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114 - Sylphidas Rachegeister

114 - Sylphidas Rachegeister

Titel: 114 - Sylphidas Rachegeister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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Begannen.
    In der Nacht, bei Kerzen- und Lampenlicht,
malte er am liebsten. Die Stimmung schlug sich nieder in seinen düsteren,
seltsamen Bildern aus Irlands Geister- und Gespensterwelt. Tagsüber schlief
Reef bis fast in den Nachmittag hinein, um dann ausgiebig zu frühstücken. Drei
Hühner in einer baufälligen Hütte des Gartens, sorgten für frische Eier.
    Obwohl Andy Reef abseits lebte, hatte er
viele Freunde. Sie wohnten hauptsächlich in Drogheda und in dem kleinen, einige
Kilometer südlicher liegenden Ort Navan.
    Dort fuhr er manchmal hin mit einem uralten
klapprigen Taxi, das er für ein paar Pfund vom Schrottplatz geholt und
etappenweise wieder zu einem fahrbaren Untersatz gemacht hatte.
    Auch an diesem verhältnismäßig windstillen
Abend, was selten in dieser offenen Bucht war, saß der Maler in seinem Atelier.
    Es lag im ersten Stock und bestand aus
insgesamt drei kleineren Dachkammern, die Reef ausgebaut hatte, und die durch
Türen miteinander verbunden waren.
    Hier oben roch es nach Ölfarbe und Leim. In
den Ecken stapelten sich ungerahmte Bilder jeden Formats.
    Auf der mitten im Raum stehenden Staffelei
befand sich ein angefangenes Bild.
    Es war - wie alle Motive Reefs - in düsteren
Farben gehalten und zeigte die wildbewegte Oberfläche des Meeres, aus dessen
Tiefen sich eine grüne, seltsam gespenstisch leuchtende Insel schob.
    Das Eiland war hügelig und voll farnartiger
Gräser und Bäume, deren Wipfel an flache, dichtbelaubte Schirme erinnerten.
    Im Bildvordergrund wuchs ein riesiger Baum,
der in starken Farben gemalt war.
    In der Nähe des Stammes sprossen Pilze aus
dem Boden. Sie bildeten einen Kreis, einen sogenannten »Hexenring«. Ein Mensch
taumelte über die Pilze auf den Stamm zu, als würden unsichtbare Hände ihn nach
vorn ziehen, um ihn in den »Hexenring« zu zerren.
    Das Unsichtbare war durch bleiche, erst
angedeutete Gestalten, die wie Luftgeister den bereits farbig ausgemalten Mann
umschwärmten, dargestellt.
    Diese Geister waren wie der Wind, umflossen
den Taumelnden ganz, hielten ihn an Armen und Beinen fest, und im Dunkeln,
zwischen den Stämmen stand ein Gnom und fidelte wie von Sinnen auf seiner
Geige. Seine weißen, spinnwebdünnen Haare flogen, sein Gesichtsausdruck zeigte
Verzückung und die halb durchsichtigen bleichen Wesen, die lang, spitz und
schmal waren und durch die Luft schwirrten, tanzten einen wilden
Gespensterreigen.
    Andy Reef wollte das Bild in dieser Nacht
vollenden, aber dazu kam es nicht.
    Er griff gerade nach dem Pinsel, als er unten
das Klopfen hörte.
    Zwischen Reefs Augen bildete sich eine Falte.
    Es war nach acht, nicht besonders spät. Aber
für diesen abgelegenen Ort war es ungewöhnlich, daß jemand vorbeikam. Es sei
denn, daß ein Tourist sich verirrt oder eine Panne hatte.
    Reef eilte die knarrenden Stufen nach unten.
    Von hier oben konnte er nicht sehen, wer vor
der Haustür stand. Das abstehende Dach versperrte die Sicht.
    Unten im Flur lag auf einem dicken
Wollteppich ein alter deutscher Schäferhund. Er war fast blind, hörte kaum noch
und reagierte nicht mehr, wenn Fremde kamen. Früher war das Tier, das von Andy
Reef sein Gnadenbrot bekam, ein scharfer Wachhund.
    Der Hund merkte die Nähe seines Herrn erst,
als dieser ihn umrundete, um zur Tür zu gelangen.
    Er hob den Kopf, schnaubte freudig und
wedelte mit dem Schwanz.
    Reef zog den Riegel zurück und öffnete die
Tür.
    Direkt vor dem Eingang brannte schwach eine
alte Lampe. In ihrem Licht stand leicht gebückt ein alter Mann. Er sah völlig verwahrlost
aus. Seine Kleider waren zerschlissen und fadenscheinig, und sein schlohweißes
Haar hing lang auf der Schulter. Der Bart reichte ihm bis zur Brust.
    Die Augen aber wirkten klar und jugendlich
und etwas im Gesicht seines Gegenüber kam dem Maler bekannt
vor. Er hätte allerdings nicht sagen können, was es war.
    Der Alte stutzte, als er den Maler auf der
Schwelle erblickte.
    »Wer sind Sie denn ?« fragte er irritiert und musterte Andy Reef von Kopf bis Fuß.
    Der Maler lächelte verschmitzt .. »Eigentlich hätte ich Grund, Sie zu fragen ... Ich bin
hier zu Hause .«
    Da ließ der andere ein leises Lachen hören. »Sie
scheinen ein Spaßvogel besonderer Art zu sein, wie? Ich bin allerdings nicht
hartherzig. Wenn Sie vorbeigekommen sind und die Tür offen gefunden haben, habe
ich nichts dangen, wenn Sie die Nacht über bleiben . .
Im Haus ist immer ein Platz für einen müden Wanderer... Und ein Stück Brot
haben wir auch für Sie

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