11 - Nie sollst Du vergessen
dreifarbig, rot und gelb, oder von oben bis unten mit Reklame bepflastert. Ich würde vorschlagen, wir hören auf den Zeugen. Wir haben es wieder mit einem schwarzen Fahrzeug zu tun. Ich bin sicher, es gibt da eine Verbindung, meinen Sie nicht auch?«
»Zu Eugenie Davies?« Lynley wartete nicht auf eine Antwort.
»Ja, das glaube ich auch.« Er gestikulierte mit einem Notizbuch, das er von seinem Schreibtisch genommen hatte, und setzte seine Brille auf, während er um das Möbel herumging, um sich zu setzen. Mit einem kurzen Nicken bedeutete er Barbara, das Gleiche zu tun. »Aber wir haben noch immer praktisch keine Anhaltspunkte, Havers. Ich habe meine Aufzeichnungen noch einmal genau durchgelesen, weil ich hoffte, etwas zu finden, aber ich bin nicht weit gekommen. Das Einzige, was ich zu bieten habe, sind Ungereimtheiten in den Aussagen von Richard Davies, seines Sohns Gideon und von lan Staines über Eugenie Davies' Absicht, ihren Sohn aufzusuchen. Staines behauptet, sie hätte vorgehabt, ihren Sohn um Geld zu bitten, um ihm - Staines - aus finanziellen Schwierigkeiten zu helfen, die ihn alles kosten könnten, was er hat. Er sagt aber auch, dass sie - nachdem sie ihm versprochen hatte, mit ihrem Sohn zu reden - plötzlich erklärte, es sei etwas geschehen, was es ihr unmöglich mache, Gideon um Geld zu bitten. Richard Davies wiederum behauptet, sie hätte nie den Wunsch geäußert, ihren Sohn zu sehen, vielmehr hätte er ein Zusammentreffen zwischen ihr und Gideon angeregt, weil er hoffte, sie könnte ihm helfen, sein Lampenfieber zu überwinden. Gideon bestätigt diese Behauptung im Großen und Ganzen. Er sagt, seine Mutter hätte nie verlangt, ihn zu treffen - zumindest seines Wissens nicht. Er weiß nur, dass sein Vater eine Zusammenkunft wollte, eben weil er hoffte, sie könnte ihm helfen, wieder zu seiner Musik zu finden.«
»Hat sie Geige gespielt?«, fragte Barbara. »In ihrem Haus in Henley war keine.«
»Nein, nein, Gideon meinte nicht, dass sie mit ihm üben würde oder dergleichen. Er sagte, tatsächlich hätte sie zur Lösung seines Problems nicht mehr tun können, als dass sie seinem Vater ›zustimmte‹.«
»Was soll das denn heißen?«
»Keine Ahnung. Aber eines kann ich Ihnen sagen: Lampenfieber ist das nicht, was der Mann hat. Meiner Meinung nach ist er ernstlich krank.«
»Vielleicht leidet er an schlechtem Gewissen? Wo war er an dem Abend vor drei Tagen, als Eugenie Davies überfahren wurde?«
»Zu Hause. Allein. Sagt er jedenfalls.« Lynley warf sein Notizbuch auf den Schreibtisch und nahm seine Brille ab. »Und damit kommen wir zu Eugenie Davies' E-Mail, Barbara.« Er berichtete ihr kurz und sagte zum Schluss: »Am Ende der Mail stand der Name Jete. Sagt Ihnen das etwas?«
»Ein Acronym?« Sie überlegte, zu welchen Wörtern diese vier Buchstaben die Initialen sein könnten. Nichts fiel ihr ein außer Ja Essen ... Schließlich gab sie auf und sagte: »Könnte Pitchley dahinter stecken? Vielleicht hat er sich ja neben Die Zunge noch einen anderen Decknamen zugelegt.«
»Ach ja, was haben Sie denn über den im St. Catherine's entdeckt?«, fragte Lynley.
»Gold«, antwortete sie. »Die Bestätigung, dass er vor zwanzig Jahren James Pitchford war.«
»Und das soll Gold sein?«
»Das Gold kommt noch«, erklärte Barbara. »Bevor er nämlich Pitchford wurde, war er Pytches, Sir. Der kleine Jimmy Pytches aus Tower Hamlets. Den Namen Pitchford hat er sechs Jahre vor dem Mord am Kensington Square angenommen.«
»Interessant«, meinte Lynley, »aber doch wohl kaum belastend.«
»Für sich allein nicht, das stimmt. Aber wenn man zwei Namensänderungen innerhalb eines noch relativ kurzen Lebens mit der Tatsache in einen Topf schmeißt, dass bei ihm zwei Typen aus dem Küchenfenster geflüchtet sind, als die Polizei aufkreuzte, dann stinkt das schon ganz schön. Also hab ich die zuständigen Kollegen angerufen und gefragt, ob sich jemand an Jimmy Pytches erinnert.«
»Und?«, fragte Lynley.
»Bingo. Die ganze Familie machte nichts als Ärger. Das war damals so, das ist jetzt auch noch so. Und als Pitchley noch Jimmy Pytches war, starb ein kleines Kind, auf das er aufpassen sollte. Er war damals ein Teenager, und man konnte ihm nichts nachweisen. Bei der Leichenschau hieß es: plötzlicher Kindstod, aber erst, nachdem Jimmy achtundvierzig Stunden in Gewahrsam gewesen und als Hauptverdächtiger befragt worden war. Hier, schauen Sie sich meine Notizen an, wenn Sie wollen.«
Lynley setzte
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