11 Kicker und ein falsches Spiel
verstohlen zu einem hohen Podest hinüber, auf dem ein goldglänzender Pokal steht. Angefasst hat den natürlich keiner von uns. SchlieÃlich bringt das Unglück.
Mira und ich haben uns beim Warmmachen einen vertrauten Blick zugeworfen. Jetzt brauchen wir Möller und Speckmann nicht mehr zum Mond zu schieÃen, sollte der bedeuten.
Die Schweizer formieren sich um den AnstoÃkreis, der Schiedsrichter bläst in seine Pfeife, die Zuschauer recken die Hälse - und wir? Wir stürzen uns mit Karacho auf den Gegner, als müsste das Spiel nach fünf Minuten entschieden sein. Das entspricht zwar nicht unbedingt Andis Marschroute, doch uns ist heute nicht nach Abtasten zumute. Wohl noch nie hat eine Mannschaft so befreit aufgespielt.
Nach fünf Sekunden haben wir den Schweizern den Ball abgejagt. Nach zehn Sekunden stürmt Paco mit der Kugel am Fuà die AuÃenlinie entlang. Nach dreizehn Sekunden flankt er aus vollem Lauf in den Strafraum, nach fünfzehn Sekunden knallt Flo den Ball volley aufs Tor - nach fünfzehneinhalb Sekunden lenkt Mira den Ball mit einem unglaublichen Reflex über die Latte. Die Zuschauer toben vor Begeisterung.
Und weiter geht es Schlag auf Schlag. Unsere mexikanischen Flügelflitzer spielen doppelten Doppelpass, Pablo hat freie Bahn und will Mira tunneln. Doch die ist blitzschnell am Boden und begräbt die Kugel unter sich. Einen Drehschuss von mir beantwortet sie mit
einer eleganten Flugeinlage und boxt den Ball gekonnt zur Seite.
Als der Schiedsrichter zur Pause pfeift, hat Mira vier weitere GroÃchancen vereitelt, während Jaromir nicht einen einzigen Schuss aufs Tor gekriegt hat. Wir stemmen keuchend die Hände in die Hüften. Flo schaut mit einer Mischung aus Unglauben und Respekt zu Mira hinüber. Gegen diese Torfrau ist wirklich kein Kraut gewachsen.
Nach der Pause müssen wir unserem hohen Tempo aus der ersten Halbzeit Tribut zollen und lassen es notgedrungen etwas langsamer angehen. Die Schweizer erobern sich immer mehr Spielanteile und stellen Jaromir mit Distanzschüssen und angeschnittenen FreistöÃen auf die Probe. Doch der erweist sich als Meister seines Fachs, der Mira in nichts nachsteht.
Je länger die Partie dauert, desto mehr wird sie zu einem spektakulären Duell der Torhüter. Eigentlich müsste es Duell der Tintenfische heiÃen, denn beide scheinen mindestens acht Arme zu haben: Mira fischt einen Kopfball aus dem Winkel - Jaromir kratzt einen Distanzschuss von der Linie. Faustabwehr Mira - FuÃabwehr Jaromir. Hier eine Glanzparade - dort ein Blitzreflex. Die eine schaufelt den Ball über die Latte - der andere dreht ihn um den Pfosten. Die Zuschauer sind schier aus dem Häuschen und machen die La-Ola-Welle. So geht das bis zum Ende der regulären Spielzeit, und wer in der Verlängerung auf eine Entscheidung wartet, der wartet vergeblich.
Also kommt es, wie es kommen muss, wenn sich zwei Tintenfische gegenüberstehen. Der Mini-Weltmeister muss im ElfmeterschieÃen ermittelt werden!
Wir besprechen uns kurz mit Andi und legen die Reihenfolge der Schützen fest. Um ehrlich zu sein, bin ich nicht besonders scharf darauf, gegen Mira einen Elfmeter zu schieÃen. Also lasse ich erst mal die anderen ran.
Zum letzten Mal bilden wir einen Kreis und lassen unseren Schlachtruf ertönen: »Wir sind ein Team!«
Dann stellen wir uns alle in eine Reihe und legen uns die Arme um die Schultern.
Ein Schweizer macht den Anfang: Er legt sich in aller Ruhe den Ball zurecht, nimmt einen enorm langen Anlauf und donnert die Kugel mit voller Wucht ⦠gegen den Pfosten.
Wir ballen die Fäuste.
Dann läuft Alex an, verlädt Mira und trifft lässig zum 1:0.
Ein Schweizer Stürmer fackelt nicht lange und schieÃt trocken zum 1:1 ein.
Flo machtâs wie immer aus dem Stand. Mira fliegt in die richtige Ecke und lenkt den Ball mit den Fingerspitzen an die Latte. Verdammter Mist! Alles ist wieder offen.
So geht das bis zum 4:4.
Dann legt ein bulliger Schweizer Verteidiger den Ball auf den Punkt. Doch zwei Mal setzt sich die Kugel wie von Geisterhand in Bewegung, als er gerade anlaufen will. Zwei Mal muss er sie erneut packen und auf den Rasen drücken. Ein Raunen geht durch die Tribüne. Der
Schütze wischt sich den Schweià von der Stirn und streift ihn an seiner Hose ab. Er traut sich nicht, Jaromir in die Augen zu sehen, sondern blickt die ganze Zeit auf den Boden. Junge,
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