1134 - Alissas Vater
entgegen, erreichten jetzt die Knie, aber sie hatte nur Augen für die Sense, die sich in Bewegung befand, und dabei zu einem neuen Ziel geführt wurde.
Das Ziel war sie.
In der Bewegung schien die Waffe immer länger zu werden, und plötzlich war sie dicht vor ihr. Sie schwebte an ihrem Gesicht entlang, als wollte sie die Haare kappen, dann aber senkte der Mönch mit den Totenaugen seine, Waffe, und plötzlich spürte Franca sie an ihrem Hals, wo sie wie ein kaltes Stück Eis lag.
Sie tat nichts.
Sie wollte die Augen schließen und rechnete - schon mit dem plötzlichen Schnitt, der ihr Leben beendete, aber sie schaffte es nicht, denn Aslan sprach sie an.
»Ich habe dich gefunden, und das finde ich auch gut.« Wieder klang seine Stimme so hohl, als hätte jedes einzelne Wort einen Nachhall. »Aber«, so sprach er weiter, »ich habe auch all die Jahre ohne dich gelebt, und jetzt bin ich der Meinung, daß ich es auch weiterhin schaffe.«
Das ist das Todesurteil! schoß es Franca durch den Kopf. Sie wußte nicht, was sie darauf erwidern sollte. Alles war so schrecklich geworden, und sie kannte keinen Gott, zu dem sie hätte flehen oder beten können.
Höchstens zum Teufel, doch der hatte sich auf die Seite des Stärkeren gestellt.
»Säg was!«
»Es… es… geht nicht mehr…«
»Doch, es geht noch…«
»Nein, bitte.«
»Du hast mich vergessen. Du hast nur an dich gedacht, an dein schmähliches Leben…«
»Nein, das stimmt nicht!« würgte sie hervor. »Ich dachte auch an unsere Tochter. Das mußt du mir glauben. Ich… dachte auch an sie, verdammt.«
»Du hast sie weggegeben.«
»Ja, weil ich…«
Er ließ sie nicht ausreden. »Deshalb soll sie entscheiden. Ich lege dein Leben in ihre Hand. Wenn sie mir sagt, daß ich dich töten soll, werde ich es tun.«
Es war eine Situation, wie sie sich nur ein perverses Gehirn ausdenken konnte. Der Tochter die Entscheidung überlassen, ob die Mutter getötet werden sollte oder nicht.
Franca konnte es nicht fassen. Sie bewegte nicht ihren Kopf, sondern nur die Augen und schielte dorthin, wo Alissa im Wasser stand und sie ebenfalls anblickte.
Sie hat die gleichen Augen wie ich, dachte Franca. Es ist so viel von mir an ihr. Ich sehe mich in ihr als junge Frau. Sie ist fast so etwas wie ein Ebenbild.
Die Blicke saugten sich ineinander fest. Plötzlich gab es den Begriff Zeit für sie nicht mehr. Sie standen nur da und sahen sich an. Es war eine wahnsinnige Entscheidung. Stellte sich Alissa auf die Seite ihrer Mutter, dann war sie verloren. Aslan würde keine Gnade kennen und nicht von seinem Weg abweichen.
»Ich will nicht so lange warten!« rief er.
Franca konnte nicht mehr sprechen. Was sie zu sagen hatte, malte sich in ihren Augen ab. Es war das Flehen, das ihrer Tochter galt, die sich von ihr abwandte und den Vater anschaute.
Es war zu spüren, wie dicht die Entscheidung bevorstand. Es kam jetzt nur auf Alissa an.
»Denke daran, was deine Mutter alles nicht für dich getan hat«, sagte Aslan.
»Ja, ich weiß es.«
»Nein, das ist nicht so«, sagte Franca. »Ich konnte dich nicht großziehen. Ich habe getan, was ich für richtig hielt. Ich habe dich zu den Schwestern in das Waisenhaus gegeben…«
»Ich hasse Waisenhäuser!« schrie Alissa. »Und ich habe auch die verdammten Schwestern gehaßt.«
Damit war für Franca alles klar. Sie stellte auch keine Frage mehr. Die Gesichter verschwammen vor ihren Augen, und sie hatte das Gefühl, schon jetzt auf dem Weg in die Schattenwelt des Todes zu sein.
»Töte sie, Vater!«
Alissas Stimme gellte durch die Höhle, aber es gab noch eine andere, die dazwischen sprach. Und die hatte die erste noch überklungen, und das mit nur einem Wort.
»Topar!«
***
Alle erstarrten und würden sich in den nächsten fünf Sekunden auch nicht bewegen.
Alle bis auf einen!
Das war Suko.
Er hatte das magische Wort gerufen, und nur er war in der Lage, die Frau zu retten.
Im buchstäblich letzten Augenblick waren er, Sinclair und Ignatius eingetroffen. Sie hatten sich keinen Plan zurechtlegen können, denn es galt, Menschenleben zu retten.
Suko sprang die letzten Stufen hinab. Mit dem nächsten Satz erreichte er das Wasser, das in die Höhe spritzte.
Wasser setzt einem laufenden Menschen Widerstand entgegen, und das bekam auch Suko zu spüren, der nicht so schnell von der Stelle kam, wie er es sich vorstellte. Er kämpfte sich durch, er hoffte, nicht zu spät zu sein.
Am Ende des letzten Sprungs bekam er Aslan zu
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