Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
Vom Netzwerk:
weil ihr erstes Kind so außergewöhnlich begabt war.«
    »Der Geiger. Richtig, ja. Wir wissen von ihm.«
    »Ja, der kleine Gideon. Ein wahrhaft erstaunlicher Junge.«
    Schwester Cecilia kniete sich hin und bearbeitete die gedrechselte Säule an der Ecke des Altartischs. »Eugenie sprach anfangs nicht über Sonia«, sagte sie. »Wir wussten natürlich alle, dass sie ein Kind erwartete, und wir hörten auch von der Entbindung. Aber erst als sie ein oder zwei Wochen später wieder zur Messe kam, wurde uns klar, dass etwas nicht in Ordnung war.«
    »Hat sie es Ihnen gesagt?«
    »Nein, o nein. Das arme Ding. Sie weinte drei oder vier Tage lang jeden Morgen zum Erbarmen, wenn sie da hinten in der Kapelle saß. Und der verängstigte Kleine saß neben ihr und streichelte immerzu ihren Arm und ließ sie keinen Moment aus den Augen, während er versuchte, sie zu trösten, ohne zu wissen, weswegen. Von uns hier im Kloster hatte keiner das Kind gesehen.
    Ich versuchte mehrmals, Eugenie zu besuchen, aber sie konnte niemanden ›empfangen‹, wie es hieß.« Schwester Cecilia zuckte die Achseln und beugte sich wieder über ihren Eimer, dem sie ein frisches Poliertuch entnahm.
    »Als ich endlich dazu kam, mit Eugenie zu sprechen«, fuhr sie fort, »und die Wahrheit erfuhr, verstand ich ihren Schmerz, aber nicht diese Untröstlichkeit, Constable. Die habe ich nie verstanden. Vielleicht kommt es daher, dass ich keine Mutter bin und daher keine Ahnung habe, was es heißt, ein Kind zur Welt zu bringen, das nicht vollkommen ist. Aber ich war schon damals der Meinung - und bin es heute noch -, dass Gott uns gibt, was uns bestimmt ist. Wir mögen seine Grunde dafür nicht gleich verstehen, aber für jeden von uns besteht ein Plan, und die Zeit gestattet uns, ihn zu begreifen.«
    Sie hielt einen Moment in ihrer Arbeit inne. Mit einem Blick auf Barbara sagte sie besänftigend, da ihr die eigenen Worte offenbar zu hart erschienen: »Aber jemand wie ich hat leicht reden, nicht wahr, Constable. Ich bin ja hier« - sie breitete die Arme aus - »von Gottes Liebe umgeben, und sie manifestiert sich jeden Tag auf tausend verschiedene Arten. Wie komme ich dazu, über die Fähigkeit - oder Unfähigkeit - eines anderen, sich dem Willen Gottes zu beugen, ein Urteil zu sprechen, wo ich selbst so reich gesegnet bin? Würden Sie mir mit den Leuchtern helfen, Kind? Die Dose mit dem Poliermittel liegt im Eimer.«
    »Aber ja«, sagte Barbara hastig. »Natürlich. Entschuldigen Sie.« Sie kramte die Dose aus dem Eimer und dazu einen Lappen, der ihr wegen seiner zahllosen schwarzen Flecken der richtige zum Putzen der Leuchter zu sein schien.
    »Wann haben Sie Mrs. Davies das letzte Mal gesehen?«, fragte sie.
    »Das muss nach Sonias Tod gewesen sein. Es wurde ein Gottesdienst für das Kind gehalten.« Schwester Cecilia sah sinnend zu ihrem Poliertuch hinunter. »Eugenie wollte von einem katholischen Begräbnis nichts wissen. Sie kam nicht mehr zur Messe. Sie hatte ihren Glauben verloren.
    Dass Gott ihr dieses kranke Kind zugemutet hatte und es ihr dann auf solche Art wieder nahm ... Ich habe Eugenie nie wieder gesehen. Ich habe mehrmals versucht, sie zu besuchen, und ich habe ihr geschrieben. Aber sie wollte nichts von mir wissen, und nichts von meinem Glauben und meiner Kirche. Schließlich konnte ich sie nur Gott befehlen und darum beten, dass sie ihren Frieden finden würde.«
    Barbara, die wie eine brave Schülerin einen Leuchter polierte, runzelte irritiert die Stirn. In der Geschichte fehlte ein entscheidender Teil - das Kapitel Katja Wolff. »Wie kam es eigentlich zu der Verbindung zwischen Katja Wolff und der Familie Davies?«, fragte sie.
    »Das war mein Werk.« Schwester Cecilia richtete sich leise ächzend auf. Sie knickste vor dem Tabernakel in der Mitte des Altars und begann, seine Seitenteile in Angriff zu nehmen.
    »Katja brauchte Arbeit, als das Jahr hier im Kloster zu Ende ging. Die Anstellung bei der Familie Davies, wo man ihr neben dem Lohn freie Unterkunft und Verpflegung anbot, ermöglichte es ihr, für die Modeschule zu sparen. Es war für beide Teile eine ideale Lösung.«
    »Und dann wurde die Kleine getötet.«
    Schwester Cecilia sah Barbara an. Sie sagte nichts, doch ihr Gesicht, das plötzlich allen Ausdruck verlor, verriet, was sie am liebsten gesagt hätte.
    »Haben Sie zu irgendjemandem aus dieser Zeit noch Verbindung, Schwester Cecilia?« fragte Barbara.
    »Sie fragen nach Katja, stimmt's, Constable?«
    »Wenn Sie so

Weitere Kostenlose Bücher