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11 - Nie sollst Du vergessen

11 - Nie sollst Du vergessen

Titel: 11 - Nie sollst Du vergessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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auf die Bahngleise stürzen? Zu dem Zeitpunkt war ich noch ahnungslos. Ich hatte nicht mal einen Verdacht. Ich war in Panik wegen meiner Musik, und du genauso. Wenn du also dieses Bild damals in deinem Besitz gehabt hättest, an dem Tag, an dem ich eines haben wollte, hättest du es mir unverzüglich gegeben. Du hättest alles getan, wenn auch nur die geringste Möglichkeit bestanden hätte, dass ich dadurch wieder zur Musik finde, wieder zu meiner Geige greife.«
    »Jetzt hör mir mal zu.« Richard sprach schnell. »Ich hatte dieses Bild immer in meinem Besitz. Ich hatte es nur vergessen. Ich hatte es irgendwo unter den Papieren deines Großvaters verlegt. Als ich gestern darauf stieß, hatte ich sofort die Absicht, es dir zu schenken. Mir fiel ein, dass du ein Bild von Sonia haben wolltest ... dass du danach gefragt hattest ...«
    »Es wäre nicht gerahmt«, entgegnete Gideon. »Es wäre nicht gerahmt, wenn es irgendwo unter Großvaters Papieren herumgelegen hätte.«
    »Du verdrehst mir das Wort im Mund.«
    »Es hätte genau wie das andere in einem Umschlag gesteckt oder zwischen den Seiten eines Buchs, es hätte vielleicht in einem Karton oder irgendwo sonst lose herumgelegen, aber es wäre nicht gerahmt gewesen.«
    »Du bist ja völlig hysterisch. Das sind die Früchte der Psychoanalyse. Ich hoffe, du erkennst das.«
    »Was ich erkenne«, schrie Gideon erregt, »ist ein egozentrischer Heuchler, der vor nichts zurückschrecken würde, wenn es seinen Zwecken -« Er brach ab.
    Jill, die reglos auf dem Sofa saß, spürte, wie die Atmosphäre zwischen den beiden Männern sich immer mehr auflud. In ihrem Kopf war ein solches Durcheinander, dass sie, als Gideon weitersprach, zunächst den Sinn seiner Worte nicht verstand.
    »Du warst es«, sagte er. »O Gott! Du hast sie getötet. Du hattest mit ihr gesprochen. Du hattest sie gebeten, dich bei deinen Lügen über Sonias Tod zu unterstützen, aber dazu war sie nicht bereit, nicht wahr? Und darum musste sie sterben.«
    »Um Gottes willen, Gideon! Du weißt ja nicht, was du da sagst.«
    »O doch! Zum ersten Mal in meinem Leben weiß ich genau, was ich sage. Sie wollte mir die Wahrheit sagen, nicht wahr? Du hast nicht geglaubt, dass sie das tun würde, du warst so sicher, sie würde bei allem mitspielen, was du geplant hattest, weil sie es ja zu Anfang, damals, auch getan hatte. Aber so ein Mensch war sie nicht, und es würde mich wirklich interessieren, wieso du geglaubt hast, sie wäre so, verdammt noch mal. Sie hat uns damals verlassen, Dad. Sie konnte nicht mit uns und der Lüge leben, darum ist sie gegangen. Zu wissen, dass wir Katja ins Gefängnis gebracht hatten, das war zu viel für sie.«
    »Sie hat's doch freiwillig getan! Sie war mit allem einverstanden.«
    »Aber nicht mit zwanzig Jahren«, widersprach Gideon. »Damit wäre Katja Wolff nicht einverstanden gewesen. Mit fünf, vielleicht. Fünf Jahre und hunderttausend Pfund, okay. Aber zwanzig Jahre? Keiner rechnete mit so einem Urteil. Und Mutter konnte damit nicht leben. Sie ging, und sie wäre auf immer verschwunden geblieben, wäre ich nicht in der Wigmore Hall in diese Krise geraten.«
    »Hör endlich auf, dir einzubilden, dass die Wigmore Hall mit irgendwas anderem zu tun hat als mit der Wigmore Hall! Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass das Unsinn ist.«
    »Weil du es so sehen wolltest«, erwiderte Gideon. »Aber Mutter hätte mir bestätigt, dass meine Erinnerung mich nicht trog, nicht wahr, Dad? Sie wusste, dass ich Sonia getötet habe. Sie wusste, dass ich allein es getan habe.«
    »Das stimmt nicht. Ich habe es dir doch gesagt. Ich habe dir erklärt, was damals geschah.«
    »Dann erklär es mir noch einmal. Vor Jill.«
    Richard schwieg. Aber er warf einen Blick auf Jill. Sie hätte diesen Blick gern als ein Bitten um Hilfe und Verständnis gesehen. Stattdessen aber sah sie die Berechnung dahinter.
    »Gideon«, sagte Richard. »Lass uns das für den Moment vertagen. Lass uns später darüber sprechen.«
    »Wir sprechen jetzt darüber. Einer von uns. Soll ich derjenige sein? Ich habe meine Schwester getötet, Jill. Ich habe sie in der Badewanne ertränkt. Sie war für uns alle eine Last -«
    »Gideon! Sei still!«
    »- aber besonders für mich. Sie stand mir bei der Ausübung meiner Musik im Weg. Ich sah, dass alles sich um sie drehte, und damit wurde ich nicht fertig. Darum habe ich sie getötet.«
    »Nein!«, rief Richard.
    »Dad möchte mich glauben machen -«
    »Nein!«, rief Richard noch

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