11 - Nie sollst Du vergessen
gestoßen hat.« Ihre Stimme war leise, nur ein schwaches Murmeln, und ihr Unterleib war beschmutzt von der Pfütze aus Urin, Fruchtwasser und Blut, die sich unter ihr ausgebreitet hatte, während sie am Fuß der Treppe gelegen hatte. Mehr sprechen konnte sie nicht, weil die Schmerzen sie überwältigten, diesen Eindruck jedenfalls hatte Barbara, als Jill laut aufschrie. Und als sie den Sanitäter, der ständig die Vitalfunktionen der Frau überwachte, zum Fahrer sagen hörte: »Schalt die Sirene ein, Cliff«, war ihr das Auskunft genug über Jill Fosters Zustand.
»Was ist mit dem Kind?«, fragte sie den Sanitäter leise.
Er sah sie nur an, ohne etwas zu sagen, und richtete seinen Blick dann auf den Tropf, den er über der Frau angebracht hatte.
Trotz der Sirenen erschien Barbara die Fahrt zum nächsten Krankenhaus mit einer Notaufnahme ewig zu dauern. Aber wie sie empfangen wurden, als sie endlich ankamen, das war höchst zufriedenstellend. Im Laufschritt schoben die Sanitäter die Trage mit ihrer Patientin in die Station, wo diese von einem Schwarm von Ärzten und Pflegepersonal übernommen wurde, die lauthals Geräte verlangten, mit der Gynäkologie telefonierten, geheimnisvolle Medikamente anforderten und rätselhafte Verfahren mit Namen, die nichts über ihren Zweck aussagten, einleiteten.
»Wird sie es schaffen?«, fragte Barbara jeden, der bereit war, ihr zuzuhören. »Sie hat Wehen, oder? Ist sie okay? Und das Kind?«
»So sollten Kinder eigentlich nicht zur Welt kommen«, war die einzige Antwort, die sie bekam.
Sie blieb in der Notaufnahme, lief unruhig im Warteraum hin und her, bis Jill Foster in rasendem Tempo in einen Operationssaal gebracht wurde. »Sie hat schon genug Traumata erlebt«, war die Erklärung, die sie erhielt. Jede genauere Auskunft wurde ihr verweigert, weil sie keine Familienangehörige war. Barbara hätte nicht sagen können, warum es ihr so wichtig war, zu wissen, dass der Frau nichts Schlimmes geschehen würde. Sie schrieb es einer ungewöhnlichen schwesterlichen Sympathie zu, die sie für Jill Foster empfand. Es war ja noch gar nicht so lange her, dass Barbara selbst nach einer Begegnung mit einem Killer mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht worden war.
Sie glaubte Jill Foster nicht, dass Richard Davies sie nicht die Treppe hinuntergestoßen hatte. Aber die Frage würde später geklärt werden müssen, wenn eine Zeit der Erholung der Frau Gelegenheit ließ, die Wahrheit über ihren Verlobten zu erfahren.
Und sie würde wieder gesund werden, wie Barbara eine Stunde später erfuhr. Sie hatte eine Tochter geboren. Das Kind war wohlauf, trotz seines überstürzten Eintritts in die Welt.
Barbara fand, jetzt könne sie beruhigt gehen, und sie war schon auf dem Weg hinaus - ja, sie stand vor dem Krankenhaus und versuchte herauszufinden, ob von hier aus Busse in die Fulham Palace Road fuhren -, als sie bemerkte, dass dies das Charing Cross Hospital war, wo Superintendent Webberly noch immer lag. Sie ging wieder hinein.
Oben im elften Stockwerk wartete sie vor der Intensivstation auf eine Schwester, die Webberlys Zustand als »kritisch und unverändert« beschrieb. Barbara schloss daraus, dass er immer noch im Koma lag, immer noch künstlich beatmet wurde und dass immer noch zahlreiche gefährliche Komplikationen drohten, dass man nicht wusste, ob man für sein Leben oder seinen Tod beten sollte. Menschen, die von Autos angefahren wurden und dabei Gehirnverletzungen erlitten, gingen sehr häufig völlig verändert aus der Krise hervor. Barbara wusste nicht, ob sie ihrem Chef eine solche Veränderung wünschte. Sie wollte nicht, dass er starb. Allein der Gedanke daran war schrecklich. Aber sie konnte ihn sich auch nicht als Invaliden vorstellen, der sich Monate und Jahre mit Rehabilitationsversuchen quälte.
Sie sagte zu der Schwester: »Sind seine Angehörigen bei ihm? Ich gehöre zum Ermittlungsteam der Polizei. Ich habe Neuigkeiten für sie. Natürlich nur, wenn sie sie hören wollen.«
Die Schwester musterte Barbara mit zweifelnder Miene. Barbara holte seufzend ihren Dienstausweis heraus, und nachdem die Schwester sich diesen mit zusammengekniffenen Augen angesehen hatte, sagte sie: »Dann warten Sie mal hier«, und ging.
Barbara erwartete, dass Assistant Commissioner Hillier herauskommen würde, aber stattdessen erschien Webberlys Tochter Miranda. Sie sah erschöpft aus, aber sie lächelte und sagte: »Barbara! Hallo! Das ist wirklich nett von Ihnen. Sie sind doch um
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