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1086 - Der Vampir und der Engel

1086 - Der Vampir und der Engel

Titel: 1086 - Der Vampir und der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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du recht und folgerichtig gedacht. Aber es wird schwierig sein, ihn zu überzeugen. Wir können nicht die Wahrheit sagen, obwohl wir es müßten. Wer glaubt schon an Vampire?«
    Aus ihren hellen Augen schaute Estelle ihn an. »Ja, wer glaubt schon an Vampire. Ich habe es auch nicht getan.« Sie schüttelte sich. »Und nun muß ich erleben, daß es sie doch gibt. Das ist wirklich nicht zu fassen. Aber ich bin auch nicht mehr die Person, die ich einmal zu sein glaubte. Etwas ist mit mir passiert oder ist schon immer so gewesen. Ich weiß es nur nicht. Am besten wäre es für alle, wenn York den Zug verlassen hätte. Aber so groß wird seine Angst vor mir nicht gewesen sein.«
    »Die für mich nach wie vor ein Rätsel ist«, sagte Bill.
    »Für mich auch«, gab Estelle zu. Sie lehnte sich plötzlich an den Reporter wie jemand, der Schutz braucht. »Ich komme einfach nicht damit zurecht. Irgendwie hänge ich durch. Ich spüre zwei Seelen in meiner Brust. Ich bin ein Mensch, ich bin Model von Beruf, mir geht es gut, und trotzdem habe ich den Eindruck, eine andere Person zu sein. Kannst du das begreifen?«
    »Ja!«
    Sie war überrascht. »Das sagst du nur so, Bill.«
    »Nein, auf keinen Fall. Ich kenne mich aus, Estelle. Ich habe es auch akzeptiert, daß sich ein Blutsauger durch den Zug bewegt. Ich war überrascht, aber nicht ungläubig.«
    »Ja, das habe ich bemerkt. So wie du hätte kaum ein zweiter reagiert, Bill.«
    »Zumindest nicht so viele.«
    Sie trat wieder zurück, um ihn anschauen zu können. »Wer bist du, Bill? Du bist doch kein normaler Mann. Ich meine, das bist du schon. Auf der anderen Seite…«
    »Ich bin ein Reporter und gehe eben mit offenen Augen durch die Welt. Das sollte dir schon genügen.«
    »Okay, wie du meinst.«
    Bill wußte, daß Estelle Crighton mit Problemen behaftet war, die sie auch gern loswerden wollte, doch er fragte nicht nach ihrer Jugend oder Kindheit, obwohl sie dort ein einschneidendes Erlebnis gehabt hatte, dessen Tragweite erst heute zur Geltung gekommen war. Sie grübelte, es war ihr anzusehen, und Bill legte einen Arm um ihren Rücken. »Ich denke, du solltest dich jetzt auf das Wesentliche konzentrieren, Estelle. Wir brauchen den Vampir, und es kann sein, daß nur du in der Lage bist, ihn zu stoppen.«
    »Was hast du genau vor.«
    »Du wirst ihn stellen. Ich hoffe, daß du die Macht haben wirst, ihn davon abzuhalten, Menschen anzufallen. Vielleicht haben wir Glück. Noch ist es ruhig.«
    »Ja, stimmt. Mein Leben hat sich in den letzten beiden Stunden nicht nur verändert, es ist sogar auf den Kopf gestellt worden. Das fasse ich nicht.«
    Bill gab ihr noch Zeit. Sie standen schweigend beieinander und spürten die Schwingungen des Zuges. Vor den Scheiben huschte die Landschaft vorbei, eingepackt in ein dunkles Grau, ohne Umrisse.
    Sie betraten den nächsten Wagen. Auch er gehörte noch zur Ersten Klasse. Sie befand sich im hinteren Bereich der Wagenschlange, und so brauchten sie nur in eine Richtung zu gehen, um die einzelnen Wagen durchsuchen zu können.
    Bill warf einen Blick auf die Uhr. Es würde noch dauern, bis die Tageswende erreicht war. Knapp zwei Stunden. Er fragte sich, ob der Blutsauger bis Mitternacht wartete oder vorher zuschlagen würde, um seine Gier zu befriedigen.
    Ein Gang, in dem eine einsame Gestalt stand. Der Mann rauchte und blies den Qualm gegen die Scheibe, wo er sich verteilte. Er drehte den Kopf, als die beiden näherkamen, aber er war harmlos.
    Um sie vorbei zu lassen, trat er zurück in sein Abteil, in dem er seine Zeitungen auf den Sitzen ausgebreitet hatte. Er zumindest war nicht angefallen worden.
    Sie schauten in die Abteile so weit es möglich war. Wenn Vorhänge zusammengezogen waren, mußten sie schon Lücken finden, die groß genug waren. Sie sahen die normalen Reisenden, aber einen Blutsauger entdeckten sie nicht.
    Weitergehen. Nicht sprechen. Konzentration. Er war da, das wußten beide. Aber er hielt sich versteckt wie jemand, der sich zurückgezogen hatte, um seine Wunden zu lecken.
    Bill fragte sich, ob auch der Vampir auf irgendeine Art und Weise verwundet worden war. Möglich war es. Die Begegnung mit Estelle hatte ihn aus der Bahn geworfen. Plötzlich stimmte nichts mehr bei ihm. Er hatte es nicht geschafft, die Zähne so tief in ihren Hals zu schlagen, um das Blut zu saugen. Kein Trank. Er mußte leer und hungrig bleiben, weil Estelle kein normaler Mensch war.
    Was dann?
    Bill grübelte, während er die Umgebung kontrollierte. Nicht

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