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110000 Jahre später

110000 Jahre später

Titel: 110000 Jahre später Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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neuen Kurswerte in der Hand. Über Rundspruch gab er sie an die gesamte Flotte durch.
    „Beschleunigung 4g in dreißig Sekunden. Bis auf weiteres. Nehmen Sie Schwingkurs!“
    Der Befehl wurde wortgetreu ausgeführt. Schumacher wurde durch den plötzlich einsetzenden Andruck brutal in seinen Sitz gepreßt.
    Die thermische Steuerung von Raketen ruhte auf der Grundlage, daß jedes Schiff im Raum eine gewisse Wärme ausstrahlte. Diese Wärme wurde von sehr empfindlichen Thermoelementen der Rakete aufgenommen und lenkte sie. Eine solche Rakete war im allgemeinen unfehlbar. Die erste wirksame Abwehr gegen diese Art von Raketen war in den Jahren kurz vor Schumachers Start entwickelt worden.
    Die Abwehrvorrichtung bestand aus einem Kühlmantel, der dicht unter der Außenhaut des Schiffes lief und eine Abstrahlung von Wärme verhinderte. Der Schwingkurs weiterhin diente dazu, der Rakete eine Annäherung zu erschweren und vor allen Dingen diese Annäherung so weit hinauszuschieben, daß unter Umständen der Abschuß der Rakete durch Bordwaffen möglich war.
    Leutnant Beckerle wandte sich von seinem Gerät ab. Er sah Schumacher an.
    „Wollen Sie unter diesen Umständen die Erde wirklich anfliegen, Sir?“
    Schumacher nickte.
    „Ja, ich habe die Absicht. Ich bin überzeugt davon, daß alles nur auf einem Mißverständnis beruht.“
    Beckerle schien nicht überzeugt.
    „Irgendwelche Bedenken, Leutnant?“ fragte Schumacher.
    „Jawohl, Sir! Ihre Ansicht in allen Ehren; aber die Landung auf der Erde kann uns die Hälfte der Flotte kosten!“
    Schumacher begann zu grinsen.
    „Unsere Kapitäne sind erfahrene Leute! Wenn die thermische Abwehr nichts nützt, dann wird es ihnen wenigstens mit Hilfe des Schwingkurses gelingen, sich über die Runden zu retten! Ich rechne mit dem Verlust von höchstens zehn Schiffen. Das ist das Risiko, das wir eingehen müssen, um zur Erde zurückzukommen!“
    Beckerle zuckte mit den Schultern.
    Sekunden später rief der linke Flügel an.
    „Unbekannte Objekte auf Sichtweite! Es handelt sich eindeutig um Abwehrraketen! Schwingkurs bisher planmäßig – wir versuchen, die Raketen abzuschießen!“
    Wenig später blitzte es am linken Flügel der Flotte dreimal hintereinander auf. Drei weißglühende Bälle standen im Raum und überschatteten das Bild der Fernsehempfänger. Knapp und klar kam die Meldung der linken Flügelschiffe:
    „Drei der unbekannten Objekte durch Abschuß vernichtet! Zwölf bleiben weiter hinter uns! Wir bemühen uns weiter!“
    In der Zentrale des Flaggschiffes fiel kein Wort. Alles starrte auf die Bildempfänger – selbst die, die eigentlich auf ihre Geräte zu achten hatten. Nur Beckerle allein besaß genügend Sturheit, sich nur mit dem zu beschäftigen, was seine Aufgabe war. Seine Abstandsmeldungen kamen mit monotoner Stimme in gleichbleibenden Abständen.
    Um 18.23 Uhr Bordzeit kam abermals eine Meldung der linken Flügelschiffe durch.
    „Fremde Objekte haben sich unserer Beschleunigung angepaßt! Weitere Abwehr erscheint fraglich! Wir erwarten Anweisungen!“
    Schumacher rief sofort zurück.
    „Handeln Sie nach Gutdünken!“
    Um 18.30 Uhr erlosch auf dem Kontrollbrett die Lampe, die das einwandfreie Funktionieren sämtlicher Aggregate des äußersten linken Flügelschiffes anzeigte. Auf dem Bildschirm erschien dort, wo bisher die EUR-243 geflogen war, ein weißer Glutball mit einem tiefroten Kern.
    Schumacher knirschte mit den Zähnen.
    „Sie haben den ersten erwischt!“
    Im Laufe der nächsten Stunden wurden noch acht der fremden Raketen abgeschossen. Drei weitere fanden ihr Ziel – drei Schiffe der Flotte wurden vernichtet. Danach tauchten keine neuen Raketen mehr auf. Die Flotte bremste ihre hohe Geschwindigkeit ab und behielt weiterhin Kurs auf die Erde.
    Die Erde hatte keinen Mond mehr. Andererseits beschrieb sie aber ebenso genau ihre Bahn, wie sie das vor 110 000 Jahren getan hatte.
    Die Erdoberfläche bot nicht mehr das gewohnte Bild der Verteilung von Ozeanen und Kontinenten. In der Tat hatte sie sich so verändert, daß niemand, der sie ohne Kenntnis seiner Koordinaten anflog, sie wiedererkannt hätte.
    In der Zwischenzeit hatte die EUROPA die Spitze der Flotte übernommen. Am 11. November 2548, 13.21 Uhr Bordzeit stand die EUROPA genau 15 000 km über der Stelle, an der zum Zeitpunkt des Startes das nordwestliche Amerika den Inselfinger der Aleuten weit hinaus in den Pazifik gestreckt hatte. Jetzt gab es keinen Ozean mehr zwischen Asien und dem

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