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1086 - Der Vampir und der Engel

1086 - Der Vampir und der Engel

Titel: 1086 - Der Vampir und der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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vorgestellt hast. Aber dann…«, sie hob die Schultern, »… dann ließ er plötzlich von mir ab.«
    »Warum tat er das?« Bills Stimme war nur ein heiseres Flüstern.
    »Das frage ich mich auch.« Sie nickte vor sich hin.
    »Er muß doch einen Grund gehabt haben.«
    »Bestimmt«, sagte sie leise.
    »Welchen?«
    Estelle Crighton faltete jetzt die Hände. »Ich war der Grund«, erklärte sie und schaute Bill dabei nicht an, sondern die Abteilwand, als wäre die Antwort für sie bestimmt. »Ich ganz persönlich, und ich muß etwas an mir oder auch in mir haben, das ihn störte. Wenn ich mich richtig daran erinnere, ist er sogar vor mir zurückgewichen, wie jemand, der Angst hat.« Sie verengte die Augen. »Begreifst du das, Bill?«
    »Nein.«
    »Warum soll ein Vampir vor einem Menschen Angst haben?«
    Bill ließ seine Beretta verschwinden, und das brachte ihn auf eine Idee. »Du hast keine Waffe bei dir, mit der du ihn vertrieben haben könntest?«
    »Nein, nie und nimmer.«
    »Dann bist du es wirklich gewesen.« Bill konnte nicht anders, er mußte lachen. »Begreifen kann ich es nicht, Estelle. So etwas ist mir noch nie vorgekommen. Glaub mir, ich kenne mich mit diesen verfluchten Blutsaugern aus.«
    Estelle nahm die Antwort hin, auch wenn sie so aussah, als wollte sie eine Frage stellen, aber sie verkniff sich die Worte. »Ich weiß es auch nicht, aber komisch ist es schon.«
    »Das ist wohl leicht untertrieben.«
    »Ich meine nicht das Erscheinen des Vampirs, sondern mehr mich. Ich muß etwas an mir haben, und das wiederhole ich auch gern, und ich bin auch selbst über mich überrascht oder sogar leicht entsetzt gewesen, weil ich auch an mir etwas Ungewöhnliches festgestellt habe.«
    »Was war das?«
    Sie hob die schmalen Schultern. »So genau kann ich es dir nicht sagen, aber es hat mich schon beunruhigt. Immer wenn ich gegen eine Scheibe oder einen Spiegel schaue, habe ich das Gefühl, mich zu verändern. Es beschränkt sich nur auf mein Gesicht. Ich sehe es in der Scheibe. Zugleich kommt es mir vor, als wäre es dabei, sich aufzulösen. Es geht weg, verschwindet, und damit komme ich nicht zurecht, das muß ich ehrlich sagen.«
    »Stimmt!«
    Estelle war von Bills Antwort überrascht worden. »Wie kannst du das so bestimmt sagen?«
    »Weil es mir auch aufgefallen ist. Wir saßen im Speisewagen, wir konnten uns gegenseitig in der Scheibe sehen. Ich sah mich klarer als dich, und auch mir fiel auf, daß dein Gesicht irgendwie innerhalb der Scheibe versickerte. Ich habe dem keine große Bedeutung beigemessen und schob es der Verschmutzung von außen zu. Jetzt, wo du es selbst angesprochen hast, erinnere ich mich daran.«
    »Und sollte der Vampir deshalb vor mir Angst gehabt haben?« fragte sie zweifelnd.
    »Ich sage mal ja.«
    »Schön.« Sie rang sich ein Lächeln ab. »Wo bleibt deine weitere Erklärung?«
    »Die habe ich leider nicht. Wir müssen die Dinge hinnehmen wie sie sind.« Bill lehnte sich zurück.
    »Du mußt bei dir nachforschen, denn es muß da etwas geben, das dich in diesen Zustand hineinbringt, der ja nicht normal ist.«
    Estelle antwortete nicht mehr. Sie stand auf und ging auf das Abteilfenster zu. Dicht davor stoppte sie ab. Ihr Gesicht mußte jetzt in der Scheibe zu sehen sein, und es war auch zu sehen, aber es dauerte nicht lange, da zerfloß es an den Rändern wieder, als hätten unsichtbare Hände daran gezupft.
    Bill hatte sich gedreht, so konnte er das Phänomen genau betrachten. Ihm blieb nichts anderes übrig, als sich zu wundern.
    »Jetzt sag du was, Bill!«
    »Kann ich nicht.«
    Estelle wischte über die Scheibe. Sie schien ihr eigenes Gesicht wegputzen zu wollen, aber es blieb, und es blieb auch bei der Auflösung an den Rändern. »Damit bin ich wirklich überfragt«, gab sie zu.
    »Es… es… tut mir leid.«
    »Die Lösung liegt trotzdem bei dir oder in deiner Vergangenheit begründet«, erklärte der Reporter.
    »Du mußt versuchen, dich zu erinnern. Ist dir irgendwas in deinem Leben widerfahren, für das du keine normale Erklärung hast?«
    »Nein!«
    Bill war nicht bereit, so schnell nachzugeben. »Bitte, Estelle, denke nach. Und denk nicht ein paar Jahre zurück, sondern weiter. Hinein in deine Jugend, in deine Kindheit. Hat es dort einen Vorfall gegeben, für den du keine Erklärung hast?«
    Das Mannequin stand noch immer vor dem Fenster und dachte nach. Bill sah, wie sich Estelles Hände zu Fäusten ballten und sich wieder öffneten. Daran konnte er ihre Erregung ablesen, und

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