11 - Menschheitsdämmerung
»Nur um sicherzugehen, dass ich richtig verstanden habe. Ein geheimnisvoller ›weißer Gott‹ hat den Maya den Auftrag zum Bau einer Maschine erteilt, die den Weltuntergang herbeiführen soll. Die Maya haben erst mal mitgespielt, doch als ihnen durch eine … Zukunftsschau der Sinn der Konstruktion klar wurde, haben sie die Einzelteile versteckt. Das zentrale Teil so gut, dass niemand es selbst in Jahrhunderten wiederfand. Eine weitere Vision verriet ihnen aber, dass die Maschine eines Tages doch gebaut würde. Als Warnung haben sie ihren Kalender so umdatiert, dass wir die richtigen Schlüsse daraus ziehen können.«
Tom nickte. »Wenn Sie es erklären, klingt es recht sonderbar. Aber im Wesentlichen trifft es zu.«
»Und das ergibt sich alles aus den Papyri, die dieser Diego de Landa hinterlassen hat?«
»Die Blätter bestehen aus Amate, nicht aus Papyrus. Das ist aber vergleichbar.«
»Geschenkt. Und nun taucht eine Loge auf, die diese Maschine zusammenbauen und die Prophezeiung der Maya somit verwirklichen will. Anführer dieser Truppe ist ein geheimnisvoller ›Mann in Weiß‹. Da er durch Wände gehen und deshalb kein Mensch sein kann, vermuten Sie, dass es sich um den gleichen Kerl handelt, der die Maya beschwatzt hat, die Weltuntergangsmaschine überhaupt erst zu bauen. Und hinter Ihnen war die Loge her, weil Sie das zentrale Teil gefunden hatten. Doch statt es Ihnen abzunehmen, haben die Indios auch noch die restlichen Teile an Sie verloren.« Er sah Maria Luisa an. »Und dann gelang es Ihrem Bruder, die Einzelteile zusammenzusetzen, ohne zu ahnen, was er damit in Gang setzte. Bei seinem Absturz aus dem Ballon riss er die Tasche mit der Maschine an sich, wodurch beide in die Hände der Loge gefallen sind. Inzwischen hat dieses Ding die Arbeit aufgenommen und lotst den Kometen zur Erde. Und die Wetterkapriolen der letzten Zeit hängen auch damit zusammen. Habe ich so weit alles richtig verstanden?«
Tom und die Spanierin nickten.
»Und jetzt müssen Sie die Maschine an sich bringen, um sie zu vernichten mit … Was war das doch gleich wieder?«
»Mit dem Feuerkranz«, sagte Tom, »oder der Nadel der Götter.«
»Sie wissen allerdings nicht, worum es sich bei diesen Gegenständen handelt. Richtig?«
»So ist es. Es klingt jedoch nicht so, als würden Sie uns glauben.«
»Vor ein paar Tagen hätten Sie damit recht gehabt. Aber inzwischen habe ich gegen einen Gendarmen gekämpft, der nicht sterben wollte, habe miterleben müssen, wie Sie dank einer anderen geheimnisvollen Maschine einfach so verschwanden, und lag im Clinch mit Sauriern und Säbelzahntigern. Doch, ich glaube Ihnen.«
»Aber …?«
»Ich verstehe den tieferen Sinn nicht. Welches Interesse hat dieser Mann in Weiß daran, dass die Welt untergeht? Warum helfen ihm die Indios dabei?«
»Letzteres ließe sich dadurch erklären, dass er ihnen für die Zeit nach dem Tod Versprechungen gemacht hat. Wenn es sich tatsächlich um das Wesen handelt, das vor fünfhundert Jahren schon bei den Maya aufgetaucht ist, könnten Sie ihn für einen Gott halten, der derlei Versprechen auch wahrmachen kann.«
McDevonshire überlegte. »Aber wir ziehen diese Möglichkeit nicht ernsthaft in Erwägung, oder? Dass es sich um einen Gott handelt?«
Maria Luisa lachte auf. »Wenn, dann eher das Gegenteil!«
»Ich verstehe nicht.«
»Liegt das nicht auf der Hand? Wer könnte denn über solche Kräfte verfügen und ein Interesse am Untergang der Menschheit besitzen?«
»Sagen Sie es mir.«
»Der Antichrist! Wer sonst?«
***
Splitter des Untergangs
Auszug aus einer Verlautbarung der deutschen Regierung zur aktuellen Weltlage
Die Bundeskanzlerin fordert die Bevölkerung zur Besonnenheit auf. Von den zuständigen Stellen wurden entsprechende Maßnahmen getroffen, auch im Fall einer Verschlimmerung der Lage vorbereitet zu sein. Nach Ansicht führender Wissenschaftler bestehe jedoch kein Grund zu Panik.
***
Stunden vergingen, ohne dass die Indios wieder auftauchten. Jeder hing seinen Gedanken nach oder stieß ein Gespräch an, das meist nach wenigen Minuten versandete.
Niemand brachte die Sprache noch einmal auf Maria Luisas Theorie. Tom weigerte sich, eine derartige Möglichkeit auch nur in Erwägung zu ziehen. Für ihn als Archäologen waren Gott und Teufel abstrakte Begriffe, keine existenten Überwesen.
»Wo bleiben die bloß?«, fragte die Spanierin schließlich.
»Ich nehme an, sie warten oben im Zimmer auf uns. Es könnte ja sein, dass wir
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