1134 - Im Innern einer Sonne
korrigierte er sich. Zu Nrla zumindest theoretisch.
„Was tun wir mit dem angebrochenen Abend?" fragte er anzüglich und nahm sich einen Schlag Frellpilzsuppe. „Wollen wir ausgehen, oder..." Das letzte Wort dehnte er, dann räusperte er sich.
„Warum so verlegen?" konterte Llrrt schnippisch. „Du könntest mir beim Abwaschen helfen."
„Oh", wehrte er ab. „Damit habe ich nichts zu tun."
„Das dachte ich mir."
„Ich meinte eher... ähem ..."
„Es ist mir klar, was du meinst." Llrrts Tonfall wurde merklich kühler. „Du willst mich anmachen, nicht wahr. Früher hast du das wesentlich einfühlsamer und sensibler angefangen. Schlag es dir aus dem Kopf. Daraus wird heute nichts."
Forrler verschluckte sich fast an seiner Suppe. So hatte er das Silkrinum noch nicht reden gehört.
„Was soll das?" Aus seinen Worten sprach gekränkte Eitelkeit. „Bin ich dir nicht mehr attraktiv genug?"
„Als ob es darauf ankäme!" entgegnete es ärgerlich. „Es gab eine Zeit, da hast du dich um mich bemüht. Heute besitzt du mich nur noch. So geht das nicht! Ich bin doch kein Sexualobjekt!"
Forrler legte den Löffel zur Seite und lehnte sich zurück.
„Was du mir vorhältst, ist ungerecht. Ich habe dich nie ..."
„Sicher nicht bewußt", gestand Llrrt ihm zu. „Trotzdem ist es so. Ich bin nicht berufstätig und komme tagsüber kaum aus der Wohnung, wenn ich nicht gerade Lebensmittel besorgen muß. Ich führe den Haushalt, ich wasche; putze, schrubbe und koche. So läuft mein Leben ab, Tag für Tag. Meinst du, das ist erfreulich oder gar anregend? Und dann kommst du daher, hockst dich bequem in deinen Sessel und denkst noch, ich müßte springen, wenn dir gerade danach zumute ist. Nein, Silkrin, nicht mit mir. Laß dir etwas anderes einf allen."
Forrler war wie vor den Kopf gestoßen. Mit einer solchen Klage hätte er nie gerechnet.
Zunächst wollte er protestieren, doch dann besann er sich und schwieg. Llrrt hatte nicht unrecht mit dem, was es sagte. Anderen Silkrina war es längst gelungen, die hergebrachten gesellschaftlichen Traditionen über Bord zu werfen; nur noch in seltenen Fällen lebten sie ausschließlich für Heim und Herd. Im Grunde war es lediglich eine Frage der Zeit gewesen, bis Llrrt merkte, daß die Emanzipation an ihm vorbeizugehen drohte.
Der Fehler lag bei allen dreien, erkannte Forrler. Es war bequem, den Status quo zu erhalten, es erforderte keinerlei geistige, körperliche oder moralische Initiative. Aber Bequemlichkeit konnte allzu leicht der Anfang vom Ende einer Beziehung werden. Er durfte es Llrrt nicht verübeln, wenn es plötzlich aufwachte. Mehr noch: Er mußte es unterstützen, wollte er Bröckelndes nicht zerfallen lassen.
Es würde ihm schwer fallen, die eingefahrenen Wege aufzugeben und neue zu beschreiten. Er mußte sich von Grund auf umstellen. Aber er wollte es guten Willens versuchen.
„Gib mir etwas Zeit, darüber nachzudenken", sagte er schließlich. „Ich muß das verarbeiten."
„Mhm." Es nickte mit vollem Mund und grinste.
Sofort fühlte Forrler sich erleichtert. Der Gefühlsausbruch war nötig gewesen. Hätte Llrrt die Unzufriedenheit weiter in sich hineingefressen, wäre es höchstens noch schlimmer geworden. So aber konnte man etwas ändern.
„Was hältst du davon", fragte er mit neu erwachendem Optimismus, „wenn wir den Altweisen morgen gemeinsam besuchen? Er wird sich freuen, wenn du mitkommst."
Während er immer noch vor der Suppe saß, kaute Llrrt bereits das Steak.
„Den Märchenerzähler?"
„Ja."
„Vielleicht", sagte es, ohne eine Miene zu verziehen. Die Augen jedoch lachten.
*
Das Gelände stieg steil an und wurde immer schwerer begehbar. Man mußte auf der Hut sein, nicht auf lose Steine oder Geröll zu treten. Die Vegetation war karg, nur hier und da wuchsen einige dürre, vertrocknete Sträucher. Die Sonne brannte heiß vom wolkenlosen Himmel.
Llrrt blieb stehen und wischte sich den Schweiß ab, der sich unter der vorgewölbten Stirn sammelte. Kurz blickte es zurück zur Stadt, die am Fuß des Berges begann und sich einige Kilometer weit ins Flachland hinaus erstreckte. Die Straßenschluchten waren erfüllt von pulsierendem Leben; viele Silkrinen nutzten das schöne Wetter während der arbeitsfreien Tage zu Spaziergängen oder Kurzausflügen.
„Wie weit ist es noch? Ich bin jetzt schon erschöpft."
Forrler war ebenfalls stehengeblieben und deutete mit einem Schulterarm nach links.
Dort, etwa zweihundert Meter entfernt,
Weitere Kostenlose Bücher