115 - Die Herrin des Sumpfes
Sie konnte auch falsch sein. Wir hatten uns trotzdem sofort auf den Weg gemacht, denn jeder Hinweis war unserer Ansicht nach wichtig.
Wir hatten uns von einem novembergrauen London verabschiedet. Feuchtkalte Nebel hatten in den Straßen und Parks gelegen. Die Zeit war angebrochen, wo man sich die Wintergarderobe herrichtet - und manchmal sogar schon anzieht, wenn der Wind besonders unangenehm kalt um die Ecken pfeift.
Und nun befanden wir uns in Manâus, wo die mittlere Tagestemperatur während des ganzen Jahres 27,4 Grad Celsius beträgt.
Zu Hause hätte ich diese Temperaturen als durchaus erträglich und angenehm empfunden, aber hier… Mann, das war vielleicht ein Klima. Die Luftfeuchtigkeit betrug 90 Prozent, und das machte mir ziemlich zu schaffen. Meinem Freund hingegen ging es gut. Mr. Silver sah aus, als käme er direkt aus dem Kühlschrank. Er wirkte frisch und voller Elan, während ich matt und abgeschlagen war. Ich mußte mich erst akklimatisieren.
Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte auch der Ex-Dämon Anpassungsschwierigkeiten gehabt, wenn es heiß gewesen war, aber das lag lange zurück. Inzwischen vertrug er Hitze oder Schwüle hervorragend.
Wir befanden uns auf einem kleinen Sportflugplatz außerhalb der Stadt und hatten einen Piloten aufgetrieben, der zu einem überhöhten Preis bereit war, uns überallhin zu fliegen. Der Knabe war äußerst geschäftstüchtig, ein richtiges Schlitzohr. Als ich bei der ersten Summe, die er nannte, nicht gleich einen Wutanfall bekam, dachte er, noch ein paar Extras herausholen zu können, aber ich hatte mir ein Limit gesetzt, und darüber ging ich nicht.
Als er merkte, daß bei mir der Ofen aus war, sagte er: »Gut, ich mach’s. Ich zahle zwar drauf, aber ich mach’s, weil Sie mir sympathisch sind.«
Ich grinste. »Alle Geschäftsleute, denen es gutgeht, leben vom Draufzahlen. Wann können wir fliegen?«
»Amanha.«
»Morgen? Warum nicht heute?«
Er wies auf seine einmotorige Maschine, eine Kobin Kavalier Regent Sie sah ziemlich ramponiert aus. Der Rumpf wies tiefe Schrammen auf, das Leitwerk hing schief herunter, und mit dem Höhenruder konnte auch irgend etwas nicht stimmen. Mir war klar, daß uns hier in Brasilien ein Abenteuer erwartete. Mit der Robin zu fliegen, war ein zusätzliches.
»Ich muß noch ein paar Kleinigkeiten in Ordnung bringen«, sagte Pablo Jarnanez, der Pilot.
»Wie oft sind Sie mit Ihrer Kiste schon abgestürzt?« fragte ich.
»Noch nie«, antwortete Jamanez beleidigt. »Ich bin ein großartiger Pilot. Der beste von Brasilien.«
Nun, bestimmt war er das nicht, aber einer der größten Aufschneider war er garantiert.
»Na schön«, sagte ich. »Wir sind morgen wieder da.« Es klang fast wie eine Drohung. »Hoffentlich kriegen Sie Ihren Vogel dann hoch, sonst müssen wir uns nach einem anderen Piloten Umsehen.«
»Ich fliege diese Maschine mit nur einer Tragfläche und lande ohne Fahrwerk so sanft auf jeder Urwaldpiste, daß Sie es gar nicht merken.«
»Okay, Pablo. Sie sind unser Mann. Dann bis amanha.« Ich wandte mich an meinen Freund. »Komm, Silver, wir dürfen Pablo nicht länger von der Arbeit abhalten. Er hat noch sehr viel zu tun.« Wir gingen am Hangar vorbei. »Der bastelt an seinem Flugzeug noch herum, wenn wir uns bereits in der Luft befinden«, brummte Mr. Silver.
»Wir können uns nur damit beruhigen, daß auch Pablo Jamanez größten Wert darauf legt, nach jedem Start wieder heil herunterzukommen.«
Wir fuhren mit dem Bus zu unserem Hotel zurück. In der voll klimatisierten Bar ließ es sich aushalten. Ich konsumierte einen Pernod mit viel Eis und fühlte mich danach bedeutend wohler.
Ein Glück, daß wir Rian Xavier Goddard nicht im gesamten 8.511.965 Quadratkilometer großen Land zu suchen brauchten. Die vagen Informationen, die Tucker Peckinpah aufgetrieben und an uns weitergegeben hatte, grenzten das Suchgebiet erheblich ein.
Wir mußten die Augen zwischen Manaus und der Grenze zwischen Brasilien und Peru die Augen offenhalten. Das waren etwa tausend Kilometer. Eine Kleinigkeit - das bißchen Urwald.
***
Nico Vega brüllte immer noch. Er hatte die Blechpfanne fallen lassen und verließ fluchtartig das Wasser. Er rutschte im Uferschlick aus und stürzte. Einige Garimpeiros nahmen sich seiner an. Er schlug um sich. Sie hielten ihn fest. Er versuchte sich loszureißen, doch die Männer preßten ihn in den Schlamm und versuchten ihn zu beruhigen.
Joao Derecca schwankte heran. »Was ist mit ihm? Warum
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