1089 - Horrorland
Johnny schenke, weiß ich schon.«
»Ehrlich? Ich nicht.«
»Es wird eine CD-ROM sein und als Ausgleich auch zwei Bücher.«
»Gruselromane?«
Ich schob die Unterlippe vor. »Eigentlich nicht. Da haben die Conollys genug. Wenn er die auspackt, gehe ich lieber in Deckung, denn manchmal können Sheilas Blicke töten.«
Glenda mußte lachen. Sie kannte die Frau meines Freundes Bill ebensogut wie ich. Sie schielte auf die Uhr. »Ich denke, wir sollten uns so langsam in den Trubel stürzen.«
»Haben wir das nicht schon?«
»Aber nicht richtig.«
»Und wo führt unser Weg hin?«
»In ein Kaufhaus.« Sie leerte ihre Tasse. »Da, wo man alles unter einem Dach bekommt. Ich will nicht noch durch die Geschäfte irren. Einverstanden?«
»Ich freue mich schon.«
»Was?« Jetzt war die gute Glenda überrascht. »Wie kommt es zu deinem Meinungsumschwung?«
»Ich habe dir ja nicht gesagt, worauf ich mich freue. Ich freue mich einfach auf die Pause.«
»Jaaa… das dachte ich mir. So seid ihr Männer. Vor das Bier haben die Einkaufsgötter den Schweiß gesetzt. Dann mal hoch mit dir, Geisterjäger.«
Ich stand auf und nahm die Lederjacke von der Rückenlehne. Als ich hineinschlüpfte, war auch Glenda aufgestanden. Sie trug zu den blauen Jeans eine grasgrüne Jacke und darunter ein weißes Shirt.
Der Stoffmantel hatte eine graue Farbe, die mir zwar nicht so gefiel, aber Grau war ja in dieser Saison mehr als modern. Da brauchte man nur in die Schaufenster der Bekleidungsgeschäfte zu sehen. Alles Ton in Ton. Es sah aus, als sollten die Leute nur ihre Beerdigungskleidung kaufen.
Ich half Glenda in den Mantel, die ihren knallgelben weichen Schal lässig um den Hals wickelte. Im Café war es ziemlich warm. Wir mußten unsere beiden Frühstücke an der Kasse zahlen, und ich ließ auch Trinkgeld in einen Schlitz gleiten.
Dann gingen wir weiter, wobei sich Glenda bei mir einhakte. Es war später Vormittag, aber die Stadt platzte aus allen Nähten. Die Leute waren so zahlreich unterwegs, als wäre es der letzte Tag in ihrem Leben, an dem sie einkaufen wollten. Jeder drängte, wühlte, suchte und schimpfte. Nur sehr selten sah ich Menschen, deren Gesichter eine gewisse Freude zeigten. Im Gegensatz zu denen der Weihnachtsmänner und auch denen der Engel, die ein künstliches Lächeln zeigten, das wie eingefroren wirkte.
Es war glücklicherweise kälter geworden. Die Temperaturen bewegten sich knapp über dem Gefrierpunkt. Da ein recht starker Westwind blies, lohnte sich auch mein Schal, den ich um den Hals geschlungen hatte.
Wir ließen uns treiben. Ich allein wäre ja schneller gegangen und hätte versucht, mich an den einkaufenden Massen vorbeizudrücken, aber Glenda ließ es nicht zu. Des öfteren warf sie die Blicke in die Schaufenster der Geschäfte. Ob Kosmetikartikel, Dessous, normale Kleidung, Haushaltswaren, Schuhe und anderes mehr, was der Mensch brauchte oder auch nicht. Sie hatte für alles einen Blick, sogar für die ausgestellten Herrenklamotten.
»Was schenkst du mir eigentlich?« fragte ich.
Glenda lachte hell auf und blieb stehen. »Wie kommst du darauf, daß ich dir etwas schenke?«
»Hätte ja sein können.«
Sie legte ihren Kopf schief, und ihr Mund verzog sich zu einem Lächeln. »Hast du denn auch was für mich?«
»Laß dich überraschen!«
»Du dich auch.«
Ich hatte tatsächlich schon etwas besorgen lassen. Sheila Conolly war mir dabei behilflich gewesen. Keinen Schmuck, sondern ein wunderschönes Tuch aus weichem Kaschmir, das Glenda sich sowohl über ihre Schultern als auch über ihren Kopf streifen konnte.
Die Farbe war hellblau und paßte auch zu den meisten Teilen ihrer Winterkleidung, wie ich mir von Sheila hatte sagen lassen.
Was Suko und Shao besorgt hatten, war mir nicht bekannt. So etwas übernahm zumeist Shao. Sie war, wie ich erfahren hatte, mit Jane Collins und Sarah Goldwyn losgezogen, um Geschenke zu kaufen, und ich war mal wieder der letzte.
Mochte allen Menschen auch weihnachtlich zumute sein, mir nicht. Weihnachten war das Fest des Friedens, ich aber hatte den Tod einer jungen Frau erlebt, die mir sehr sympathisch gewesen war. Meine Gedanken konnte ich von dieser Tatsache einfach nicht weg bewegen.
Das Kaufhaus stand da wie ein großer Magnet, der die Menschen anzog, als wären sie aus Eisen. Natürlich war die Außenfassade festlich geschmückt. Selbst bei Tageslicht schimmerten die unzähligen Lichter. Sie waren zu Gebilden zusammengefügt. Tannenbäume, Girlanden,
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