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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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sein, Gideon. Es war ungeheuer viel Lärm, und Ihr Großvater war ein ausgesprochen lauter Mensch, das weiß ich noch. Jedenfalls sagte man mir, ich solle Sie wieder in Ihr Zimmer bringen und bei Ihnen bleiben, und das tat ich auch. Als die Ärzte und Sanitäter kamen, mussten sowieso alle verschwinden, nur Ihre Eltern durften bleiben. Aber wir konnten von Ihrem Zimmer aus trotzdem alles hören.«
    »Ich erinnere mich an nichts«, sagte ich, »außer an den Moment in meinem Zimmer.«
    »Aber das ist doch ganz normal. Sie waren damals ein kleiner Junge. Wie alt? Sieben? Acht?«
    »Acht.«
    »Wie viele von uns haben denn Erinnerungen an schöne Zeiten in der Kindheit? Und dies war eine schreckliche und verstörende Zeit, Gideon. Für Sie war es ein Segen, das alles zu vergessen.«
    »Sie sagten, dass Sie nicht gehen würden. Das weiß ich noch.«
    »Selbstverständlich hätte ich Sie in einer solchen Situation niemals allein gelassen.«
    »Nein, nein, das meine ich nicht. Sie sagten, Sie würden nun doch meine Lehrerin bleiben. Mein Vater hat mir erzählt, dass er Ihnen gekündigt hatte.«
    Ihr Gesicht wurde rot, so tiefrot wie ihr Haar, das jetzt, da sie sich den Fünfzigern näherte, in seinem natürlichen Ton eingefärbt war. »Das Geld war damals knapp, Gideon.« Sie sprach leiser als zuvor.
    »Natürlich. Verzeihen Sie. Ich weiß. Ich wollte auf keinen Fall unterstellen ... Es liegt doch auf der Hand, dass mein Vater Sie nicht bis zu meinem sechzehnten Lebensjahr im Haus behalten hätte, wenn Sie nicht eine außergewöhnlich gute Lehrerin gewesen wären.«
    »Danke.« Es klang überaus förmlich. Entweder hatten meine Worte sie gekränkt, oder sie wollte mich dies glauben machen, um es für sich auszunützen und das Gespräch in ihrem Sinn zu lenken. Das war mir sofort klar, Dr. Rose, und um dem gleich entgegenzutreten, ergriff ich selbst die Initiative und sagte: »Was haben Sie getan, bevor Sie zu James hinübergegangen sind, um ihn um seine Hilfe zu bitten?«
    »An diesem Abend? Nun, wie ich schon sagte, ich plante die Unterrichtsstunden für den folgenden Tag.«
    Mehr sagte sie nicht. Sie wusste, dass ich mir den Rest bereits selbst zusammengereimt hatte: Bevor sie zu James hinübergegangen war, war sie allein in ihrem Zimmer gewesen.

15
    Das Klingeln holte Lynley aus den Tiefen des nächtlichen Schlafs. Mühsam öffnete er die Augen und tastete in der Dunkelheit blind nach dem Wecker, fluchte unterdrückt, als er ihn zu Boden warf, ohne ihn abgestellt zu haben. Helen, die neben ihm lag, rührte sich nicht. Auch als er Licht machte, schlief sie weiter. Diese besondere Begabung, sich durch nichts in ihrem Schlaf stören zu lassen, hatte sie sich sogar in der Schwangerschaft erhalten.
    Zwinkernd und gähnend wurde er langsam wach und hörte erst jetzt, dass nicht der Wecker klingelte, sondern das Telefon. Er sah, wieviel Uhr es war - zwanzig vor vier -, und wusste, dass die Nachricht keine gute sein konnte.
    Assistant Commissioner Sir David Hillier war am Apparat.
    »Charing Cross Hospital«, blaffte er. »Malcolm ist von einem Auto angefahren worden.«
    »Was?«, fragte Lynley. »Malcolm? Wieso?«
    »Wachen Sie auf, Inspector«, fuhr Hillier ihn an. »Halten Sie den Kopf unter den kalten Wasserhahn, wenn es sein muss. Malcolm ist schon im OP. Kommen Sie auf dem schnellsten Weg hierher. Ich will, dass Sie die Sache übernehmen. Also, beeilen Sie sich!«
    »Wann war das denn? Was ist passiert?«
    »Das verdammte Schwein hat nicht mal angehalten«, sagte Hillier, dessen Stimme - ungewohnt rau und ganz ohne den distanziert jovialen Ton, den der Assistant Commissioner in Scotland Yard anzuschlagen pflegte - verriet, wie besorgt er war.
    Von einem Auto angefahren. Das Schwein hat nicht angehalten. Lynley war augenblicklich hellwach. »Wo ist es passiert?«, fragte er.
    »Wann?«
    »Er ist jetzt im Charing Cross Hospital. Kommen Sie her, Lynley.« Damit legte Hillier auf.
    Lynley sprang aus dem Bett und fuhr in seine Kleider. Anstatt Helen zu wecken, schrieb er ihr ein paar Zeilen, die die nackten Fakten enthielten. Er vermerkte noch die Zeit auf dem Brief und legte ihn auf sein Kopfkissen. Dann packte er seinen Mantel und lief in die Nacht hinaus.
    Der Wind hatte sich gelegt, aber es war unvermindert kalt, und es hatte zu regnen begonnen. Lynley klappte seinen Mantelkragen hoch und rannte im Laufschritt um die Ecke zu der Privatgarage, in der sein Bentley stand.
    Er versuchte, nicht über Hilliers Worte und den

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