1093 - Testwelt Cheyraz
größtenteils nicht bereit war, sich die Bevormundung durch die Porleyter gefallen zu lassen. Zwar hatten die Machtdemonstrationen der Fremden gehörigen Eindruck hinterlassen, und überdies hielt man sich, wenn auch widerstrebend, an die Empfehlung des HQ-Hanse, keine aktive Gegenwehr zu leisten, doch mußte Pert immer öfter zur Besonnenheit aufrufen, um ein Überkochen der Volksseele zu verhindern. Den Aktionen entschlossener Einzelgänger konnte er damit freilich nicht vorbeugen. So selten sie waren, bestand die Gefahr, daß andere sich davon anstecken ließen und sich unversehens ein Aufstand entwickelte.
Wir sitzen auf einem Pulverfaß! schoß es Pert durch den Kopf. Und Schuld daran ist die Relaisstation!
Das Handelskontor selbst war eher unbedeutend und diente hauptsächlich als Warenumschlagplatz. Keiner der 2010 Porleyter hätte sich auf Cheyraz persönlich blicken lassen, wenn die Großfunkanlage nicht gewesen wäre. Sie war der Grund, warum sich auf dem eigentlich recht kleinen Stützpunkt gleich zwei der Fremden aufhielten. Über die Relaisstation gingen alle Funksendungen von Hanse-Karawanen, die die Milchstraße in Richtung Andromeda verließen oder von dort ankamen. Wer die Macht über eine Organisation wie die Kosmische Hanse beanspruchte, dem blieb gar nichts anderes übrig, als den Funkverkehrs-Knotenpunkt zu überwachen.
Pert stand unwillig auf, weil er merkte, daß die Gedanken, die ihn beschäftigten, zu nichts führten. Unruhig ging er einige Schritte in seinem Büro umher, das trotz aller Funktionalität große Behaglichkeit ausstrahlte. Er selbst hatte in seiner Freizeit die Wände mit dunklem Holz verkleidet, in das sich Bildschirme und technische Apparaturen harmonisch einfügten. Der Boden war ganzflächig von einem Teppich bedeckt.
Verschiedene Einrichtungsgegenstände und ein wuchtiger Arbeitstisch - alles in warmen Farben gehalten - vervollständigten den Raum.
Gewöhnlich vermittelte dem Handelsrat diese Umgebung Ruhe und Entspannung.
Heute, nach dem Attentat und der Warnung der Porleyter, trug sie eher dazu bei, seine Nervosität zu steigern.
Er beschloß, sich auf andere Weise Ablenkung zu verschaffen, und verließ das Büro.
Sein Ziel war die Hafenkontrolle, die sich im Erdgeschoß des Verwaltungsgebäudes befand. Er betrat den Antigravlift und sank langsam nach unten.
In der Kontrollzentrale bot sich das übliche Bild. Fast alle Plätze in dem weiten Rund waren besetzt, und vielfältiges Stimmengewirr erfüllte den Raum. Handel und Umsatz hatten seit dem Auftauchen der Porleyter nicht gelitten. Die durch den Hyperraum-Destruktor verursachte Krise war mittlerweile bereinigt, und der Betrieb auf Cheyraz gestaltete sich nicht anders als seit der Gründung des Kontors im Jahre 307 NGZ.
Auf einem Monitor konnte Pert den Start eines Schweren Holks verfolgen, der soeben vom Landefeld abhob. Es war ein alltäglicher Vorgang, der von der Besatzung des Schiffes und von der Bodenkontrolle routiniert abgewickelt wurde.
Er setzte sich neben Martha Konnikheim auf einen freien Platz und schloß kurz die Augen.
„Daß du dich mal wieder blicken läßt!" sprach die Leiterin der Hafenkontrolle ihn an.
„Besuche von dir haben schon Seltenheitswert."
„Vielleicht kann ich diesen Umstand damit rechtfertigen, daß Verwaltung und Praxis mitunter völlig verschiedene Welten sind", entgegnete Pert und lächelte die hochgewachsene Frau an. „Außerdem habe ich in dir eine höchst zuverlässige Kraft, der man nicht dauernd auf die Finger schauen muß."
„Danke für die Blumen." Martha lächelte kokett. „Vermutlich ist hier auch zu wenig los, um dich öfter aus deinem Büro zu treiben. Ab und zu schaut mal ein Porleyter vorbei und erkundigt sich nach unserem Wohlbefinden, das ist aber auch schon alles.
Ansonsten gehen die Dinge ihren gewohnten Gang."
Dem Handelsrat gefiel ihre legere Art, mit der sie sich bei allen ihren Leuten ein großes Maß an Beliebtheit sicherte. Er wollte etwas erwidern, doch sie wurde abgelenkt, als auf ihrem Monitor das Gesicht eines Funkers aufleuchtete.
„Was gibt es, Coy?"
„Merkwürdige Sache", meinte Coy. „Ein Raumschiffskommandant hat sich bei mir gemeldet und faselt blödsinniges Zeug. Ich fürchte, er hat sich im Handelskontor geirrt..."
„Leg ihn auf meine Leitung."
Coy nickte erleichtert. Er schien froh, daß er das Gespräch loswurde. Sein Abbild machte dem feisten Antlitz eines anderen Mannes Platz.
„Nego Snaavaj", gab er sich zu
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