1140 - Der Eindringling
Staub erfüllten die Luft, und hier und da züngelten Flammen auf.
„Hurt?" rief sie angsterfüllt. „Grude? Wo seid ihr?"
„Mach, daß du 'rauskommst!" antwortete Hannusens Stimme. Sie sah ihn von links aus dem Rauch auftauchen. Er trug Eri, und Tina taumelte hinter ihm her durch das Gewirr von Balken, Möbeln, Wandplatten und so weiter - es schien, als sei das halbe Haus zusammengestürzt.
„Wo ist Hurt?" fragte sie, während sie über einen glimmenden Balken hinwegstieg.
„Ich habe keine Ahnung. Verdammt, beeile dich. Ich suche gleich nach ihm. Hier, nimm Eri mit!"
Sie nahm ihm das schlafende Kind ab. Tina stolperte wie in Trance unter herabhängenden Teilen der Deckenverkleidung auf die Haustür zu, und Millie folgte ihr.
Sie rannte ein Stück vom Haus weg und legte das Kind ins Gras. Dann kehrte sie zum Haus zurück, ohne sich noch lange um Tina zu kümmern, die benommen dastand und ins Leere blickte.
„Hurt!" rief Hannusen im Innern des Hauses. „Verdammt, sag doch einen Ton! Wo bist du?"
„Ich habe die Polizei alarmiert", sagte Millie und tastete sich zur Küchentür vor. „Sie müssen gleich hier sein."
„Bleib draußen!" schrie Hannusen sie an. „Siehst du nicht, was hier los ist?"
Natürlich sah sie es: Die Flammen fanden immer mehr Nahrung, und über kurz oder lang würde das ganze Haus brennen. Aber gleichzeitig kam es ihr so vor, als ginge sie das gar nichts an. Sie hatte keine Angst mehr. Nach Tagen, in denen sie ständig mit der Möglichkeit eines sofortigen Todes konfrontiert gewesen war, konnte sie sich nicht mehr fürchten.
„Grude, bist du da drin?"
Sie sah zur Haustür hin: Ein sehr junger Mann stand dort und spähte herein.
„Komm her, Bloren!" befahl Hannusen. „Hilf mir! Wo sind die anderen?"
„Hinter diesem komischen Ding her. Grude, wir sollten nach draußen gehen!"
„Das werden wir auch gleich tun - wenn wir Hurt Gassner unter dieser Platte hervorgeholt haben."
Millie sah, wie sie irgendwelche Trümmerstücke zur Seite räumten. Sie öffnete die Küchentür, und Sim kam ihr entgegen. Der Hund torkelte, als sei er halb betäubt, und sie vermutete, daß ihm irgend etwas auf den Kopf gefallen war. Sie half dem Tier hinaus und drehte sich dann abermals nach Grude Hannusen um. Sie sah, wie er mit Blorens Hilfe Hurt aus den Trümmern hervorzog.
„Er ist nur bewußtlos", sagte Grude rau. „Los jetzt, 'raus hier!"
Die züngelnden Flammen waren höher geworden und griffen immer weiter um sich.
Millie verließ das Haus wie in Trance, trug ihre Tochter vom Garten auf die Straße hinaus und stand dann regungslos da und starrte in die Flammen, während Hannusen und der Junge sich um Hurt kümmerten.
„Er hat Glück gehabt", sagte Grude nach einer Weile, trat neben sie und legte den Arm um ihre Schultern.
„Wir haben alle Glück gehabt", murmelte Millie und begann zu weinen.
Dann traf endlich Herbie Landock mit ein paar Leuten ein, und auch Grude Hannusens Mitarbeiter kehrten von ihrer nutzlosen Verfolgungsjagd zurück. Die Löscharbeiten begannen - es war zwar nicht mehr viel zu retten, aber zumindest konnte man verhindern, daß der Brand auf den Wald übergriff - und Herbie stellte unzählige Fragen. Da weder Hurt noch Tina ansprechbar waren, mußten Millie und Hannusen ihm Rede und Antwort stehen.
„Er muß schließlich doch eingesehen haben, daß es besser war, von hier zu verschwinden", berichtete Hannusen, nachdem er Landock über die Vorfälle im Haus der Gassners aufgeklärt hatte. „Er baute einen grünen Energieschirm um sich herum auf, und gleich darauf fiel das halbe Haus in sich zusammen. Ich stand hinter ihm und bekam so gut wie gar nichts ab - ich flog zwar ein Stück durch die Luft, aber ich landete in einer Ecke, in der keine Trümmer herunterkamen. Hurt hatte weniger Glück. Ich holte dann Tina und das Kind - und das war eigentlich alles."
Carlo Reppen lieferte den Rest der Geschichte.
„Das Ding schoß aus den Trümmern hervor, wie eine Rakete. Ben und Jako standen ihm im Weg - die haben wahrscheinlich gar nicht mehr mitbekommen, was da auf sie zukam. Aber dann wurde das Ding etwas langsamer - ich glaube, es traute sich nicht, über die Bäume hinwegzufliegen. Vielleicht hatte es Angst, daß man es dann auch unten im Dorf sehen könnte. Es schlängelte sich also zwischen den Bäumen hindurch, und wir rannten hinterher. Wir konnten es aber nicht einholen, und wir hatten ehrlich gesagt auch gar nicht die Absicht. Wir waren oben auf dem
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