1143 - Grabmal des Grauens
Nenner war die Geschichte zu bringen.
»Es war wirklich eine schlimme Tragödie.« Marion kam allmählich zum Schluss. »Vor zehn Jahren passierte es. Unsere Familie litt auch in der Folgezeit stark darunter, aber wir haben es geschafft, uns wieder zu fangen. Und nun passiert das.«
Bill und ich ließen ihr Zeit, wieder zu sich zu kommen. Ich hatte den Kopf leicht nach links gedreht, um Anne Hopper im Auge zu behalten.
Sie glich auch jetzt einer Statue und saß bewegungslos auf ihrem Platz.
Nichts in ihrem Gesicht bewegte sich. Aus ihr schien das Leben gewichen zu sein.
Laut fragte Marion: »Können Sie mir einen Grund sagen? Wissen Sie, weshalb man uns so quält?«
»Nicht genau«, sagte Bill. »Ich gehe mal davon aus, dass es Seelen sind, die keine Ruhe finden können. Eine andere Antwort habe ich leider auch nicht.«
»Ruhelose Seelen«, flüsterte Marion. »So etwas gehört doch in den Bereich der Fabel.«
»O nein, Marion. Manchmal ist das Leben fantastischer als es jede Fabel sein kann.«
Sie nickte vor sich hin und sagte dann. »Auch wenn ich das akzeptiere, was ich wohl oder übel muss. Können Sie mir dann sagen, weshalb mein Freund Dario La Monte sterben musste?«
»Hat er nicht das Grabmal geschaffen?«, fragte ich.
»Ja, auf Bestellung.« Sie lachte bitter auf und schüttelte den Kopf.
»Wir waren ja noch so dumm, das Testament meines Onkels zu erfüllen. Er hat genau gewusst, wie die Gruft nach außen hin auszusehen hat. Wie jemand, der zuvor alles plante. Allmählich kommt es mir auch so vor. Er hat alles geplant, denke ich. Vielleicht ist es kein Amoklauf gewesen, und er hat zuvor alles genau abgecheckt. Oder wie sehen Sie das?«
»Es kann sein.« sagte ich. »Da muss er dann auch mit gewissen Mächten Kontakt gehabt haben«, fuhr ich fort. »Was wissen Sie eigentlich über ihren Onkel Gerald?«
Marion überlegte und kratzte dabei an ihrer Stirn. »Tja«, murmelte sie, »was weiß ich? Dass ich nichts über ihn weiß, kann ich nicht behaupten, aber ich weiß auch nicht viel.«
»Das wenige könnte uns helfen.«
Sie lächelte knapp. »Er war eigentlich immer ein Einsiedler. Das habe ich schon als Kind so erlebt. Kein Schwarzes Schaf der Familie, aber jemand, der seinen eigenen Weg ging. Er hat auch nie geheiratet. Ich weiß nicht einmal, ob er jemals eine Frau gehabt hat. Er lebte stets zurückgezogen. Wie eingepackt in seine Welt. In einem kleinen Haus, das er nur selten verließ. Wir sahen ihn höchstens mal auf irgendwelchen Festen, das war auch alles.«
»Hatte er Hobbys?«
»Keine Ahnung. Er war oft unterwegs, das weiß ich schon. Wo er sich herumtrieb, ist mir nicht bekannt. Man kann aber ruhig von Reisen in die Ferne sprechen. Andere Erdteile waren ihm nicht fremd. Afrika, Asien, auch Australien hat er durchquert. Er war immer auf der Suche, wie man uns mal sagte, doch wonach er gesucht hat, ist mir nicht geläufig.«
»Könnte Ihre Mutter uns weiterhelfen?«, fragte ich.
Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Soviel mir bekannt ist, hat sie sich nie großartig um ihren Schwager gekümmert. Wie gesagt, der Kontakt zu seiner Familie war nicht intensiv.«
»Aber zu La Monte, nicht?«
Marion Hopper starrte mich an. Ein schmerzlicher Zug huschte wieder um ihre Mundwinkel. »Ja, das hat er. Gerald Hopper und Dario La Monte passten zueinander. Sie haben sich gesucht und auch gefunden. Es ist wie ein kleines Wunder gewesen, und ihn hat er auch in sein Vertrauen gezogen. Das habe ich allerdings erst später erfahren, als Dario und ich schon liiert waren.«
»Was zog ihn so hin?«
»Es war der Job, die Einstellung. Dario war Künstler und sehr weltoffen. Ihn interessierten weder Hard- noch Software. Er meinte immer, dass er über den Tellerrand hinausschauen konnte, was immer er damit auch beabsichtigte. Meinem Onkel gefiel dies. So hockten die beiden oft zusammen. Sie freundeten sich an, und Dario erhielt den Auftrag für das Grabmal. Ich habe nicht nachgefragt. Das liegt alles zehn und mehr Jahre zurück. Damals war ich Zwanzig. Es gab noch keine Verbindung zwischen Dario und mir. Das hat sich erst im letzten Jahr richtig entwickelt. Außerdem hatte ich viel um die Ohren. Ich musste mich um den Aufbau der Firma kümmern.«
»Das ist verständlich«, sagte ich. »Aber Sie haben nie mit Ihrem Freund über gewisse Vorgänge aus der Vergangenheit gesprochen? Es wäre normal gewesen, weil sie eben so prägend sind.«
»Hin und wieder.«
»Kam es zu einem Ergebnis?«
»Nein.
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