11 - Nie sollst Du vergessen
scheitern konnte, nicht wollte, nicht würde. Ja, mein Sohn, du bist mein Sohn. Alles, was du tust, alles, was du kannst. Das alles bist du. Mein Sohn.
Richard erreichte die breitere Zwischenstufe.
Er hörte, wie unten die Haustür geöffnet wurde.
Er rief: »Gideon!«
»Oh, Hölle und Verdammnis!«, antwortete die Stimme einer Frau.
Ein vierschrötiges Geschöpf in einer dunkelblauen Marinejacke stürzte sich auf Jill. Ihr folgte ein Mann im Regenmantel, den Richard Davies nur zu gut erkannte. Er hielt eine Kreditkarte in der Hand, das Werkzeug, mit dem er die verzogene alte Haustür von Braemar Mansions geöffnet hatte.
»Guter Gott!« sagte Lynley und kniete ebenfalls neben Jill nieder. »Rufen Sie einen Rettungswagen, Havers.« Dann hob er den Kopf.
Sein Blick traf sofort auf Richard Davies, der mit Jills Autoschlüsseln in der Hand auf der Treppe stand.
Barbara fuhr mit Jill Foster ins Krankenhaus. Lynley brachte Richard Davies zum nächsten Polizeirevier. Zufällig war es das in der Earl's Court Road, von dem aus an einem Abend vor mehr als zwanzig Jahren Malcolm Webberly aufgebrochen war, um den Tod der kleinen Sonia Davies zu untersuchen, die unter verdächtigen Umständen in der Badewanne ertrunken war.
Ob Richard Davies sich der Ironie dieses Zufalls bewusst war, war ihm nicht anzumerken. Er sprach, wie ihm das zustand, kein Wort mehr, nachdem Lynley ihn über seine Rechte aufgeklärt hatte. Der Bereitschaftsanwalt wurde geholt, um ihn zu beraten, aber das Einzige, was Davies wissen wollte, war, wie er seinem Sohn eine Nachricht zukommen lassen könne.
»Ich muss meinen Sohn sprechen«, erklärte er dem Anwalt.
»Gideon Davies. Sie haben sicher von ihm gehört. Der Geiger ...«
Sonst hüllte er sich in Schweigen. Er würde an der Geschichte, die er Lynley bei früherer Gelegenheit erzählt hatte, festhalten.
Er kannte seine Rechte, und die Polizei hatte keine Beweise gegen Gideon Davies' Vater in der Hand.
Aber sie hatten den Humber. Lynley fuhr mit dem zuständigen Team noch einmal zu den Cornwall Gardens zurück, um die Beschlagnahmung des Fahrzeugs zu beaufsichtigen. Wie von Winston Nkata vorhergesagt, hatte der Wagen, mit dem zwei, wahrscheinlich sogar drei Menschen niedergefahren worden waren, vor allem an der vorderen Stoßstange Schaden genommen. Das Prachtstück aus Chrom war ziemlich übel zugerichtet. Aber ein geschickter Verteidiger würde so einen Beweis mühelos zerpflücken, darum wollte Lynley gar nicht erst darauf aufbauen. Er baute auf etwas anderes, was derselbe geschickte Verteidiger nicht so leicht würde aus der Welt schaffen können - Spuren unter der Stoßstange und am Fahrgestell des Humber. Es war wohl kaum möglich, dass Richard Davies Kathleen Waddington und Malcolm Webberly angefahren und seine geschiedene Frau dreimal überrollt hatte, ohne dass Blut, Hautpartikel oder ein Haar, wie sie es dringend brauchten - ein Haar mit Kopfhautspuren daran -, am Fahrgestell zu finden waren. Davies hätte an die Möglichkeit solcher Spuren denken müssen, um sie entfernen zu können. Und Lynley war ziemlich sicher, dass er das versäumt hatte. Er wusste aus langer Erfahrung, dass kein Verbrecher an alles denkt.
Er rief Leach an, berichtete seine Neuigkeiten und bat ihn, sie an Assistant Commissioner Hillier weiterzugeben. Er würde in Cornwall Gardens bleiben, sagte er, bis der Humber abgeschleppt war, und danach Eugenie Davies' Computer holen, wie er das ursprünglich vorgehabt hatte.
Ob Chief Inspector Leach den Computer überhaupt noch haben wolle?
Aber selbstverständlich, sagte Leach. Lynley habe zwar eine Festnahme durchgeführt, aber das ändere nichts daran, dass die Unterschlagung des Computers nicht ordnungsgemäß gewesen sei; das Gerät müsse als Eigentum des Opfers registriert werden.
»Haben Sie vielleicht sonst noch was verschwinden lassen, da Sie schon mal dabei waren?«, erkundigte er sich argwöhnisch.
Außer dem Computer, beteuerte Lynley, habe er nichts an sich genommen, was Eugenie Davies gehört hatte. Und er fand seine Antwort völlig in Ordnung. Denn für ihn stand fest, dass aus Leidenschaft geborene Worte, die ein Mann zu Papier bringt und einer Frau sendet - ja selbst die Worte, die er spricht -, nur eine Leihgabe an sie sind, solange sie Gültigkeit besitzen. Die Worte selbst bleiben immer Eigentum des Mannes.
»Er hat mich nicht gestoßen«, sagte Jill Foster im Krankenwagen zu Barbara Havers. »Sie dürfen nicht glauben, dass er mich
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