115 - Die Höhle des Chakra
Meditation versunken.
Unga dachte sich, daß hier irgendein Sektentreffen stattfinden sollte. Er fragte sich, was das mit Colonel Bixby zu tun hatte, zu dem er endlich gelangen wollte.
Sri Mahadev, Rajman Singh und die anderen führten Unga und Manjushri in die Versammlung ein. Sie wurden freundlich begrüßt. Ein paar der Anwesenden redeten Unga auf englisch an.
„Wir freuen uns, daß Sie gekommen sind, um die Lehren des Erhabenen zu hören und die Demonstration der Kräfte zu sehen, die Padma den Gläubigen verleiht."
„Die Schönheit Ihrer Begleiterin erfreut unsere Augen. Sie muß ein erhabenes Karma haben, daß sie in einer solchen Gestalt einhergehen darf."
Unga wandte sich an Sri Mahadev. Die Musik spielte immer noch, viele der Anwesenden intonierten die Lobspreisungen Padmas.
„Wann kommen wir zur Sache?" fragte der Cro Magnon.
„Gleich", antwortete der Sikh. „Sie werden Dinge sehen, von denen Sie nicht einmal zu träumen wagten oder die Sie als Fantastereien abtaten. Aber denken Sie immer daran: Diese Kräfte können auch Ihnen zuteil werden, wenn Sie gläubig sind und den rechten Weg gehen."
Unga sagte nichts darauf. Er war nicht nach Indien gekommen, um sich bekehren zu lassen. Er beobachtete Manjushri, die ihr schönes geheimnisvolles Lächeln lächelte.
Der alte Mönch, der Guru, klatschte nun wieder in die Hände. Allmählich verstummte die Musik. Es wurde ruhig in dem Gewölbe. Jetzt sah Unga, daß der alte Mann mit der hellgelben, leuchtenden Kutte blind war. Er hatte starre, glasige Augen, die dennoch von einem inneren Leuchten erfüllt zu sein schienen.
Der Guru redete. Sri Mahadev übersetzte flüsternd für Unga.
„Ich will nun, bevor ich die Lehre verkünde, mit meinen Sadhus die Kraft demonstrieren, die Padmasambhawa Bodhisattwa dem Gläubigen gibt."
Unga zuckte leicht zusammen.
„Padmasambhawa Bodhisattwa?" fragte er. „Wer ist das?"
„Ein göttliches Wesen", sagte der Sikh. „Padma heißt Lotos. Padmasambhawa ist der aus dem Lotos Geborene. Seid aufmerksam! Der Guru beginnt nun mit der Demonstration."
Der Guru hob die Hände. Einer der Sadhus wurde von zwei anderen in die Waagrechte gelegt und in der Luft gehalten. Als sie ihn losließen, schwebte er empor bis knapp unter die Felsendecke. Einen anderen Sadhu durchbohrten seine Glaubensbrüder mit einem Degen. Der Degen wurde vorn ins Zwerchfell gestoßen und kam hinten am Rücken wieder heraus. In Ungas Eingeweiden zog es seltsam, als er nur hinsah. Ein dritter Sadhu nahm mit den bloßen Händen glühende Kohlen aus einem Becken und verspeiste sie.
„Padma ist groß!" riefen die Versammelten.
Sie intonierten eine Hymne.
Unga war bisher noch nicht besonders beeindruckt. Derlei Kunststücke brachten die meisten Fakire und jeder gute Magier zustande.
Der blinde Guru wandte sich nun um. Er richtete seine blinden Augen auf den schwarzen Altarstein, der gewiß ein paar Tonnen wog. Unga und alle anderen Anwesenden sahen, wie der Altarstein sich vom Boden löste und in die Luft schwebte.
Jetzt staunte auch der Cro Magnon. Er war sicher, daß hier kein Gaukelspiel vorlag. Der menschliche Geist entwickelte diese unglaubliche Kraft. Es war beeindruckend.
Zugleich aber fiel Unga eine Parallele ein, die ihm Sorgen bereitete. Auch beim Kailasanath-Tempel in Ellora hatte vor einigen Tagen eine solche Demonstration der Kraft Padmas stattgefunden, die katastrophal geendet hatte. Unga wußte über die „Mystery Press" davon.
„Was sagst du dazu, Manjushri?" fragte er seine schöne Begleiterin.
„Padma muß mächtig sein, wenn er seinen Anhängern solche Kräfte gibt", antwortete sie. „Aber ob er auch der Mächtigste ist, das kann ich nicht beurteilen."
Immerhin wußte Unga jetzt, daß sie nicht zur Padma-Sekte gehörte. Damit war ihr Schwur, den sie vorhin bei Padma geleistet hatte, nichts wert.
Er wandte sich an Sri Mahadev, der wie die anderen verzückt dreinschaute.
„Alles schön, Sri Mahadev Singh. Aber was ist nun mit Colonel Bixby? Ist er hier? Kommt er her oder was?"
„Alles zu seiner Zeit."
Unga brummte etwas Unverständliches. Bisher hatte er über Bixby noch gar nichts erfahren. Die Demonstrationen paraphysischer Fähigkeiten war interessant; aber Unga hatte eine Aufgabe zu erfüllen, und im Moment verlor er nur Zeit, so wie er es sah.
Er überlegte, ob er Sri Mahadev Singh nicht kurzerhand mit dem Kommandostab hypnotisieren sollte. Aber dann war die Neugierde zu stark; er wollte mehr über
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