1134 - Alissas Vater
versprechen. In ihr stecken deine und meine Gene. Sie hat den neuen Weg vor sich gesehen, und sie wird ihn auch gehen, das kann ich dir schwören, Franca.«
Allmählich begriff die Frau, daß es Aslan nur um seine Tochter ging. Er schwärmte von ihr, er würde sie beschützen, und sie fühlte sich schon jetzt als Klotz an seinem Bein.
»Aber möchtest du nicht zu mir kommen?« fragte er lauernd. »Willst du den Vater deiner Tochter nicht so begrüßen, wie es sich für dich geziemt?«
Franca schwieg. Sie bewegte den Kopf. Sie sah das schmutzige graue Wasser, über das die Schwaden trieben und auch Alissa nicht verschonten. Die junge Frau lächelte. Sie fühlte sich wohl. Sie breitete ihre Arme aus und deutete einmal auf ihren Vater und auch auf die Mutter. Franca verstand das Zeichen.
Sie setzte sich in Bewegung und ging in das Wasser hinein…
***
Es war eine Reise gewesen, die wir mit einer anderen Fluggesellschaft als Franca hinter uns gebracht hatten. Die Maschine war erst etwas später in Rom gelandet.
Sir James war auch informiert worden. Dank seiner Beziehungen und einiger Anrufe wurden wir nicht kontrolliert, und so kümmerte sich auch niemand um unsere Waffen. Als VIPs konnten wir uns frei bewegen und auch einen Wagen leihen.
Wir nahmen einen Fiat Punto. Father Ignatius hatte uns versprochen, daß der Wagen die Strecke auch schaffen würde. Es ging zwar in die Berge hinein, aber es gab auch dort Straßen, und das war wichtig.
Zeit verloren wir nicht mehr. Suko wollte fahren und verließ sich auf Ignatius Angaben. Ich hatte mich auf den Rücksitz geklemmt. Von der Landschaft sah ich nicht viel, obwohl ich aus dem Fenster schaute. Mein Kopf war einfach zu sehr mit Gedanken gefüllt, und ich hoffte, daß wir auch den richtigen Weg eingeschlagen hatten und den Mönch mit den Totenaugen in seinem ehemaligen Kloster fanden.
Suko fuhr wie die Einheimischen, rasant, aber trotzdem relativ sicher. Wir brauchten nicht durch die Stadt, das war ein großer Vorteil. Es ging hoch in die Berge, in das kalte Novemberlicht hinein.
Für Aslan gab es kein Zurück mehr. Freiwillig würde er sich von seiner Geliebten und der Tochter nicht trennen. Beide wollte er in sein schändliches Leben mit einbeziehen, und er ließ sich durch nichts von seinem Plan abbringen. Rudys Tod war das extremste Beispiel dafür.
Glücklicherweise hatten wir Father Ignatius bei uns, denn er kannte den Weg. Wir verfuhren uns nicht. Wo die Strecke noch enger und kurvenreicher wurde, hatten die Mönche damals ihr sehr kleines Kloster gebaut.
Es lag plötzlich vor uns, als hätte man es einfach in die Landschaft hineingestellt. Ignatius steckte voller Freude. Er ballte die Hände zu Fäusten und deutete gegen die Scheibe. »Ja, ja, wir haben es geschafft!«
Daß wir richtig gefahren waren, hatten wir auch gesehen, denn es stand ein Landcruiser in der Nähe des Eingangs. Mit dem Wagen war vermutlich Franca gekommen, und für uns gab es kein Warten mehr. Die Stille um uns herum hätte viele Menschen beruhigt. Auf mich traf das nicht zu. Ich konnte uns nur die Daumen drücken, daß wir nicht zu spät gekommen waren…
***
Das Wasser fühlte sich seltsam an. Es war nicht kalt, sondern umschwappte als lauwarme Brühe die Beine der Frau, die ihren Weg zwischen den kleinen Felsstücken mit den darauf stehenden Kerzen fand, deren Schein über ihren Körper huschte. Er malte auf ihn die gleichen Flecke wie auf den Körper ihrer Tochter, doch auf Grund des schwebenden Dunstes wirkten sie wie fahle Totenleuchten, die ein Begräbnis begleiteten.
Auch Aslan bewegte sich. Bisher hatte er im Trockenen gestanden. Nach dem ersten langen Schritt trat er in die Flüssigkeit hinein, die bei dem ersten Kontakt emporspritzte und wieder zurückklatschte.
Alissa schaute zu. Sie freute sich, denn auf ihren Lippen lag ein breites Lächeln. Sie wollte, daß Vater und Mutter wieder zusammenkamen. Eine Familie hatte sie sich immer gewünscht, und es war ihr egal, wie beide Elternteile aussahen.
Es war nicht mehr sein Gesicht, und es war auch nicht mehr sein Körper. Aslan hatte sich verändert.
Seine Augen gab es nicht mehr, und trotzdem konnte er sehen. Die Kraft der Hölle steckte jetzt in ihm, und damit würde er auch sein Leben weiterführen.
Sie sah, wie er die Sense senkte. Der schimmernde Halbmond glitt von seiner Schulter nach unten und wischte dabei über die Oberfläche des Wassers hinweg, als wollte er sie verletzen. Die Wellen schwappten Franca
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