Es ist auch schwer, wenn nicht unmöglich«, gab sie seufzend zu. »Aber ich weiß nicht, an wen ich mich sonst hätte wenden sollen. Ich konnte ja nicht schreiend durch den Zug laufen und jedem erzählen, was mir widerfahren ist.«
    »Da haben Sie recht.« Er schaute ihr fest in die Augen, und sie hielt seinem Blick stand. »Wenn ich Ihnen tatsächlich glauben soll, Estelle, dann sollten Sie mir die ganze Geschichte von Beginn an erzählen. Das ist wohl am besten.«
    »Das denke ich auch, aber Sie müssen mir versprechen, mich nicht auszulachen oder mich für verrückt zu halten.«
    »Auf keinen Fall.«
    Sie trank die ersten Schlucke Kaffee. Danach gab es kein Halten mehr.
    Estelle redete schnell und flüsternd.
    Ein Wort schien das andere überholen zu wollen, so daß Bill große Mühe hatte, alles zu verstehen.
    Es hörte sich wirklich so unglaublich an, was ihm da zu Ohren kam, doch Bill war auch ein Mensch, der selbst die unglaublichsten Geschichten nicht in das Reich der Fabel abtat. Dazu hatte er einfach schon zu viel in seinem Leben erlebt, und auch jetzt lächelte er nicht, damit die junge Frau nicht abgelenkt wurde.
    Sie hatte sich nicht in Rage geredet, doch schon aufgeregt. Die Blässe war verschwunden. Auf den Wangen schimmerten rote Flecken wie große Muttermale.
    »So genau ist es gewesen, Bill. Ich habe nichts hinzugefügt, und ich war froh, hier in den Speisewagen flüchten zu können. Das müssen Sie mir glauben.«
    »Ganz bestimmt, Estelle.«
    Sie wollte es noch nicht fassen. »Lügen Sie mich auch nicht an?«
    »Nein!«
    Sie wollte es genau wissen und starrte ihn an. »Ja, ich glaube Ihnen. Ich sehe keine Falschheit in Ihren Augen. Sie werden mich nicht auslachen, Bill.«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Das hätte jeder getan.«
    »Ich bin nicht jeder.«
    »Dann glauben Sie mir?«
    »Ja!«
    Estelle Crighton wußte nicht, was sie hinzufügen sollte. Sie saß da, und plötzlich schimmerten Tränen in ihren Augen. Sie zog die Nase hoch, nahm die Serviette und putzte ihre Augen ab. »Es ist unglaublich, Bill. Ich dachte schon, ich… ich wäre verrückt. Aber das Schicksal hat es auf der einen Seite gut mit mir gemeint, daß ich ausgerechnet Sie gefunden habe. Ich selbst oder ich allein wäre in den folgenden Stunden verrückt geworden.«
    »Soweit wollen wir es nicht kommen lassen, Estelle. Sie haben mir den Mann beschrieben. Ich habe ihn hier im Zug noch nicht gesehen…«
    »Seien Sie froh.«
    »Das weiß ich nicht. Haben Sie etwas dagegen, daß ich ihn mir einmal anschaue?«
    Das Mannequin versteinerte im Sitzen. »Anschauen? Einen Vampir ansehen und…«
    »Natürlich.«
    Sie schluckte einige Male. »Wissen Sie denn, was dabei passieren kann, Bill?«
    »Sie rechnen damit, daß er mich anfällt, um mein Blut zu trinken, nicht wahr?«
    »So können sie existieren«, flüsterte sie. »Das habe ich ihm Kino gesehen und auch gelesen. Ich weiß ja immer noch nicht so recht, was ich glauben soll. Ich kann es einfach nicht fassen, daß es diese Existenzen wirklich gibt.«
    Bill wollte das weder bestätigen noch ablehnen. »Wir werden sehen«, sagte er nur.
    Estelle nahm es als einen abschließenden Satz hin und fragte: »Was haben Sie jetzt vor?«
    »Ich weiß ja, wo sich Ihr Abteil befindet. Ich werde hingehen und ihn mir ansehen.«
    »Nein!«
    Er lacht sie an. »Warum denn nicht? Ich möchte Klarheit haben. Wir müssen wissen, auf was oder wen wir uns einzustellen haben. Mal sehen, ob ich aus ihm etwas herausbekommen kann.«
    Estelle sagte nichts. Sie begann zu zittern, trank hastig einen Schluck Kaffee und wischte danach ein paar Tropfen ab, die an ihrem Kinn entlang rannen.
    Bill wollte nicht, daß sie mitkam. Er war schon im Begriff, sich zu erheben, als sein Blick den Gang entlang bis hin zur Tür glitt. Sie hatte sich bewegt, und ein neuer Gast war in den Speisewagen gekommen.
    Der Reporter hatte sehr

Weitere Kostenlose Bücher