1121 - Der Sonnenhammer
operieren. Für die Dauer einer Sekunde überkam ihn so etwas wie Ehrfurcht: Der Mensch streckte die Hand nach noch einer anderen Galaxis aus.
Am Rand des großen Landefelds, dessen Grenzen bislang nur durch grellfarbene Bojen bezeichnet wurden, stand eine Kolonne von Gleitern geparkt. Jeder, der das Verlangen empfand, konnte sich einen davon nehmen und auf einen Abstecher ins Tal fliegen.
French hielt das für eine gute Idee. ,,Heh Jani, Nadu!" rief er über Minikom. „Wie wär’s mit einem Ausflug ins Tal der Adler." ,,Ohne mich", antwortete Nadu prompt. „Ich habe Vorbereitungen zu treffen." ,,Ich kann nicht", rief Jani zurück. Wenigstens glaubte er aus ihrer Stimme so etwas wie Bedauern herauszuhören. „Ich habe Wache." ,,Na, dann nicht", brummte French mürrisch und fragte sich ernsthaft, ob die zwei Weiber seine viele Mühe überhaupt wert waren.
Er nahm sich einen der Gleiter und stieg auf. Sekunden später sprach ein Robot ihn an und erklärte ihm genau, auf welcher Höhe und welchem Kurs er zu fliegen hatte. Es gab noch kein Funksicherheitssystem, das würde erst im Lauf der nächsten Tage installiert werden. Der Verkehr in und über dem Tal war dicht. Es bedurfte besonderer Vorsichtsmaßnahmen, um Unfälle zu verhindern.
Staunend musterte French die verwirrende Vielfalt der Aktivitäten im Innern des Talkessels. Menschen waren kaum zu sehen; dafür gab es Tausende von Robotern von kleinen Werk und Transportmaschinen bis riesigen, häusergroßen Konstruktionen, die planierten, Fundamente gossen und Gebäude darauf errichteten, alles in mehr oder weniger einem Arbeitsgang. Die Bauarbeiten richteten sich nach dem Prinzip, dass die Natur in ihrer ursprünglichen Form so weitgehend wie möglich erhalten bleiben solle.
Die Gebäude waren weit verstreut, und zwischen ihnen dehnten sich Flächen unberührten Buschwalds. French blickte in die Höhe. Ja, die Adler kreisten noch über dem Tal.
Drüben im Osten, fiel ihm auf, lag ein Bauabschnitt, der nahezu fertiggestellt zu sein schien. Ein Dutzend Kuppeln erhoben sich mitten aus dem Grün. Gehpfade verbanden sie untereinander. Auf einer Lichtung standen mehrere Gleiter geparkt. Der erste Schub von Technikern hatte sich dort offenbar schon häuslich gemacht. French steuerte sein Fahrzeug in Richtung der Kuppeln und landete neben einem Rundbau, in dessen Nähe eine komplizierte Antenne in die Höhe ragte. Er stieg aus und versuchte, durch eines der großen Fenster ins Innere des Gebäudes zu sehen, aber die Scheibe war polarisiert, um möglichst viel Sonnenlicht abzuhalten. Er wollte sich abwenden, da rief es aus dem Lautsprecher neben dem Haupteingang: ,,Heh, Frenchie alter Fährenskipper! Was hast du hier verloren?"
Verwundert drehte French sich um. Die Stimme kam ihm bekannt vor. ,,Gerard, bist du das?" rief er. ,,Wer sonst? Komm 'rein."
Die Tür öffnete sich. French passierte eine Klimaschleuse und gelangte in einen hell erleuchteten Laborraum, der mit vielerlei Gerät ausgestattet war. Bom Gerard war der einzige Anwesende. Er war hochgewachsen, athletisch gebaut und hatte auch sonst French Sringar einiges voraus. French hatte sich oft gefragt, warum er sich die Mühe machte, ausgerechnet ihn mit seiner Freundschaft zu beehren. ,,So, du hast es dir hier schon gemütlich gemacht", sagte er und sah sich mit neidischem Blick um. ,,Ja, so könnte man sagen", bestätigte Gerard grinsend. „Wir vermessen die Umgebung, von der Sonne bis hinaus zu den äußeren Planeten." ,,Tut man das normalerweise nicht vom Raum aus?" erkundigte sich French. „Ich meine, außerhalb der Atmosphäre."
,,Wir arbeiten auf hyperenergetischer Basis", belehrte ihn Gerard. „Da spielt es keine Rolle. Es sieht alles noch ein wenig kahl aus. Es ist erst die Hälfte der Besatzung eingetroffen, und bislang leiden wir an einem Mangel an Weiblichkeit, wenn du verstehst, was ich meine. Wie steht’s bei dir? Wie sieht’s mit deinem Liebesleben aus?"
French verspürte wenig Lust, sein Liebesleben zu diskutieren. Er machte eine vage Geste, dann deutete er auf ein großes Holographiefeld, das die Funktion eines Videoschirms versah. ,,Was ist das?" fragte er und versuchte vergebens, einen Sinn in die zuckenden, tanzenden Linien zu bringen, die in vielerlei Farben über das Feld huschten. ,,Ein Heliometer", antwortete Gerard. „Diese alte Sonne wird in wenigen Tagen kein einziges Geheimnis mehr..."
Es pfiff irgendwo. Gerard unterbrach sich mitten im Satz, sprang zu einer kleinen
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