11 - Nie sollst Du vergessen
diese Zeit bestimmt nicht mehr im Dienst.«
»Wir haben einen Verdächtigen festgenommen«, berichtete Barbara. »Würden Sie das Ihrem Vater sagen? Ich meine, ich weiß, dass er nichts hören kann, aber trotzdem, Sie wissen schon ...«
»Oh, er kann hören«, sagte Miranda.
Barbara begann zu hoffen. »Er ist bei Bewusstsein?«
»Nein. Nein, das nicht. Aber die Arzte sagen, dass Menschen im Koma hören können, was um sie herum vorgeht. Und er wird sicher hören wollen, dass Sie den Autofahrer festgenommen haben, der ihn angefahren hat.«
»Wie geht es ihm?«, fragte Barbara. »Ich habe mit der Schwester gesprochen, aber die hat mir nicht viel gesagt. Nur dass es keine Veränderung gebe.«
Miranda lächelte, aber dieses Lächeln sollte wohl Barbaras Beruhigung dienen. Sicherlich spiegelte es nicht Mirandas Gefühle.
»Das stimmt leider. Aber wenigstens hat er keinen weiteren Herzinfarkt gehabt, und das betrachten alle als gutes Zeichen. Sein Zustand ist soweit stabil, und wir - na ja, wir hoffen das Beste. Ja, wir sind eigentlich ganz optimistisch.«
In ihren Augen lag ein zu starker Glanz, zu viel Angst. Barbara hätte ihr gern gesagt, dass sie ihr nichts vorzumachen brauche, aber sie verstand, dass Miranda mit ihrem Optimismus vor allem sich selbst aufrichten wollte. »Gut, dann werde ich auch optimistisch sein«, sagte sie. »Wir werden es alle sein. Brauchen Sie irgendetwas, Miranda?«
»O nein, danke, ich glaube nicht. Ich bin natürlich Hals über Kopf von Cambridge hierher gefahren und habe eine Arbeit liegen lassen, die eigentlich durchgesehen werden müsste. Aber der Termin ist erst nächste Woche, und vielleicht ist ja bis dahin ... Na ja, vielleicht.«
Schritte im Korridor erregten ihre Aufmerksamkeit. Sie drehten sich beide um und sahen Assistant Commissioner Hillier und seine Frau kommen. Zwischen ihnen ging, von beiden gestützt, Frances Webberly.
»Mama!«, rief Miranda.
»Randie«, sagte Frances. »Randie, Liebes ...«
Miranda sagte noch einmal: »Mama! Ach, ich bin ja so froh. Ach, Mama!« Sie nahm ihre Mutter in die Arme und drückte sie lang und fest. Und dann, vielleicht weil sie sich plötzlich von einer Last befreit fühlte, die man ihr allein gar nicht hätte aufbürden dürfen, begann sie zu weinen. »Die Ärzte haben gesagt, wenn er noch einen Herzinfarkt bekommt, dann wird er vielleicht - dann muss er vielleicht wirklich ...«
»Ist ja gut, mein Schatz«, sagte Frances Webberly und drückte ihre Wange in das Haar ihrer Tochter. »Komm, bring mich jetzt zu Daddy. Wir setzen uns zusammen zu ihm.«
Als Miranda und ihre Mutter durch die Tür zur Intensivstation verschwunden waren, sagte Assistant Commissioner Hillier zu seiner Frau: »Bleib bei ihnen, Laura. Bitte. Achte darauf ...«, und nickte vielsagend.
Laura Hillier folgte den beiden Frauen.
Der Assistant Commissioner betrachtete Barbara nur eine Spur weniger missbilligend als gewöhnlich, und sie wurde sich ihrer Kleidung peinlich bewusst. Sie gab sich nun schon seit Monaten die größte Mühe, ihm nicht unter die Augen zu kommen, und wenn sich eine Begegnung nicht vermeiden ließ, achtete sie stets darauf, möglichst korrekt gekleidet zu sein. Aber jetzt ... Sie hatte das Gefühl, ihre roten Baseballstiefel leuchteten wie eine Neonreklame, und die grüne Hose, die sie am Morgen angezogen hatte, schien kaum weniger unpassend.
Sie sagte: »Wir haben einen Verdächtigen festgenommen, Sir. Ich dachte mir, ich komme her und sage es ...«
»Leach hat mich schon angerufen.« Hillier trat zu einer Tür auf der anderen Seite des Korridors und nickte ihr auffordernd zu. Sie folgte ihm in einen Warteraum, wo er zu einem Sofa ging und sich setzte. Erst jetzt bemerkte Barbara, wie müde er aussah, vermutlich war er seit der vergangenen Nacht fast ununterbrochen von der Familie in Anspruch genommen worden. Ihre misstrauische Abwehr ließ ein wenig nach. Vielleicht war Hillier doch nicht der Unmensch, für den sie ihn immer gehalten hatte.
Er sagte: »Gute Arbeit, Barbara. Von Ihnen beiden.«
Sie erwiderte vorsichtig: »Danke, Sir«, und wartete, wie es weitergehen würde.
Er sagte: »Setzen Sie sich.«
Sie sagte: »Sir«, und setzte sich, obwohl sie sich viel lieber nach Hause verzogen hätte, in ihren Sessel von zweifelhaftem Komfort. In einer besseren Welt, dachte sie, würde Hillier in diesem Augenblick höchster emotionaler Erschütterung erkennen, wie sehr er sich in ihr geirrt hatte.
Er würde sie ansehen, ihre edleren
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