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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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zwei Personen verübt werden, die in dem Mordfall, der zu ihrer Verurteilung führte, eine wichtige Rolle spielten?«
    Barbara seufzte und ließ einen Moment den Kopf hängen.
    »Okay«, sagte sie dann. »Wo ist Winston? Was hat er über Katja Wolff zu berichten?«
    Lynley brachte sie über Nkatas Unternehmungen am vergangenen Abend aufs Laufende und schloss mit den Worten: »Er ist überzeugt, dass sowohl Yasmin Edwards als auch Katja Wolff etwas verheimlichen. Als er von Webberlys Unfall hörte, sagte er, er wolle noch einmal mit den beiden Frauen sprechen.«
    »Er glaubt also auch, dass zwischen den beiden Fahrerfluchtfällen eine Verbindung besteht.«
    »Richtig. Und ich bin seiner Meinung. Es gibt da ganz sicher eine Verbindung, Havers. Wir sehen sie nur noch nicht.« Lynley stand auf, gab Barbara ihre Aufzeichnungen zurück und begann, Unterlagen von seinem Schreibtisch zu nehmen. »Fahren wir nach Hampstead«, sagte er. »Leachs Leute müssen inzwischen doch irgendwas haben, womit wir arbeiten können.«
    Winston Nkata blieb gut fünf Minuten in seinem Wagen vor der Polizeidienststelle Hampstead sitzen, ehe er ausstieg. Wegen einer Massenkarambolage in dem Kreisverkehr kurz vor der Vauxhall-Brücke hatte er für die Fahrt aus Süd-London hier herüber fast zwei Stunden gebraucht. Der Aufschub war ihm willkommen gewesen. Während er, im Auto sitzend, zugesehen hatte, wie Feuerwehrleute, Sanitäter und Verkehrspolizisten sich bemühten, das Chaos aus verletzten Menschen und schrottreifen Fahrzeugen zu lichten, hatte er Zeit gehabt, sich mit der unerfreulichen Tatsache auseinander zu setzen, dass er das Gespräch mit Katja Wolff und Yasmin Edwards total in den Sand gesetzt hatte.
    Ja, er hatte Mist gebaut. Er hatte sich in die Karten schauen lassen. Blind wie ein gereizter Stier war er genau siebenundsechzig Minuten, nachdem er zu Hause in seinem Bett erwacht war, nach Kennington gestürmt und schnaubend und Füße scharrend in dem knarrenden alten Aufzug aufwärts gefahren, die Hörner schon zur Attacke gesenkt, überzeugt, dass er den Fall binnen fünf Minuten gelöst hätte. Mit Gewalt hatte er sich einzureden versucht, dass einzig der Fall ihn nach Kennington geführt hätte. Denn wenn Katja Wolff fremdging und Yasmin Edwards nichts davon wusste und wenn es ihm gelang, die Sache mit dem kleinen Seitensprung so anzubringen, dass ein Riss in der Beziehung der beiden Frauen entstand, was sollte Yasmin Edwards dann daran hindern, endlich den Mund aufzumachen und ihm zu bestätigen, was er instinktiv längst wusste: dass Katja Wolff am Abend der Ermordung von Eugenie Davies nicht zu Hause gewesen war?
    Mehr wollte er nicht, so versicherte er sich selbst. Er war nichts weiter als ein schlichter Bulle, der seine Pflicht tat. Ihr Körper bedeutete ihm nichts: glatt und straff, von der Farbe frisch gepresster Pennystücke, gertenschlank mit schmaler Taille, die in einladende Hüften überging. Ihre Augen waren nur Fenster: dunkel wie Schatten, bemüht, zu verbergen, was sie nicht verbergen konnten, nämlich Zorn und Furcht. Und diesen Zorn und diese Furcht musste man sich zunutze machen, musste er sich zunutze machen, dem sie nichts bedeutete, nur eine lesbische Knastschwester, die eines Abends ihren Alten umgebracht und sich mit einer Kindsmörderin zusammengetan hatte.
    Er wusste, dass es nicht seine Sache war, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, warum Yasmin Edwards sich ohne Rücksicht auf ihren kleinen Sohn, der mit ihr zusammenlebte, eine Kindsmörlerin ins Haus geholt hatte. Trotzdem sagte er sich, dass es, ganz abgesehen vom Nutzen für ihre Ermittlungen, das Beste wäre, wenn das Misstrauen, das er vielleicht in die Beziehung der beiden Frauen würde hineintragen können, zum Bruch führte, durch den der kleine Daniel dem Einfluss einer verurteilten Mörderin entkommen würde.
    Er wehrte den Gedanken ab, dass ja die Mutter des Jungen ebenfalls eine verurteilte Mörderin war. Sie hatte es schließlich mit einem Erwachsenen aufgenommen. Nichts in ihrer Geschichte ließ darauf schließen, dass sie es auf Kinder abgesehen hatte.
    Ganz von selbstgerechtem Eifer erfüllt, hatte er also bei Yasmin Edwards geklingelt. Dass sie nicht sofort reagierte, spornte ihn nur an in seinem Tun, und er klingelte immer wieder, bis er endlich eine Reaktion erzwungen hatte.
    Er war selbst sein Leben lang immer wieder Vorurteilen und Hass begegnet. Man konnte in England nicht einer ethnischen Minderheit angehören, ohne jeden Tag

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