1132 - Die Toten und der Waechter
antwortete Schovkrodon. „Unmittelbar danach informieren wir die Öffentlichkeit. Übrigens beginnt zur Zeit gerade die Eroberung der Orbitalstation über Vrugg durch ein Spezialkommando der Theokraten. Wir denken, dabei alle Raummeister fassen und damit eine eventuelle Rebellion im Keime ersticken zu können."
„Das ist gut", zwitscherte Prinar Dolg und fügte in Gedanken hinzu: Aber es ist nicht gut, daß ihr das ohne mein Einverständnis beschlossen habt. Solche Dinge werde ich künftig zu verhindern wissen.
Zurzel Gdaan langweilte sich. Sein Blick schweifte über die Details der Zentrale der Orbitalstation über Vrugg, über die Rundum-Emporen mit ihren Kontrollpulten, Monitoren und Computerblöcken und die Holoprojektion, die das Panorama der Tagseite des Planeten zeigte.
Zurzel Gdaan war allein in der riesigen Zentrale. Alle zur Zeit anwesenden Raummeister hielten eine Konferenz ab, und die Frauen und Männer der Stammbesatzung hatten nach den turbulenten Ereignissen der jüngsten Vergangenheit erstmals allesamt dienstfrei - bis auf ihn, der vom Zentralcomputer als Wache bestimmt worden war.
Der Sooldock schrak zusammen, als die Kommunikationskonsole, vor der er saß, ein schrilles Pfeifen von sich gab.
Ein kurzer Blick zeigte Gdaan, daß das Signal vom Fernkommunikator gekommen war.
Demnach kam der Anruf entweder von Vrugg oder von einem Raumschiff.
Gdaan berührte ein paar Sensorpunkte. Über der Konsole baute sich ein Holofeld auf, und in ihm entstand das naturgetreue Abbild eines kräftig gebauten Sooldocks mit rotbraunem Federkleid und einem breiten Hüftgürtel, der vorn durch eine große Schnalle mit dem Emblem des Vier-Sonnen-Reiches zusammengehalten wurde und an dessen rechter Seite ein Halfter befestigt war, aus dem das Griffstück einer Laser-Handwaffe ragte.
Ein Raumsoldat! durchfuhr es Gdaan. Es war ein beruhigendes Gefühl, das dieser Anblick auslöste, denn im Vier-Sonnen-Reich verkörperten die Raumsoldaten Ordnung und Sicherheit. „Zurzel Gdaan! Zur Zeit Wachhabender in der Zentrale der Orbitalstation", meldete er sich. „Amfreel Lurt", erwiderte der Soldat. „Führer des Begleitkommandos von Containerschiff hundertelf, mit Versorgungsgütern unterwegs zur Orbitalstation."
Verblüfft öffnete Gdaan die Faltmäuler links und rechts neben seiner Sprachmembran. „Aber das nächste Versorgungsschiff wird erst in neun Tagen erwartet!" zwitscherte er verwirrt. „Befehl ist Befehl", erwiderte Lurt lakonisch. „Du kannst dich darauf verlassen, daß alles seine Richtigkeit hat. Weise euren Computer an, die Ladeschleusen zu öffnen!"
Zurzel Gdaan zögerte. Er befand sich noch nicht lange genug in der Orbitalstation, um vollständig über die Befugnisse eines Wachhabenden informiert zu sein. Andererseits war er zu jung, um die Courage aufzubringen, den mit den Raummeistern konferierenden Kommandanten der Station wegen einer Angelegenheit zu stören, die von ihm allein erledigt werden konnte. „Du kennst dich wohl noch nicht aus?" spottete der Raumsoldat. „Wenn ich dir sage, daß euer Zentralcomputer alles macht, dann darfst du mir ruhig glauben. Du brauchst nicht einen einzigen Sensorpunkt zu berühren, kannst also auch nichts falsch machen. Oder möchtest du eine Strafversetzung riskieren, weil du deinen Kommandanten aus einer wichtigen Konferenz rufst?"
Das verfehlte seine Wirkung nicht. Außerdem hatte der Computer bereits reagiert, wie der Wechsel der großen Holoprojektion bewies. Sie zeigte nur noch einen Ausschnitt der Tagseite Vruggs - und die holographische Simulation des Containerschiffs, das sich der Orbitalstation näherte. „Weisung an Zentralcomputer!" sagte Gdaan hastig. „Die Ladeschleusen sind zu öffnen! Die Übernahme der Versorgungsgüter ist abzuwickeln - nach den Vorschriften!"
„Weisung wird bestätigt", antwortete der Computer. „Ladeschleusen werden geöffnet. Übernahme der Versorgungsgüter wird vorbereitet."
„Gut gemacht, Zurzel!" lobte der Raumsoldat. „Nun brauchst du nur noch die Öffnung der Personenschleusen zu veranlassen, damit ich euren Zentralcomputer mit den Frachtgutfolien füttern kann. Er muß schließlich vergleichen, ob das gelieferte Frachtgut mit den Daten übereinstimmt."
Das klang absolut logisch, und Gdaan hatte keinen Grund, Verdacht zu schöpfen.
Um so größer war sein Erschrecken, als sich wenige Sekunden später der Kommandant persönlich über Interkom bei ihm meldete und ihn fragte, was in ihn gefahren sei, daß er dem
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