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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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war, und ich erinnere mich daran, sie im Garten mit einem Mann gesehen zu haben. Ich konnte ihn nicht erkennen, aber was die beiden taten, war klar. Raphael behauptet, es wäre James gewesen, der Untermieter.«
    »Das glaube ich kaum!«, protestierte Sarah-Jane. »James und Katja? Du lieber Himmel!« Dann lachte sie. »James Pitchford hatte nichts mit Katja. Wie kommen Sie nur auf so eine Idee? Er hat ihr beim Englischlernen geholfen, aber abgesehen davon ... Wissen Sie, James war Frauen gegenüber immer eher gleichgültig. Man machte sich unwillkürlich Gedanken über seine - äh - sexuelle Orientierung. Nein, nein. Mit James Pitchford hat Katja ganz sicher keine Affäre gehabt.« Sie nahm sich noch einen Ingwerkeks. »Aber wenn eine Gruppe Erwachsener unter einem Dach lebt und dann eine der Frauen schwanger wird, tendiert man natürlich dazu, einen der männlichen Mitbewohner als Urheber zu verdächtigen. Das ist wahrscheinlich logisch. Aber in diesem Fall ...? Nein, James war es sicher nicht. Ihr Großvater kann es nicht gewesen sein. Wer bleibt dann? Nun, Raphael natürlich. Vielleicht hat er James Pitchford angeschwärzt, um von sich abzulenken.«
    »Was ist mit meinem Vater?«
    Einen Moment geriet sie außer Fassung. »Aber Gideon, Sie können nicht im Ernst glauben, dass Ihr Vater und Katja - also, Sie hätten doch Ihren eigenen Vater erkannt, wenn er der Mann gewesen wäre, den sie mit ihr zusammen beobachtet haben. Außerdem - nein, Ihr Vater hat nur Ihre Mutter geliebt.«
    »Trotzdem haben sie sich zwei Jahre nach Sonias Tod getrennt -«
    »Aber das hatte doch nur mit diesem Todesfall zu tun, mit der Tatsache, dass Ihre Mutter einfach nicht damit fertig wurde. Sie ist nach der Ermordung Ihrer Schwester in eine tiefe Depression gefallen - was unter diesen Umständen ja auch ganz normal war - und hat nie wieder aus ihr herausgefunden. Nein. Sie dürfen nicht schlecht von Ihrem Vater denken. Wirklich nicht.«
    »Aber Katja Wolff weigerte sich, den Namen des Vaters ihres Kindes zu nennen. Sie lehnte es ab, über irgendetwas zu sprechen, was mit meiner Schwester zu tun hatte ...«
    »Gideon, jetzt hören Sie mir mal zu.« Sarah-Jane stellte ihre Kaffeetasse ab und legte den angebissenen Keks auf den Rand der Untertasse. »Ihr Vater hat vielleicht Katja Wolffs äußere Schönheit bewundert, so wie alle Männer. Er hat vielleicht ab und zu mal ein Stündchen mit ihr allein verbracht. Er hat sich vielleicht über die Fehler, die sie im Englischen machte, amüsiert, er hat ihr vielleicht auch zu Weihnachten und ihrem Geburtstag ein, zwei Geschenke gemacht ... Aber das alles heißt doch nicht, dass er ihr Liebhaber war. Diesen Gedanken müssen Sie sich sofort aus dem Kopf schlagen.«
    »Aber dass sie mit keinem Menschen geredet hat ... Ich weiß, dass sie zu allem geschwiegen hat, und das ergibt doch überhaupt keinen Sinn.«
    »Für uns vielleicht nicht«, erwiderte Sarah-Jane. »Aber Sie dürfen nicht vergessen, dass Katja eine eigensinnige Person war. Ich bin sicher, sie hatte sich in den Kopf gesetzt, sie brauche nur zu schweigen und alles würde gut ausgehen. Sie kam schließlich aus einem kommunistischen Land, wo die Kriminalistik längst nicht so weit war wie in England, und sie sagte sich wahrscheinlich, was haben die schon gegen mich in der Hand, das sich nicht erklären ließe? Also behauptete sie, sie sei kurz ans Telefon gerufen worden - wobei ich nicht verstehe, wie sie so dumm sein konnte, etwas zu behaupten, was so leicht zu widerlegen war -, und die Folge sei ein tragischer Unfall gewesen. Woher hätte sie wissen sollen, was noch alles ans Licht kommen und sie am Ende überführen würde?«
    »Was kam denn noch ans Licht? Außer der Schwangerschaft, der Lüge bezüglich des Anrufs und dem Streit mit meinen Eltern? Was kam noch ans Licht?«
    »Nun, da waren einmal die anderen, bereits verheilten Verletzungen ihrer Schwester. Und dann Katja Wolffs Charakter. Es kam doch heraus, dass ihre eigene Familie in Ostdeutschland ihr völlig egal war und sie sich nie darum gekümmert hatte, wie man nach ihrer Flucht ihre Angehörigen behandelte. Erinnern Sie sich nicht? Irgendjemand hatte da nachgegraben. Es stand in allen Zeitungen.«
    Sie griff wieder nach ihrer Tasse und goss sich Kaffee ein. Dass ich den meinen bisher nicht angerührt hatte, fiel ihr nicht auf.
    »Aber nein«, fügte sie hinzu, »Sie waren damals noch zu klein. Sie haben sicher keine Zeitungen gelesen. Und im Übrigen achteten alle

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