1103 - Das Azteken-Ritual
weichen Boden. Ich hatte Glück und geriet dabei nicht ins Rutschen.
Die Strecke war flach und blieb auch so. Trotzdem war meine Sicht nicht eben besonders, weil rechts und links das Buschwerk ziemlich hoch wuchs und mir oft einen Teil der Sicht nahm.
Die Vögel waren da, auch wenn ich sie nur noch vereinzelt sah. Sie bildeten keinen kleinen Pulk mehr am Himmel, sondern hatten sich irgendwie abgesetzt. Wohin, das war mir unbekannt, aber ich sah sie manchmal links von mir vereinzelt in die Höhe steigen.
Bis auf zwei!
Die größten Tiere, wahrscheinlich das Adlerpaar, schwebten noch hoch am Himmel über den anderen. Sie standen dort in der Luft wie heimliche Beobachter. Mit ihren scharfen Augen sahen sie alles. Selbst eine sich im Gras bewegende Maus.
Der Weg führte hinein in eine Linkskurve. Das höhere Strauchwerk an den Seiten trat zurück, so daß normal wachsendes Gras dort einen Teppich bilden konnte. So war auch meine Sicht besser, und ich atmete im ersten Moment auf, als ich das dunkle Holzhaus sah. Es stand in der Landschaft wie eine sichere Festung und war einfach nicht zu übersehen.
Ich atmete nicht auf, denn ich erkannte auf den zweiten Blick, daß sich die Vögel in der Nähe des Hauses versammelt hatten und es stetig umkreisten. Sie zogen ihre Runden, als wären sie von den Holzwänden angezogen worden. Manchmal flogen sie hoch bis zum Dach und darüber hinweg.
Ich war mit dem Tempo stark heruntergegangen und machte mir über das Verhalten der Vögel Gedanken. Selbst als Nichtfachmann fiel mir auf, daß sich die Tiere atypisch verhielten. Sie erinnerten mich mehr an Wächter oder Aufpasser, die nicht wollten, daß jemand das Haus verließ.
Zwar konnte ich nicht durch die Wände schauen, aber ich nahm an, daß sich jemand im Innern aufhielt. Neben der Tür lehnte ein Mountainbike an der Wand.
Vor dem Haus war Platz genug. Mir fielen auch die in der Nähe stehenden großen Gehege auf. Deren Außengitter schimmerten grünlich und stählern zugleich.
Ich stoppte.
Die Tür aufstoßen, aussteigen, ins Haus laufen, das alles hatte ich vorgehabt, doch es blieb reine Theorie. Die Vögel hatten etwas dagegen. Nicht die Tiere, die das Haus umflogen, es war das Adlerpaar, das aus der Höhe herabstieß. Die Fahrertür hatte ich schon halb aufgestoßen, als ich glücklicherweise einen Blick in die Höhe warf und die beiden Vögel sah.
Sie stießen aus dem Himmel herab wie zwei Pfeile. Und sie würden immer schneller sein als ich, denn bis zum Haus hin mußte ich noch einige Schritte laufen. Ich hätte dichter an den Bau heranfahren sollen.
So rammte ich die Tür wieder zu.
Zu meinem Glück, denn die Schnäbel der beiden Adler erwischten mich nicht. Ich hörte das Rauschen ihrer Schwingen, und mich erwischte noch der Luftzug, dann zitterte der Rover unter einem heftigen Schlag oder Aufprall. Der Adler hatte den Wagen nicht voll getroffen. Er war auch nicht durch das kompakte Hindernis verletzt worden, sondern stieg in die Höhe, drehte aber bei, um die beste Position für einen neuen Angriff einzunehmen.
Dann war er weg.
Es gab noch den zweiten. Ebenso die anderen Vögel. Ich fluchte in mich hinein und drückte mich auf dem Sitz zusammen, um schräg nach oben durch die Windschutzscheibe peilen zu können.
Es war nichts mehr von den Adlern zu sehen. Ich bezweifelte, daß sie sich zurückgezogen hatten und bekam es Sekunden später bestätigt, denn da hörte ich den Aufprall, der das Autodach voll erwischte. Sogar so heftig, daß der Rover leicht erbebte.
Es wurde still.
Ich wußte nicht, ob das Tier noch auf dem Dach saß. Zu hören jedenfalls war nichts.
Etwa fünfzehn Sekunden ließ ich verstreichen, bis ich mich wieder zu einer Reaktion durchgerungen hatte. Ich schätzte die Entfernung zwischen mir und dem Haus.
Zwanzig Meter waren es schon. Ich wollte sie überbrücken und den Wagen mit der Fahrertür zum Haus gerichtet parken. Das möglichst nahe an der Tür. Nur dann hatte ich eine Chance, hineinzukommen.
Ich startete wieder.
Das Geräusch des Motors mußte den Adler auf dem Dach erschreckt haben. Er stieg flatternd in die Höhe. Ich konnte seinen Schatten sehen, als ich durch die Seitenscheibe schaute. Er huschte über den Boden hinweg und war plötzlich verschwunden, als hätte man ihn einfach aufgesaugt.
Direkt über der Tür auf dem Dach hockte der zweite Adler. Die anderen Vögel hatten auch ihre Plätze gefunden. Sie malten sich auf den nicht weit entfernt stehenden Bäumen und
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