115 - Die Herrin des Sumpfes
schreit er so? Ist er übergeschnappt? Laßt ihn los!«
Die Garimpeiros zögerten.
»Hört ihr schlecht? Ich sagte, ihr sollt ihn loslassen!« schrie Joao wütend. Er schätzte es nicht, wenn man nicht tat, was er wollte. Vor allem dann nicht, wenn er betrunken war.
Er war hier zwar nicht der Capo, aber wenn er getrunken hatte, benahm er sich so. Die Männer ließen Nico los; der bekam es gar nicht mit. Jetzt war er frei, aber er sprang nicht auf, blieb im Schlamm liegen und schrie nur noch.
Joao stieß ihn mit dem Fuß an. »Hör auf, wie ein Idiot zu brüllen, Nico!«
Nico verstummte.
»Steh auf!« befahl ihm Joao.
Er gehorchte.
Joao schickte die Garimpeiros fort. »Was gibt es hier zu glotzen? Habt ihr nichts zu tun? Seid ihr schon so reich, daß ihr nicht mehr zu arbeiten braucht?«
Sie ließen ihn mit Nico allein. Er stieß den Freund seiner Schwester in die Hütte, stieß ihn auf ein Bett und gab ihm Schnaps zu trinken.
»So«, sagte Joao. »Und nun erzähl mal. Hat dich irgendein Insekt gestochen?«
»Ich bin dieser Schlange begegnet… das war ein böses Omen«, schluchzte Nico Vega.
Joao Derecca rollte die Augen. »Fängst du schon wieder damit an?«
»Ich habe den Teufel erschlagen… Das war der Anfang… Und nun habe ich Kogora gesehen! Sie hat sich mir gezeigt…«
»Wo hast du sie gesehen?« wollte Joao wissen.
»Sie war in meiner Pfanne!«
Joao rammte Nico die flache Hand gegen die Stirn. »Merkst du nicht, was für einen Blödsinn du daherredest? Die Sumpfhexe! In deiner Pfanne! Da war nichts weiter als Wasser!«
»Nein, es war Blut!« keuchte Nico. »Kogora verwandelte das Wasser in Blut!«
»Du denkst wohl, ich wäre genauso ein Idiot wie du, was? Sonst würdest du mir keinen so haarsträubenden Unsinn erzählen.«
»Ich brauche noch- einen Schluck Schnaps.«
»Kriegst du nicht. Du bist ohnedies schon besoffen!« Joao verließ mit der Flasche die Hütte. Draußen stand seine Schwester und sah ihn fragend an. »Steh hier nicht rum!« herrschte er sie an. »Geh hinein und nimm dich dieses Wahnsinnigen an. Sorge dafür, daß er sein bißchen Verstand wiederfindet. Ich will, daß èr so bald wie möglich wieder arbeitet. Er darf sich nicht auf die faule Haut legen.«
Saboa kniete neben dem Bett nieder. Nico hatte sich hingelegt. Sie nahm sein heißes, zuckendes Gesicht zwischen die Hände und schaute ihm schweigend in die Augen, Noch nie hatte sie in irgend jemandes Augen soviel Angst gesehen.
Nico wollte sich aufsetzen, doch sie ließ es nicht zu. »Bleib liegen. Beruhige dich.«
»Joao glaubt mir nicht. Er hält mich für verrückt, aber das bin ich nicht, Saboa. Ich schwöre dir beim meinem Augenlicht, daß ich die Sumpfhexe gesehen habe. Sie lächelte mich an… böse, grausam. Mich überläuft es jetzt noch eiskalt, wenn ich daran denke. Sie ist eine Schönheit, aber gleichzeitig auch das schrecklichste Weib, das du dir vorstellen kannst. Sie trägt das Böse in ihrem Blick. Sie sah mich an, als wüßte sie ganz genau, daß ich nicht mehr lange zu leben habe. Und dann… wurde das Wasser zu dunkelrotem Blut. Diese Hexe hat es auf mich abgesehen, Saboa!«
»Kogora ist ein Märchen, das sagte ich dir bereits. Irgend jemand hat sie erfunden. Es gibt sie nicht wirklich.«
»Und was habe ich im Wasser gesehen?«
»Vielleicht dein eigenes Spiegelbild«, sagte Saboa. »Deine Sinne haben dir einen Streich gespielt. Du brauchst keine Angst zu haben. Niemand trachtet dir nach dem Leben. Niemand nimmt dir übel, daß du diese Giftschlange erschlagen hast.«
Nico setzte sich jetzt dennoch auf. Er sah Saboa aufgewühlt an. »Ich darf hier nicht bleiben. Ich muß fortgehen.«
»Wohin willst du? Und was wird aus mir?«
»Ich nehme dich mit.«
»Das würde Joao nicht zulassen.«
»Joao kommt auch ohne dich zurecht. Er ist ein kräftiger Mann«, sagte Nico. »Joao muß selbst sehen, wo er bleibt, und du kommst mit mir. Wir gehen nach Belém.«
»Zurück in die Stadt, die du verlassen hast, um das große Los zu ziehen? Hast du es denn vergessen: Du wolltest reich werden, viel Gold finden, als gemachter Mann heimkehren.«
»Was nützt mir die größte Goldader, wenn die Sumpfhexe mir den Hals umdreht?«
»Deine Freunde in Belém werden dich auslachen«, sagte Saboa.
»Das nehme ich in Kauf. Es tut nicht weh, ausgelacht zu werden. Irgendwann hören sie zu lachen auf - und ich lebe. Du begleitest mich nach Belém. Ich bin arbeitsam. Ich kann dich auch dort ernähren.«
Saboa erhob
Weitere Kostenlose Bücher