1151 - Mandragoros Monsterwelt
nicht. Ich habe mir hier eine kleine Welt aufgebaut. Oder eine Welt erhalten. Sie sollte nur für mich sein. Ich wusste nicht, dass du sie finden würdest. Das wundert mich schon, John. Aber auch ich kann das Schicksal nicht beeinflussen.«
»Ich habe es auch nicht gewollt. Nur wenn du lebende Leichen in die Welt schickst, musst du damit rechnen, dass man mir Bescheid gibt. Das ist nun mal so.«
»Ja, das habe ich jetzt auch festgestellt. Du hast ja sehr bald gewusst, wer hier herrscht, John. Ich will diese Welt auch nicht aufgeben. Sie ist ein Stück Urzeit. Auch in ihr bin ich Herr. Jeder, der sie betritt, ist mein Untertan.«
»Warum hast du die Menschen getötet oder sie in lebende Leichen verwandelt?«
»Das haben sie nicht anders verdient. Die Menschen nennen es Forschungen, doch ich bin dagegen gewesen. Ich lasse mir mein Reich nicht zerstören, das weißt du selbst.«
»Deshalb bin ich nicht hier. Ich will nicht von vorn anfangen, Mandragoro. Du weißt, wie ich zu gewissen Dingen stehe. Wir kennen uns lange genug. Aber ich kann es nicht akzeptieren, dass normale Menschen von deinen Zombies getötet werden. Deshalb musste ich sie auch bekämpfen. Soviel Einsicht wirst du doch gehabt haben. Es wird immer wieder Situationen geben, in denen wir beide aufeinander treffen. Das lässt sich einfach nicht vermeiden.«
»Da müsstest du überleben, John.«
»Das setze ich voraus.«
Ich hörte ihn lachen und lauschte wieder dem Klang der Stimme nach. »Meinst du denn, dass es noch eine Chance für dich geben wird, Geisterjäger?«
»Ja. Sogar eine große.«
»Wie kommst du darauf?«
»Es wäre ein Fehler, wenn du mich tötest. Du weißt, dass die Seiten zwar verschieden sind, auf denen wir stehen, doch im Prinzip verfolgen wir das Gleiche. Die Erhaltung einer Welt. Ich denke da an die meine, und du an die deine. Es hätte für dich keinen Sinn, mich zu vernichten. Ich bin nicht gekommen, um deine Monsterwelt zu zerstören. Du hättest uns auch ertrinken lassen können. Das ist nicht geschehen. Aber ich will die Zombies haben. Sie handeln doch nicht mehr in deinem Sinne. Welchen Grund sollen sie denn haben, die normalen Menschen umzubringen? Willst du das?«
»Ich habe sie losgeschickt.«
»Ja, das weiß ich. Und das Wasser hat sie an den Strand gespült. Ich begreife dich nicht, Mandragoro. Du bist doch jemand, der im Hintergrund bleiben will. Du versteckst dich. Du ziehst trotzdem deine Fäden. Du möchtest nicht, dass zu viele Menschen etwas über dich erfahren, aber wenn du die lebenden Leichen in die Welt schickst, wird das nicht so bleiben. Dann wird man dir irgendwann auf die Spur kommen, so wie ich es geschafft habe. Die Welt hier unten kann bleiben. Sie existiert sowieso in einer anderen Dimension, und es wäre eigentlich noch Platz genug für deine Zombies. Behalte sie hier. Schicke sie nicht mehr hinaus. Das haben die Menschen, die am See leben, nicht verdient.«
Ich hatte eine lange Rede gehalten und hoffte intensiv, dass Mandragoro sie begriffen hatte. Deshalb wartete ich gespannt auf seine Antwort.
Seltsamerweise blieb es in meinem Kopf still. Er dachte nicht daran, sich zu melden. Ich wusste noch immer nicht, wo ich hinschauen musste, um ihn zu sehen. Er konnte ein Teil der monströsen Pflanzen sein, aber er hätte sich ebenso gut zwischen und in ihnen verbergen können.
»Dann zeig dich doch!«, sagte ich.
Vielleicht hatte er nur auf diese Bemerkung gewartet, denn er sagte: »Du siehst mich längst.«
»Wo?«
»Schau nur nach vorn.«
Das tat ich auch. Direkt vor mir stand Jos Malin. Aber nicht Mandragoro. Oder doch?
Ich starrte ihn an. Ich sah in sein Gesicht und entdeckte dort auch die ungewöhnlichen Zuckungen.
Zugleich hörte ich hinter mir die erstickt klingende Stimme Karinas.
»Sieh seine Augen, John!«
Ich kannte sie dunkel, ebenso wie seine Haare, aber das stimmte nicht mehr. Sie waren dabei, sich zu verändern, und es musste von einer Kraft ausgehen, die in ihm steckte. Die schwarze Farbe hellte sich auf und schuf einer anderen Platz.
Grüne Augen starrten mich an.
Passend zu Mandragoro.
Im ersten Moment reagierte ich nicht. Ich musste erst meine Gedanken klar bekommen. Doch als die Augen sich immer weiter veränderten und das dunkle Grün in ein helleres überging, da war mir endgültig klar, wo sich der Umwelt-Dämon die ganze Zeit über verborgen gehalten hatte. Im Körper des Russen, den er jetzt wieder verließ, und das passierte auf eine grausame Art und
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