1154 - Dämonen-Trauer
Gedanken über den Nebel und dessen Herkunft. Er nahm ihn einfach hin.
Fett und dunkel. Eine Masse wie Qualm, der aus einem Krater strömte. Nein, das stimmte auch nicht. Er war dichter, viel dichter, und er veränderte sich auch nicht, als er sich ausbreitete. Seine Breite und das lichtlose Schwarz blieben bestehen, denn aus der Erde oder wo immer auch her erhielt er den entsprechenden Nachschub.
Hinter dem Rücken der Gestalt, wobei ihr der schwarze Nebel noch nicht aufgefallen war. Es war auch kein Geräusch zu hören, denn er schlich sich lautlos heran.
Kein Knistern, kein Schatten. Er war stärker als der Wind, der es nicht schaffte, auch nur eine Lücke zu reißen. Die dunkle Wand besaß die Höhe eines ausgewachsenen Mannes, und sie kam dem Trauernden näher und näher.
Aber auch er näherte sich seinem Ziel. Wenn es so weiterging, würde er mit ihm in dem Moment zusammentreffen, in dem ihn auch die dunkle Masse erreichte. Das Zeug war wie ein schwarzer Höhleneingang, der sich weiter und weiter lautlos nach vorn drückte.
Mit fieberndem Blick schaute Ben Adams in die Höhe. Im Vergleich zu dieser stockdunklen Masse kam ihm die normale Umgebung des Friedhofs direkt hell vor. Er glaubte, das verzerrte Grinsen auf dem Gesicht des anderen zu sehen.
Wieder ein Schritt!
Wieder näher an den Tod heran. Ben versuchte, die Entfernung zu schätzen. Die Gestalt befand sich höchstens noch zwei Schritte von ihm entfernt. Sie hatte die Hände leicht vorgestreckt und nickte Ben zu.
Dann war es nur noch ein Schritt!
Und plötzlich blieb das Friedhofs-Gespenst stehen. Der Nebel war so dicht, dass er von ihm gespürt worden sein musste. Er blieb nicht nur stehen, er drehte sich auch um, sah die Masse, riss die Arme in die Höhe, und einen Augenblick später hörte Ben Adams einen furchtbaren Schrei.
Was er dann erlebte, ging über sein Begriffsvermögen hinaus…
***
Licht - es war da!
Ebenso wie der mörderische Schrei, der mir aus dem offenen Maul entgegenwehte.
Ein furchtbarer Laut, kaum zu beschreiben, von einer irren Angst diktiert. Der Gerechte hatte mich nicht umsonst daran erinnert, wer ich tatsächlich war, und so hatte ich meine Konsequenzen gezogen und genau das Richtige getan.
Diese eine Berührung hatte ausgereicht, um die Gestalt zu schocken. Sie blieb vor mir stehen, und sie war nicht mehr in der Lage, auch nur einen Schritt weit zu gehen.
Das Licht war zugleich die immense Kraft des Kreuzes. Und sie hielt den anderen fest. Auf dem dunklen Gesicht erschien ein helles Netz, das sich aus zahlreichen Fäden zusammensetzte. Es zog sich von der Stirn bis zum Hals und weiter nach unten, so dass sicherlich auch der Körper in Mitleidenschaft gezogen worden war.
Der Schrei brandete mir noch immer entgegen. Er tat sogar meinen Ohren weh, und zwar so sehr, dass ich unwillkürlich zurückwich.
In meinem Kopf brauste es. Ich war nicht mehr in der Lage, klar zu denken. Das Trommelfell wurde regelrecht durch diesen unmenschlichen Schrei erschüttert, aber ich schaute weiter zu und stellte mit Überraschung fest, dass die Gestalt nicht verging. Sie stand auf den Beinen, sie wurde nicht auseinander gerissen. Sie zerfiel nicht. Ich hörte kein Brechen irgendwelcher Knochen. Da rutschte keine Haut ab, um als Asche zu Boden zu sinken. Dieser Fremde blieb einfach nur auf der Stelle stehen und nahm seine Veränderung hin.
Die Lichtblitze, die das Netz bildeten, bewegten sich zitternd, wurden jedoch nicht zerrissen. Das Netz blieb auch weiterhin bestehen, nur veränderte sich diese Gestalt zu einer anderen, deren Existenz ebenfalls nicht normal war.
An die Schreie hatte ich mich nicht gewöhnen können. Doch nun, als ich sie nicht mehr hörte, kam mir die Umgebung plötzlich fremd vor.
Ich stand noch auf der Insel. Ich hörte das leise Klatschen des Wassers am Ufer. Ich war umgeben von der nächtlichen Dunkelheit, und ich schaute auf die Gestalt, die sich nicht mehr bewegte und sich wahrscheinlich auch nicht mehr bewegen konnte. Ich ging von der Annahme aus, dass sie im Stehen gestorben war.
Noch zeigte sich das feine Lichtgewebe auf dem Gesicht, aber die dünnen Strahlen verloren immer mehr an Leuchtkraft, und auch das Kreuz, das ich in meiner rechten Hand hielt, gab keine Wärme mehr ab.
Sein Kampf war vorbei!
Und meiner?
Da konnte ich nur den Kopf schütteln. Ich wusste, dass noch einiges vor mir lag. Der Fall würde erst noch beginnen. Ich hoffte nur, dass ich an seinem Ende alle Probleme gelöst hatte,
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