1107 - Jenseits der tödlichen Grenze
heißt: Es bleibt uns nur noch ein einziger Ausweg."
Er beobachtete sie scharf. Narktors Gesicht war steinern. Wido Helfrichs breiter Mund wurde zu einem dünnen Strich. Nikkis Augen funkelten in einem anderen Glanz als zuvor, während ihr die Bedeutung seiner Worte klar wurde. Atlan tat, als habe er nichts gehört. Taurec begann zu grinsen.
Die drei Mutanten verhielten sich schweigsam. Waylon Javier beugte sich nach vorne und fragte im Tonfall absoluter Verständnislosigkeit: „Einer bleibt uns noch? Tatsächlich? Welcher?"
„Der Weg durch den Frostrubin", antwortete Perry.
*
Jen Saliks leicht gerötetes Gesicht wirkte traurig und enttäuscht.
„Ich habe alles versucht", sagte er mit sanfter Stimme. „Ich habe von den Kosmokraten gesprochen, von den Porleytern und den Rittern der Tiefe. Ich habe über die Auseinandersetzung mit Seth-Apophis berichtet und darauf hingewiesen, daß sie für den gegenwärtigen Zustand des Frostrubins verantwortlich ist. Ich habe die ganze Litanei heruntergerasselt - einmal, zweimal, ein dutzendmal." Er hob die Schultern und schlug sich mit den flachen Händen klatschend auf die Knie. „Nichts. Kein Mucks. Nicht einmal ein Hinweis, daß sie uns überhaupt empfangen."
Perry legte ihm die Hand auf die Schulter.
„Niemand hat gesagt", bemerkte er in leisem, freundlichem Spott, „das Amt eines Ritters der Tiefe sei ein leichtes."
Er betätigte die Sensorfläche des Hyperkoms und wartete, bis das Kontrollinstrument volle Sendeleistung anzeigte. Dann zog er das Mikrophon zu sich heran und aktivierte den Translator.
„Du, der du dich das Herz der Endlosen Armada nennst - hier spricht Perry Rhodan. Du enttäuschst mich. Wir Menschen verbinden mit dem Begriff ›Herz‹ eine Vorstellung, die mit Verständnis, Einfühlungsvermögen, Nächstenliebe zu tun hat. Bei den Armadisten dagegen scheint man darunter nur eine geometrische Bezeichnung, einen Mittelpunkt, zu verstehen. Wir sind wirklich friedliebend und nicht ganz so machtlos, wie du vielleicht aus der geringen Anzahl unserer Raumschiffe schließen möchtest. Wir haben dir unsere Sorgen dargelegt. Wir sind bereit, mit dir zusammenzuarbeiten - aber nicht auf dem Weg über eine bedingungslose Kapitulation unsererseits.
Hier rührt sich nichts, Herz, bevor du nicht auf unsere Sorgen eingegangen bist und uns deine Meinung dazu hast hören lassen."
Er schlug mit der geballten Faust auf die leuchtende Sensorfläche und sah zu, wie sie dunkel wurde. Er wandte sich um und begegnete Taurecs Blick. Die gelben Augen musterten ihn mit freundlicher Neugierde - einem Ausdruck, dem er bisher noch nicht begegnet war.
„Du hast's ihm gegeben, Terraner", nickte der Gesandte der Kosmokraten.
„Ja. Nur glaube ich nicht, daß er sich davon beeindrucken lassen wird."
Eine Bewegung im Hintergrund erregte seine Aufmerksamkeit. Eric Weidenburn hatte sich aus seinem Sitz erhoben und strebte auf das große Schott zu.
„Eric, laß dir ein Quartier anweisen", rief er hinter ihm her. „Es scheint, wir müssen uns auf eine längere Wartezeit einrichten."
Weidenburn blieb stehen und sah ihn traurig an. Dann nickte er, wandte sich dem Schott wieder zu und schritt hinaus.
„Jemand sollte sich um ihn kümmern", sagte Perry.
„Ich mache das", antwortete Taurec zu jedermanns Überraschung und ging hinter dem Mann mit der Armadaflamme her.
*
Eric Weidenburn wußte nicht, wie ihm geschah. Seine Gedanken bewegten sieh entlang einer schmalen Spur und zielte auf ein einziges Objekt ab: Den Auftrag, mit dem er an Bord der BASIS gekommen war.
Er versuchte, sich an frühere Zeiten zu erinnern. Sein Bewußtsein war voller Ideen, Impulse, Gedanken und Emotionen gewesen. Er hatte sich mit Dutzenden verschiedener Dinge gleichzeitig befassen können. Er war zeit seines Lebens ein introvertierter Mensch gewesen, dem es Vergnügen bereitete, sich mit den Regungen seiner Vernunft auseinanderzusetzen. Er konnte stundenlang in einer stillen Ecke hocken und sich nur mit seinen Gedanken beschäftigen, ohne Langeweile dabei zu empfinden. Den „Omphaloskopen" hatten sie ihn spöttisch genannt - den Mann, der auf seinen Nabel starrte, während er angestrengt meditierte.
Die Erinnerung begann zu schwinden. Die Vergangenheit lag in grauer Ferne und rückte immer weiter von ihm ab. Der breite, wirbelnde Strom seiner Verstandestätigkeit war zu einem erbärmlichen, träge dahintröpfelnden Rinnsal geschrumpft. Noch empfand er deswegen Bedauern, aber
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